Freie Liste: Eine rote Linie überschritten

Das im vergangenen Landtag diskutierte Mobilitätskonzept 2030 soll Weichen stellen für die Liechtensteiner Verkehrspolitik der kommenden Jahrzehnte. Wer die Landtagdebatte live verfolgte, wähnte sich zeitweise in einem falschen Film. So wurden von den Abgeordneten der Neuen Fraktion (NF) Strassenbau-Ideen eingebracht, welche dem vorgelegten Mobilitätskonzept diametral entgegenstanden. Es wurden Umfahrungsstrassen en masse propagiert und abstruse Tunnellösungen. So verwunderte es auch nicht, dass sich die Abgeordneten der NF als einzige grundsätzlich gegen die Umsetzung des vorliegenden Mobilitätskonzeptes 2030 aussprachen.

Grundlage der von der Regierung vorgelegten Vorschläge im Mobilitätskonzept bildet eine Studie. Durchgeführt hatte sie das Liechtenstein-Institut im Auftrag des Ministeriums für Infrastruktur, Wirtschaft und Sport im Jahr 2019. Dabei zeigte es sich, dass die Verkehrssituation als Problem wahrgenommen wird und grosser Handlungsbedarf besteht. Als zentrales Element jeder Verkehrsentwicklung wurde von den über 6000 Befragten vor allem der Ausbau des öffentlichen Verkehrs (ÖV) in einer Kombination von Bus und Bahn beurteilt. Entsprechend zielten denn auch die Anträge der Regierung zuhanden des Landtags auf die Priorisierung des ÖV und des Langsamverkehrs.

Auch von Abgeordneten anderer Couleurs wurde während der Landtagsdebatte im Vaduzer-Saal heftig Stimmung gemacht. Immer wieder war zu hören, dass ein Ausbau des ÖV nur beim gleichzeitigen Ausbau der Strasse zu Gunsten des Motorisierten Individualverkehrs (MIV) in Frage komme, ganz nach dem Moto ‚Ich gebe dir einen Meter Schiene, du gibst mir dafür einen Meter Strasse’. Dass sich die Abgeordneten der Freien Liste an diesem Kuhhandel nicht beteiligten und betonten, dass die Verkehrsproblematik nur mit klarer Bevorzugung des ÖV gelöst werden könne, wurde so noch akzeptiert. Dass sich aber die LGU und vor allem der VCL sich in ihren Stellungnahmen ebenso klar geäussert hatten, führte schon im Vorfeld zu harscher Kritik. So missbrauchte die Wirtschaftskammer ihre Stellungnahme zum Mobilitätskonzept 2030 vor allem dazu, sich über die klare Haltung des VCL und der LGU zu enervieren, anstatt sachlich auf die vorliegenden Anträge der Regierung einzugehen. Die DU-Abgeordneten nahmen diese Stimmung gerne auf und bezeichneten die beiden Organisationen denn auch als Verzögerer und Verhinderer von sinnvollen Projekten. Diesem Treiben müsse ein Ende gesetzt werden. Zum grossen Erstaunen fanden diese hanebüchenen und populistischen Argumente bei den meisten Abgeordneten Gehör und gipfelten in einem Antrag des FBP Abgeordneten Alexander Batliner, das gesetzliche Verbandbeschwerderecht bezüglich Beschwerdebefugnis in Art. 47 Naturschutzgesetz sowie Beschwerdelegitimation in Art. 32 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung einzuschränken. Dieser Antrag erhielt 20 Stimmen. Einzig die drei FL Abgeordneten und Eugen Nägele sowie Wendelin Lampert von der FBP stimmten dagegen. Mit diesem Entscheid hat der Landtag eine rote Linie überschritten. Es sollen zwei zivile Organisationen mundtot gemacht werden, die sich in unserem Land seit Jahrzehnten unermüdlich für den Schutz der Natur und eine gesunde Umwelt engagieren.