Fachkundige Betreuung und angenehme Atmosphäre im Alter

Ohne die Liechtensteinische Alters- und Krankenhilfe (LAK) wäre die Versorgung von pflege- und betreuungsbedürftigen Menschen in Liechtenstein kaum vorstellbar. In fünf Häusern leisteten 420 Mitarbeitende im vergangenen Jahr 86’000 Pflegetage. Die Tendenz und die Nachfrage nach Betreuungsplätzen sind steigend, genauso wie der Bedarf an optimal ausgebildetem Personal. 

«Im Mittelpunkt steht der Mensch, der sich in jeder Lebenssituation im Alter oder bei Krankheit geborgen und gut umsorgt fühlen kann», schreibt die LAK auf ihrer Webseite und nach diesem Credo betreut sie betagte Personen mit unterschiedlichen Pflegebedürfnissen von gängigen Altersbeschwerden bis hin zu an Demenz erkrankten Senioren und solchen mit krankheitsbedingten körperlichen Mehrfach-Beeinträchtigungen. Die Verantwortlichen sind darauf vorbereitet, dass demografischer Wandel und steigende Lebenserwartung den Pflegebedarf noch weiter steigern werden.

Auslastung nahe bei 100 Prozent
«Die Auslastung unserer fünf Häuser und der Pflegewohngruppe St. Theodul in Triesenberg lag im Jahr 2019 bei 96,7 Prozent und ist damit gegenüber dem Vorjahr um vier Prozent angestiegen. Im stationären Bereich verzeichneten wir knapp 86’000 Pflegetage. Dies entspricht einem Anstieg um über 6’300 Pflegetage bzw. um acht Prozent», sagt Thomas Riegger, der Vorsitzende der LAK-Geschäftsleitung. «Und aus der von der Regierung im vergangenen Jahr in Auftrag gegebenen Aktualisierung der Bedarfsplanung aus dem Jahr 2015, kommt klar zum Ausdruck, dass die Nachfrage nach Pflegeplätzen zunimmt. Die Spitze wird wohl erst im Jahr 2050 erreicht sein. Aktuell sind wir daher bereits mit Abklärungen und der Planung eines weiteren LAK-Hauses beschäftigt. Als Standortgemeinde ist Ruggell vorgesehen. Als Planungsgrundlage sehen wir, analog zum Haus St. Peter und Paul in Mauren, ein Haus mit 60 Pflegeplätzen vor.»

Die Aufnahme orientiert sich dabei an der Notwendigkeit eines Pflegeplatzes, wobei es keine Garantie gibt, einen Platz in der Heimatgemeinde zu bekommen. «Aufgrund unserer hohen Belegung ist es manchmal notwendig, in ein anderes LAK-Haus einzutreten. Dabei wird nicht selten der Wunsch geäussert, bei Freiwerden eines Platzes das Haus zu wechseln. Dies unterstützen wir selbstverständlich. Oft erleben wir aber auch, dass ein Wechsel nicht mehr gewünscht wird, wenn sich jemand eingewöhnt hat und mit den Mitarbeitenden vertraut ist», sagt Thomas Riegger.

Breites Programm an Therapie und Unterhaltung
Diese Vertrautheit mit den Mitarbeitern ist es auch, die einen wesentlichen Teil des Geborgenseins in den LAK-Häusern ausmacht. Weitere Aspekte kommen hinzu: «Alle LAK-Häuser haben ausschliesslich Einzelzimmer mit eigener Nasszelle. Auf Wunsch und bei Verfügbarkeit stellen wir auch Ehepaarzimmer zur Verfügung. Mit Ausnahmen des Pflegebettes und des Nachttischchens können unsere Bewohner ihre eigenen Möbel mitnehmen. Unsere Wohn- und Pflegeleistungen werden durch Aktivierung, komplementäre Therapieangebote wie Musiktherapie, Kunsttherapie etc., Musikveranstaltungen, Ausflüge und Besuche von Freiwilligen und Ehrenamtlichen ergänzt. Natürlich orientieren wir uns auch an den Besonderheiten des Jahresverlaufes und nehmen Bezug auf kirchliche wie staatliche Feiertage. In allen Häusern steht ausserdem an 365 Tagen im Jahr eine öffentliche Cafeteria zur Verfügung, in welcher Bewohnende, Angehörige und Besucher willkommen sind», sagt Thomas Riegger. 

Thomas Riegger,
Vorsitzender der LAK-Geschäftsleitung

Dem FachkrКftemangel begegnen
Ein weiteres wichtiges Argument für den Eintritt in ein LAK-Haus ist neben der Lebensqualität die gute Betreuung durch die Mitarbeitenden. «Viele Bewohnende haben durch Mehrfacherkrankungen einen komplexen Pflegebedarf und ihre Versorgung erfordert eine dementsprechende Fachkompetenz, die sich alle unsere Mitarbeitenden während ihrer Ausbildung angeeignet haben. Das gezielte Fort- und Weiterbildungsprogramm der LAK wirkt zusätzlich unterstützend, um den aktuellen Herausforderungen und Themenstellungen professionell zu begegnen. In der Pflege verfügen wir über ein umfassendes Kompetenzprofil, das von den pflegerischen Assistenzberufen über Fachangestellte Gesundheit und Diplomierte Pflegefachpersonen bis hin zu Mitarbeitenden mit Masterabschlüssen reicht», sagt Thomas Riegger. Die medizinische Betreuung übernehmen in aller Regel weiterhin die jeweiligen Hausärzte. Zudem verfügt die LAK über engagierte Heimärzte, welche Zusatzaufgaben übernehmen und das ärztliche Angebot ergänzen.

Der gerade im Ausland vielbeschworene Fachkräftemangel ist aber auch für die LAK von hoher Relevanz. «Es gibt Zeiten, in denen wir grosse Mühe haben, Vakanzen zeit- und fachgerecht zu besetzen. Die steigende Nachfrage nach Pflege und Betreuung wird diesen Umstand noch verschärfen», sagt Thomas Riegger. Gegensteuer gibt die LAK dieser Entwicklung nicht zuletzt durch ihre eigene Ausbildungstätigkeit. «Wir sind der grösste Ausbildungsbetrieb für Gesundheitsberufe in Liechtenstein und bilden aktuell über 50 Lernende und Studierende aus. Für qualifizierten Nachwuchs zu sorgen, ist die allererste und wichtigste Massnahme, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Daneben ist es wichtig, als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben, um einerseits neue Kolleginnen und Kollegen gewinnen zu können und andererseits Fluktuationen so tief wie möglich zu halten. Ein gutes Arbeitsklima, die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit sowie eine interessante und verantwortungsvolle Arbeit sind zudem Motivationsfaktoren.»

Mehrere LeistungstrКger spannen zusammen
Dass all dies Geld kostet, ist nachvollziehbar. Damit ein Aufenthalt in einem LAK-Haus dennoch für jeden finanzierbar ist, erbringen mehrere Leistungsträger ihren Beitrag: Krankenkassen, öffentliche Hand und die Bewohner selbst. «Dabei übernehmen die Krankenversicherer sowie Land und Gemeinden die Kosten für die Pflege. Den Bewohnenden wird die Pensionstaxe in Rechnung gestellt. Diese beträgt aktuell 111 Franken pro Tag. Schliesslich übernehmen wiederum Land und Gemeinden die nicht gedeckten Kosten in Form eines Defizitbeitrages und leisten einen Anteil an die Pensionskosten», sagt der LAK-Geschäftsführer.

TemporКre Betreuung entlastet Angehörige
Im Vergleich mit dem europäischen Ausland finden Heimeintritte in Liechtenstein verhältnismässig spät und kurzfristig statt. Denn die ambulanten Pflegeleistungen sind gut und das im Jahr 2010 eingeführte Betreuungs- und Pflegegeld hat es möglich gemacht, länger in den eigenen vier Wänden zu bleiben und zu Hause betreut und gepflegt zu werden. «Dies ist grundsätzlich sehr positiv. Ohne die Ausrichtung eines Betreuungs- und Pflegegeldes wäre das aktuelle Angebot an stationären Pflegeplätzen nicht ausreichend», sagt Thomas Riegger. Ein Eintritt in ein LAK-Haus bedeutet aber auch nicht zwangsläufig, dass der Rückweg nach Hause versperrt ist. «Neben der Langzeitpflege verfügen wir über ein breites Angebot der sogenannten Kurzzeitpflege. Wir zählen sowohl die ambulante Tagesbetreuung als die Übergangspflege und die Ferienpflege dazu. Mit diesem Angebot leisten wir sehr erfolgreich einen Beitrag zur Entlastung von pflegenden Angehörigen. In der Übergangspflege betreuen wir jene Personen, welche nach einem Klinik- oder Reha-Aufenthalt noch weitere rehabilitative Unterstützung benötigen, um den Alltag zu Hause wieder bewältigen zu können», sagt Thomas Riegger und verweist darauf, dass interessierte Senioren sowie deren Angehörige sich jederzeit für ein unverbindliches Beratungsgespräch bei der LAK melden können. 

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«Die Kräfte in der Seniorenarbeit bündeln»

Engagement für die Gesellschaft ist ein zentrales Anliegen in Renate Wohlwends Leben. 20 Jahre setzte sie sich im Landtag für Liechtenstein ein. Seit vier Jahren ist sie nun Präsidentin des Seniorenbunds und ihr Einsatz gilt den älteren Mitbürgern. Im Interview gibt sie einen Einblick in ihre Tätigkeit. 

Eine simple oder vielleicht doch nicht ganz so simple Frage zum Einstieg: Wie definieren Sie den Begriff «Senior/Seniorin»?
Renate Wohlwend: Ich persönlich definiere das Seniorenalter ab 60 Lebensjahren im Verhältnis zum jungen Teil der Gesellschaft. Seit ich Präsidentin des Seniorenbunds bin, habe ich es mir angeeignet, diese Gesellschaft grob gesehen in Schritten von 30 Jahren zu betrachten. In den ersten 30 Jahren dominieren Jugend und Schulzeit, das Finden der eigenen Rolle. In den zweiten drei Jahrzehnten bauen sich die Menschen etwas auf, beruflich und familiär. Ab dem 60. Lebensjahr haben sie Zeit, zurückzublicken, das Erreichte zu geniessen und es sind ihnen – hoffentlich – nochmals 30 Jahre gegönnt. Diese Definition von «Senior» gefällt aber nicht allen. Denn wenn wir vom Seniorenbund die Einwohnerinnen und Einwohner in dem Jahr, in dem sie ihren 64. Geburtstag feiern, für die Mitgliedschaft anwerben, hören wir oft die Rückmeldung «Ich fühle mich noch nicht alt» (lacht). 

Wie viele Senioren gibt es in Liechtenstein?
Statistisch erfasst sind die Altersstrukturen in anderen Schritten als in meinem 30-Jahre-Modell. Personen über 65 Jahre haben wir rund 7000. Knapp 1900 davon sind im Seniorenbund organisiert.

Damit ist der Seniorenbund einer der grössten Vereine Liechtensteins. Was macht ihn so attraktiv?
Dafür gibt es viele Gründe. Einerseits haben wir natürlich den Leistungsauftrag der Regierung zum Führen der Informations- und Beratungsstelle. An diese kann sich aber jeder Einwohner bei Fragen rund ums Alter wenden und nicht nur unsere Mitglieder. Dieses Angebot wird auch rege genutzt. Daneben organisieren wir Programme wie «Fitness 50+», bei dem Senioren und angehende Senioren gemeinsam walken, Rad fahren oder minigolfen – alles unter fachkundiger Anleitung. Auch Aquafit und Tanzen sowie Gehirntraining durch Bewegung werden angeboten und sind sehr beliebt. Denn etwas Neues zu lernen, hält das alternde Hirn fit. Ausserdem organisieren wir zwei Reisen pro Jahr und einige Tagesausflüge. Dabei gibt es einerseits viel zu sehen und zu erleben. Die Frühjahrsreise geht beispielsweise immer ans Meer. Die Ausflüge führen in die weitere Umgebung, zum Beispiel an den Innsbrucker Weihnachtsmarkt oder zu Ausstellungen in der Schweiz. Mit all unseren Angeboten wollen wir – und das ist der zweite wichtige Aspekt – auch alleinstehende und eher einsame Senioren motivieren, die eigenen vier Wände zu verlassen und sich mit anderen zu treffen. Wir tauschen uns auch stets mit den weiteren, in der Seniorenarbeit aktiven Organisationen sowie den Seniorenkommissionen der Gemeinden aus. Es scheint mir wichtig, dass nicht jeder nur in seinem eigenen Bergwerk gräbt, sondern dass wir Synergien nutzen und die Kräfte bündeln.

An wen kann sich ein an einer Mitgliedschaft interessierter Senior wenden?
An jedes unserer Vorstandsmitglieder oder ans Sekretariat des Seniorenbunds. Alle Kontaktdaten finden sich auf unserer Webseite seniorenbund.li.

Renate Wohlwend,
Präsidentin Seniorenbund Liechtenstein

Was sind die grössten Herausforderungen in der Seniorenarbeit?
Das ist vor allem die bereits erwähnte Einsamkeit, die oft mit finanziellen Schwierigkeiten zusammenhängt, welche es einem Senior nicht möglich machen, so intensiv am sozialen Leben teilzunehmen, wie er es gerne hätte. Aber auch Krankheit, Verwitwung oder der Wegzug der Kinder können in die Einsamkeit führen. Diesbezüglich sind wir vor allem auf die Zusammenarbeit mit den Seniorenkommissionen angewiesen. Deren Mitglieder kennen sich in den Gemeinden aus und sie kennen die Senioren. Wenn sich jemand an Jakob Gstöhl, den Geschäftsführer der Informations- und Beratungsstelle, wendet, kommt er aber auch gerne bei Senioren zu Hause vorbei, führt Gespräche und verweist an hilfreiche Stellen.

Wie stehen Sie den – ich denke, man kann es so formulieren – Ängsten vor der Überalterung der Gesellschaft gegenüber?
Ich persönlich teile diese Ängste nicht. Zahlreiche Senioren sind noch äusserst fit. Nicht nur die 65-Jährigen. Ich kenne auch viele Mitbürger im Alter von 90 oder mehr Jahren, die noch überaus rüstig sind. Sie alle können sehr viel zum Funktionieren der Gesellschaft beitragen. Die jüngeren Senioren pflegen teils ihre Eltern und viele Pensionisten betreuen ihre Enkelkinder. Aber auch sonst können ältere Mitmenschen einiges bewegen. Das machen die meisten Liechtensteiner Senioren zum Glück auch, sofern sie körperlich dazu in der Lage sind. Und auch für die Sicherung der Renten ist der demografische Wandel kein so grosses Problem, wie es oft dargestellt wird. Berechnungen von Schweizer Fachleuten haben beispielsweise ergeben, dass die durchschnittliche Rentenbezugsdauer zwischen 2010 und 2017 nur um wenige Monate gestiegen ist – und das, obwohl die sogenannten Babyboomer dabei sind, ins Pensionsalter zu kommen oder es bereits sind.

Ein sehr aktuelles Thema, auch in der vorliegenden Ausgabe der Lie:Zeit, ist die Sicherstellung der Finanzierung der AHV. Diskutiert werden eine Erhöhung des Rentenalters, eine Anhebung der Beitragssätze oder eine Erhöhung des Staatsbeitrags. Welchen Vorschlag unterstützen Sie?
Ich bin gegen eine Erhöhung des Rentenalters. Dabei kann man natürlich einwenden, dass es uns Senioren egal sein kann, weil wir das entsprechende Alter ohnehin erreicht haben. Ich bin aber grundsätzlich der Ansicht, dass jeder, der bis 64 gearbeitet hat, seinen Ruhestand verdient. Damit meine ich nicht, die Hände in den Schoss zu legen, aber ein freieres Leben zu führen als es die Berufstätigkeit erlaubt. Den Staatsbeitrag anzuheben, sehe ich als das letzte Mittel an. Ich denke daher, dass eine moderate Erhöhung der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge das probateste Mittel wäre, um die AHV mittelfristig zu sichern. Vielleicht müssen Landtag, Regierung und AHV dann in zehn Jahren wieder über die Bücher gehen. Aber bis dahin ergeben sich unter Umständen neue Lösungsansätze.

Welche anderen Themen beschäftigen den Seniorenbund.
Die Themen Gesundheitswesen oder Betreuungs- und Pflegebedürftigkeit haben in den vergangenen Jahren an Komplexität deutlich zugenommen. Zum Wohle unserer Mitglieder und um sie optimal beraten zu können, setzen wir auf eine gute Vernetzung mit den zuständigen Ämtern und anderen im Sozialbereich tätigen Vereinen bzw. Institutionen.

Welchen Appell haben Sie an Liechtensteins Seniorinnen und Senioren.
Ich lege allen Senioren, vor allem denjenigen, die körperlich und geistig noch fit sind, ans Herz, sich in der Nachbarschaftshilfe zu engagieren. Damit meine ich nicht nur die Nachbarn ein bis zwei Häuser weiter. Ich wünsche mir, dass jeder im Umgang mit seinen Bekannten aufmerksam ist und ein Auge darauf hat, ob sich jemand verändert, zurückzieht und beispielsweise nur noch das Haus verlässt, um am Sonntagvormittag in die Kirche zu gehen. Dabei können eine Einladung oder ein paar freundliche Worte bereits Wunder wirken. Jeder, dem es gutgeht, sollte dankbar dafür sein und anderen etwas zugutetun. Aber auch ein Hinweis auf die verschiedenen Beratungsangebote kann sehr hilfreich sein.

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Demenz: «Wir gehen von 550 Betroffenen aus»

Vergesslich kann jeder bereits im jungen Alter sein. Das fortgeschrittene Alter ist jedoch der wesentlichste Risikofaktor für die gefürchtete Demenz und die Zahl der Betroffenen nimmt zu. Matthias Brüstle, der Geschäftsführer des Vereins Demenz Liechtenstein, gibt einen Einblick in die Thematik.

Wie äussert sich Demenz in ihrem Anfangsstadium und was sind die ersten Anzeichen?
Matthias Brüstle: Vergesslichkeit ist eines der Warnzeichen für die Alzheimer-Erkrankung oder eine andere Form von Demenz. Es braucht mehrere solcher Anzeichen. Menschen mit einer beginnenden Demenz haben zum Beispiel auch Probleme mit der Sprache, mit der Orientierung, mit alltäglichen Abläufen oder damit, Dinge zu planen. 

Wie können Angehörige reagieren, wenn sich solche Anzeichen einstellen? An wen können sie sich wenden?
Ein idealer Zugang wäre natürlich, wenn sich Angehörige zunächst untereinander verständigen, ob sie in verschiedenen Situationen ähnliche Erfahrungen mit den «Frühwarnzeichen» des betroffenen Menschen machen. Und wenn sie dann in einem wertschätzenden Gespräch gegenüber der Person, um die es geht, ihre Sorge zum Ausdruck bringen. Manchmal erlebt dieser Mensch ja selbst, dass etwas nicht mehr stimmt. Oft ist dies aber auch nicht der Fall. Das hängt damit zusammen, dass gelegentlich die Krankheitseinsicht fehlt. Ziel muss es jedenfalls sein, eine hausärztliche Untersuchung zu erreichen. Bestenfalls zu einer Randzeit, wenn sich Arzt oder Ärztin dem Patienten umfangreicher widmen können. Sollten andere Erkrankungen ausgeschlossen oder vielleicht sogar behandelt werden können und mehrere Anzeichen nach wie vor bestehen, wird eine Überweisung an eine Memory Clinic angezeigt sein.

Matthias Brüstle,
Geschäftsführer Demenz Liechtenstein

Kann der Krankheitsverlauf aufgehalten oder verlangsamt werden?
Bei manchen Formen der Demenz gibt es medikamentöse Möglichkeiten, den Verlauf zu mildern und die kognitive Leistungsfähigkeit zu stärken. Gleichzeitig sind nicht-medikamentöse Zugänge das Um und Auf. Es gilt, soziale Kontakte zu verdichten, Bewegung für den Körper und das Gehirn anzubieten, die Ernährung unter die Lupe zu nehmen und notwendige Unterstützung für den Alltag zu etablieren.

Wie sehen die fortgeschrittenen Stadien der Demenz aus?
Je weiter die Demenz fortschreitet, umso mehr Unterstützung ist vor allem bei den Aktivitäten des täglichen Lebens notwendig. Der Verlauf ist individuell sehr verschieden. 

Welche medizinischen und pflegerischen Hilfsangebote gibt es für Patienten in fortgeschrittenen Stadien und deren Angehörige?
Neben den bereits erwähnten Hausärzten als Drehscheibe des Medizinischen sind die Familienhilfe Liechtenstein, die LAK und die Lebenshilfe Balzers inklusive deren Tagesangeboten die empfohlenen Adressen. Daneben gibt es weitere hilfreiche Angebote wie zum Beispiel den Liechtensteiner Behinderten-Verband und die Hospizbewegung Liechtenstein.

Wie verbreitet ist Demenz in Liechtenstein?
Wie gehen von rund 550 Menschen aus, die an einer Form von Demenz erkrankt sind. Dazu gehören aber noch jeweils deren Familienmitglieder, die die meiste Last tragen.

Welche Rolle spielt der demografische Wandel? Hat die Zahl der Fälle zugenommen?
Bis etwa zum Jahr 2050 hat die Abbildung der gesellschaftlichen Struktur eine «kopflastige» Form: Sehr viele alte bzw. hochaltrige Menschen stehen verhältnismässig wenigen Menschen im erwerbsfähigen Alter gegenüber. Entsprechend – weil das hohe Alter der grösste Risikofaktor für Demenz ist – gehen wir von einer Verdreifachung der aktuellen Zahlen aus.

Was ist die Aufgabe des Vereins Demenz Liechtenstein? Was bietet er an?
Unsere Arbeit widmet sich der persönlichen beraterischen Unterstützung, vor allem von Angehörigen, der Vernetzung der professionellen «Player» in der Thematik, der öffentlichen Sensibilisierung und der Schulung von Fachpersonen wie auch von Laien.

Was wünschen Sie sich von der Politik?
Demenz findet sich weiterhin als gerne verdrängte gesellschaftliche Randerscheinung auf der politischen Agenda. Es wird kein Weg daran vorbeiführen, sich dem Thema zu stellen und nicht nur als Aufgabe für die sogenannten Spezialisten zu delegieren. Demenz bedarf einer aktiven gesellschaftspolitischen Zugangsweise, weil sie ein gesellschaftliches und nicht nur medizinisches Thema ist.

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