Amt für Umwelt weist auf mögliche Kormoran-Vergrämung hin

Während der Laichzeit der gefährdeten Fischart Äsche können in
Liechtenstein unter bestimmten Voraussetzungen Vergrämungsmassnahmen von
Kormoranen stattfinden. Das Amt für Umwelt informiert über die Hintergründe
und geplanten Massnahmen.
Der Kormoran, lat. Phalacrocorax carbo, ist eine Vogelart, die sich fast
ausschliesslich von Fisch ernährt und deshalb stark an das Vorkommen von
Gewässern gebunden ist. Kormorane besiedeln dabei nicht nur Binnengwässer,
sondern können in verschiedenen Teilen der Welt auch an den Ozeanen
beobachtet werden. Kormorane sind sogenannte Opportunisten und jagen in der
Regel diejenigen Fische, die häufig vorkommen und/oder leicht zu erbeuten
sind. Da die Fischnahrung örtlich und zeitlich in der Menge schwanken kann,
gibt es bei den Kormoranen je nach Ursprungspopulation Standvögel,
Teilzieher oder Zugvögel.
Die Bestände des Kormorans in Mitteleuropa haben sich, nachdem die Tiere
lange Zeit als Fischerei- und Forstschädlinge verfolgt wurden, aufgrund der
Schutzbemühungen wieder erholt. In der der Schweiz beispielsweise brütete
der Kormoran vor 20 Jahren das erste Mal wieder. Heute zählt man bereits
wieder um die 2100 Brutpaare. Rechnet man die Wintergäste während der
Zugzeit dazu, sind es bis 6000 Individuen. In vielen Ländern gibt es
aufgrund grosser Populationen mittlerweile ein aktives Kormoranmanagement,
das nötig geworden ist, um die Konfliktfelder, hauptsächlich im Artenschutz
von gefährdeten Fischarten, aber auch mit der Berufsfischerei, zu
minimieren. Auch in Liechtenstein wurden in der Vergangenheit bereits
Vergrämungsaktionen getätigt.
Die Äsche, lat. Thymallus thymallus, gehört zu den sogenannten Lachsfischen,
auch Salmonidae genannt. Von anderen einheimischen Fischen unterscheidet
sich die Äsche aufgrund der grossen Rückenflosse, die insbesondere für
männliche Tiere charakteristisch ist. Diese Rückenflosse wird gerne auch als
„Fahne“ oder „Äschenfahne“ bezeichnet. Die Bestände der Äsche nahmen in den
letzten Jahrzehnten durch Schutzbemühungen und Verbesserung der Gewässer in
Mitteleuropa zu. Der Bestand in Liechtenstein wird auch aufgrund der
Naturverlaichung als überregional bedeutsam angesehen. Da allerdings viele
Gewässer weiterhin in einem ökologisch schlechten Zustand sind, gilt die
Äsche in Liechtenstein weiterhin als gefährdet.
Äschen gelten im Übrigen als „wenig scheue“ Fische und zeigen ein viel
schwächer ausgeprägtes Fluchtverhalten als beispielsweise Forellen. Jetzt,
wo die Laichzeit ansteht, versammeln sich die Äschen in Schwärmen. Gerade in
unbeschatteten Gewässerabschnitten ohne Versteckmöglichkeiten sind solche
Äschenschwärme deshalb besonders ausgesetzt.
Derzeit halten sich insbesondere im Unterland Kormorane, sowohl Teilzieher
als auch Zugvögel, auf. Aufgrund des Äschenbestandes von überregionaler
Bedeutung bestehen Bedenken, dass im ungünstigsten Fall – also bei einer
Spezialisierung der Kormorane auf die gefährdeten Äschen – deren
Laichgeschäft komplett zerstört werden könnte. Vor diesem Hintergrund hat
das Amt für Umwelt gemeinsam mit dem Fischereiverein, der
Liechtensteinischen Gesellschaft für Umweltschutz, dem Ornithologischen
Verband sowie der Botanisch-Zoologische Gesellschaft beschlossen, aus
Artenschutzgründen und im Anlassfall einzelne Vergrämungsmassnahmen
vorzunehmen.
Die geplanten Vergrämungsaktionen werden dann ausgeführt, wenn sich
Kormorane in Gruppen sammeln und auf die sich nun sammelnden Äschenschwärme
spezialisieren.
Die Vergrämungsaktionen beschränken sich örtlich auf den Binnenkanal
zwischen der Abwasserreinigungsanlage Bendern und der Industrie- und
Gewerbezone in Ruggell. Bei den Vergrämungsaktionen sollen die Kormorane mit
lauten Knallgeräuschen beunruhigt werden, sodass sie das Äschenlaichgewässer
während der definierten Zeit (01. Februar bis 30. April) meiden und das
Laichgeschäft erledigt werden kann. Das Amt für Umwelt möchte deshalb
Freizeitnutzer, die sich während dieser Zeit am beschriebenen Abschnitt
aufhalten, auf mögliche Knallgeräusche hinweisen.
Die Vergrämungsaktionen sind kurz- bis mittelfristige Massnahmen, um den
gefährdeten Äschenbestand in Liechtenstein zu schützen. Langfristig sind
gefährdete Fischarten wie die Äsche darauf angewiesen, dass Gewässer in
einen guten ökologischen Zustand gebracht werden und auf solche Aktionen
verzichtet werden kann.