Wird Höchstarbeitszeit bei Jugendlichen nicht eingehalten?

Regierungsrätin Dominique Hasler hatte in der Landtagssitzung vom 2.bis 4. Dezember 2020 u.a. auch eine Kleine Anfrage des FBP-Abg. Daniel Oehry zu beantworten.

Eine Kleine Anfrage des Abg. Alexander Batliner an Regierungsrätin Dominique Hasler

 

In der Landtagssitzung vom 4./5. Dezember 2019 stellte der Abg. Alexander Batliner an Regierungsrätin Dominique Hasler eine Kleine Anfrage, die sich mit dem Arbeitsrecht für Jugendliche (ArGV V) befasste.

 

Frage:

Die Verordnung V zum Arbeitsgesetz über die Sonderbestimmungen über den Schutz der jugendlichen Arbeitnehmer schreibt in Art. 13 Abs. 4 vor, dass schulentlassene Jugendliche nicht länger als die berufsübliche Arbeitszeit und höchstens 40 Stunden pro Woche beschäftigt werden dürfen. Als Jugendliche gelten Personen, die das 15. Altersjahr vollendet haben, das 18. Altersjahr jedoch noch nicht erreicht haben. Es betrifft also die Lehrlinge und somit die Lehrverträge. Lehrverträge sind vom Amt für Berufsbildung und Berufsberatung zu genehmigen. Es scheint nun so zu sein, dass diese Höchstarbeitszeit von 40 Stunden nicht durchgehend eingehalten wird und das Amt für Berufsbildung und Berufsberatung auch Lehrverträge genehmigt, in welchen eine Arbeitszeit von bis zu 44 Stunden pro Woche vorgeschrieben ist.

  1. Welche gesetzlichen Grundlagen erlauben es, eine längere Wochenarbeitszeit als in der Verordnung V zum Arbeitsgesetz vorgeschrieben, zu bewilligen?
  2. Welche konkreten Gründe müssen vorliegen, dass eine höhere Wochenarbeitszeit als jene in Art. 13 Abs. 4 der Verordnung V zum Arbeitsgesetz vorgeschrieben ist genehmigt wird?
  3. Wie hoch ist der prozentuale Anteil jener Lehrverträge, welche eine höhere Wochenarbeitszeit von 40 Stunden vorsehen?
  4. Wie verteilen sich jene Lehrverträge, die eine höhere Arbeitszeit als 40 Stunden vorsehen, auf die einzelnen Branchen und Berufszweige?
  5. Wie wird kontrolliert, dass die Wochenarbeitszeit der Lehrlinge der Vorschrift von Art. 14 Abs. 4 der Verordnung V zum Arbeitsgesetz entspricht, mit welcher es untersagt ist, dass die Höchstarbeitszeit in keinem Fall die festgelegte Arbeitszeit der anderen im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer überschreiten darf?

Antwort:

Zu Frage 1:

Der Ausgleich ausfallender Arbeitszeit nach Art. 11 des Arbeitsgesetzes ist unmittelbar vor oder nach dem Arbeitsausfall innerhalb von höchstens 14 Wochen vorzunehmen, sofern Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht eine längere Frist vereinbaren, die aber zwölf Monate nicht überschreiten darf. Diese Bestimmung lässt eine längere Wochenarbeitszeit zu, insofern diese Vorholzeit für Brückentage, nicht gesetzliche freie Tage etc. berücksichtigt und diese „Gleitzeit“ wieder innert Frist kompensiert werden kann.

Zu Frage 2:

Neben der in der Antwort zur Frage 1 dargestellten Vorholzeitregelung kann gemäss Art. 9 Abs. 2 des Arbeitsgesetzes in Ausnahmefällen oder in Fällen, in denen dies durch objektive Gründe gerechtfertigt ist, durch Verordnung von der in Abs. 1 Bst. c des Arbeitsgesetzes festgelegten wöchentlichen Höchstarbeitszeit abgewichen werden.

Sie darf die in Art. 9 Abs. 1 Bst. a des Arbeitsgesetzes definierten 45 Stunden für Arbeitnehmer in industriellen Betrieben sowie für Büropersonal, technische und andere Angestellte, mit Einschluss des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels sowie die in Art. 9 Abs. 1 Bst. b definierten 48 Stunden für alle übrigen Arbeitnehmer festgelegte Höchstarbeitszeit nicht überschreiten.

Zu Frage 3:

Derzeit absolvieren 1‘123 Lernende eine Berufslehre mit Lehrvertrag.

Davon sind 288 Lernende (26%) älter als 18 Jahre.

Weitere 299 jugendliche Lernende (27%) haben eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 40 Stunden vertraglich vereinbart.

Bei 536 jugendlichen Lernenden (47%) liegt die wöchentliche Höchstarbeitszeit über 40 Stunden.

Zu Frage 4:

Die 536 Lehrverträge verteilen sich nach Wirtschaftssektoren wie folgt:

 

Wirtschaftssektor Anzahl LV %
Gewerbe 272 51
Gesundheit 73 14
Industrie 61 11
Bank 56 10
Öffentlich-rechtliche Unternehmen 25 5
Treuhand 17 3
Gemeinden 13 2
Gastronomie 8 1
Versicherung 5 1
Haus- und Landwirtschaft 4 1
Kindertagesstätte 2 0
Gesamtergebnis 536 100

 

Zu Frage 5:

Bei den Kontrollen ist zwischen Systemkontrollen und Arbeitszeitkontrollen zu unterscheiden.

In regelmässigen Abständen werden in den liechtensteinischen Betrieben sogenannte Systemkontrollen durchgeführt. Hier wird kontrolliert, wie der Arbeitgeber die gesetzlich vorgeschriebenen Pflichten bezüglich des Arbeitnehmerschutzes in seinem Betrieb organisiert und umgesetzt hat. Ein Teil dieser Systemkontrolle ist das stichprobenartige Überprüfen der Arbeits-, Pausen- und Ruhezeiten. Beim Betriebsbesuch werden einige Stichproben erhoben. Diese Proben werden anschliessend auf Gesetzeskonformität überprüft. Bei Bedarf werden notwendige Massnahmen mit dem Arbeitgeber vereinbart und umgesetzt.

Im Rahmen einer Arbeitszeitkontrolle werden bei Verdacht auf Missbrauch oder bei konkreten Anzeigen die Arbeitszeiten der einzelnen Mitarbeiter überprüft. Auch hier werden die geleisteten Arbeitsstunden aber auch die Pausen- und Ruhezeiten auf Gesetzeskonformität überprüft und gegebenenfalls notwendige Massnahmen mit dem Arbeitgeber vereinbart und umgesetzt.

 

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