Gratifikation oder Dreizehnter?

Frage:
In meinem neuen Arbeitsvertrag steht, dass eine Gratifikation in Höhe eines Monatslohnes ausbezahlt wird. Dies unter der Voraussetzung, dass ich im Auszahlungszeitpunkt im ungekündigten Arbeitsverhältnis stehe. Habe ich in jedem Fall einen Anspruch auf einen „Dreizehnten“?

Antwort:
Während der „Dreizehnte“ (13. Monatslohn) eine feste Zusage einer Gehaltszahlung ist, ist die Gratifikation eine Begünstigung (Zuwendung), die in der Regel vom Geschäftsgang oder vom Einsatz des Arbeitsnehmers abhängt. Der „Dreizehnte“ ist der Höhe nach bestimmt und auch geschuldet bei Verhinderung an der Arbeit.

In deinem Fall ist der Vertrag unklar formuliert: Die Leistung ist klar als Gratifikation bezeichnet, der Höhe nach klar bestimmt. Das „ungekündigte Arbeitsverhältnis“ besagt, dass die Zahlung als Aufmunterung für die Zukunft zu verstehen ist, was wiederum eher gegen den Lohncharakter sprechen würde.

Massgeblich in deinem Fall:
– Sind die Zahlungen in der Praxis regelmässig, ohne Vorbehalt, am Ende des Geschäftsjahres geleistet worden? Wenn ja, wiederlegt die Wiederholung und die Auszahlungspraxis den freiwilligen Charakter der Gratifikation.
– Ausserdem gibt es den Rechtsgrundsatz, dass im Zweifel unklare Formulierungen zulasen der Partei, die den Vertrag verfasst hat, auszulegen sind. Somit ist hier von einem festen Lohnbestandteil auszugehen, sofern die mit der Auszahlungspraxis übereinstimmt.

Es handelt sich hier um Fragen und Antworten aus dem aktuellen Projekt «Vatercrashkurs» des Vereins Männerfragen. (Newsletter, 14. April 2019)