Kosten für die Aufforstung und den Schutz der Schutzwälder

In der Landtagssitzung vom 5.-7. Juni 2019 beantwortete Regierungsrätin Dominique Hasler u.a. auch eine Kleine Anfrage des FBP-Abg. Wendelin Lampert.

 

Kleine Anfrage des FBP-Abg. Wendelin Lampert
an Regierungsrätin Dominique Hasler

 

Frage:

Nachdem ich trotz mehrmaliger Nachfrage im Mai Landtag keine Antwort auf die Frage nach den Kosten für die Aufforstung und den Schutz der Schutzwälder erhielt, und auch in den letzten Wochen keine Aussagen zu dieser Frage von Seiten der Regierung zu vernehmen war, stelle ich diese Frage nun nochmals.

Im Rahmen der Diskussion zur Interpellationsbeantwortung betreffend den Lebensraum Wald im Mai Landtag tätigte ein Abgeordneter die Aussage, dass er davon ausgehe, dass alleine die Aufforstung des ehemaligen Schutzwaldes im Steg ca. CHF 200 Mio. kosten dürfte.

Des Weiteren ergeben sich Fragen zum Lenkungsausschuss und zur Arbeitsgruppe der Regierung zum Thema „Verbesserung der Waldverjüngung“.

  1. Wie hoch schätzt die Regierung die Kosten für die Aufforstung und den Schutz der Schutzwälder in Liechtenstein auf Grundalge des derzeitig schlechten Zustandes der Schutzwälder ein, sofern der Wildbestand nicht umgehend auf ein für die Schutzwälder vertretbares Mass reduziert wird?
  2. Welche tödlichen Bedrohungen für die Bevölkerung werden entstehen, nachdem die Regierung bzw. das Amt für Umwelt im Rechenschaftsbericht 2018 selbst feststellt, dass aus Sicht des Bevölkerungsschutzes diese Situation – gemeint ist die nicht vorhandene Waldverjüngung – eine ernsthafte Bedrohung darstellt, die sich in Zukunft noch verschärfen wird, sollte nicht ein Umdenken in der Schalenwildbewirtschaftung erfolgen?
  3. In welchem prozentualen Anteil der Schutzwälder ist eine Aufforstung der ehemaligen Schutzwälder nicht möglich?
  4. Wer sind die Mitglieder des Lenkungsausschusses der Arbeitsgruppe „Verbesserung der Waldverjüngung“?
  5. Stimmt es, dass der Lenkungsausschuss der Arbeitsgruppe „Verbesserung der Waldverjüngung“ der Arbeitsgruppe die Vorgabe gemacht hat, dass für alle vorgeschlagenen Massnahmen der Arbeitsgruppe Einstimmigkeit erforderlich ist.

 

Antwort:

 

Zu Frage 1:

Die langjährige Erfahrung zeigt, dass die Aufforstung einer Hektare Schutzwald im Durchschnitt etwa CHF 20‘000 beträgt. Mit der derzeitigen Wilddichte sind zusätzliche Schutzmassnahmen zugunsten der Aufforstung nötig. Grösstenteils erfolgt dies durch Wildzäune mit Hektarkosten von ca. CHF 30‘000. Neben diesen Investitionskosten erfordern Aufforstungen und Wildschutzmassnahmen einen jährlichen Unterhalt von ungefähr CHF 2‘000 pro Hektar. Je nach Standort sind diese Unterhaltsmassnahmen über mehrere Jahrzehnte erforderlich. Daraus ergeben sich kumulierte Kosten von ca. CHF 100‘000 pro Hektare Aufforstung inkl. Wildschadenverhütungsmassnahmen. Wenn nun also der Wildbestand nicht auf ein vertretbares Mass reduziert wird, könnten sich die Sanierungskosten der nicht ausreichend verjüngten Schutzwaldfläche von rund 3‘150 ha, was 75% der Schutzwaldfläche entspricht, auf rund CHF 300 Mio. belaufen.

Ungeachtet der hohen Investitionen zeigt die Erfahrung, dass trotz umfangreichen Wildschadenverhütungsmassnahmen Aufforstungen aufgrund der derzeitigen Wilddichte nicht in jedem Fall erfolgreich sind. Schaffen wir es nicht, einen nachhaltig wirksamen Schutzwald zu etablieren, muss auf technische Massnahmen zurückgegriffen werden.

In Ableitung von entsprechenden Überlegungen, wie sie in der Schweiz und Österreich von den zuständigen Behörden erfolgten, kommt man für Liechtenstein zum Schluss, dass eine Kompensation der Schutzfunktion des Waldes mittels technischen Massnahmen eine Investition von mindestens CHF 0.5 Mia erfordert. Hinzu kommen jährliche Unterhaltskosten von mindestens CHF 10 Mio. Neben den einmaligen Investitionskosten von CHF 0.5 Mia. würden sich inklusive Ersatzinvestitionen damit zusätzliche jährliche Kosten von mindestens CHF 15 Mio. ergeben. Technische Schutzmassnahmen zum Schutz vor Naturgefahren können jedoch nicht überall ergriffen werden wo heute der Schutzwald diese Funktion übernimmt, geschweige denn können diese in jedem Fall die Schutzfunktion des Waldes adäquat ersetzen.

Zu Frage 2:

Mit der fehlenden Naturverjüngung reduziert sich zunehmend das Schutzleistungsvermögen des Waldes. Damit wird der Wald früher oder später den erforderlichen Schutz nicht mehr gewährleisten können. Die in einem Gebirgsland wie Liechtenstein ohnehin latente Gefährdung durch Hochwasser, Steinschlag, Lawinen und Rutschungen wird sich somit akzentuieren. Die sich heute schon in Gefahrengebieten befindlichen Flächen werden damit häufiger und stärker betroffen sein. Neben diesen in der Naturgefahrenkarte gekennzeichneten Gebieten muss davon ausgegangen werden,  dass neue Gefahrenflächen entstehen. Damit nimmt das Risiko für die Bevölkerung massgeblich zu.

Zu Frage 3:

Eine nachhaltige Waldverjüngung ist derzeit in grossen Teilen der liechtensteinischen Schutzwälder nicht im erforderlichen Ausmass gewährleistet, teilweise auch überhaupt nicht vorhanden. Der prozentuale Anteil der Flächen, in denen eine Aufforstung der ehemaligen Schutzwälder nicht möglich ist, lässt sich aufgrund der unterschiedlichen vorherrschenden Umstände nicht pauschal in einem Prozentsatz beziffern.

Zu Frage 4:

Dem Lenkungsausschuss gehören die zuständige Regierungsrätin, ein Vertreter der Vorsteher, der Leiter des Amtes für Umwelt sowie der externe Berater, der die Arbeiten der Arbeitsgruppe moderierte, an.

Zu Frage 5:

Der Lenkungsausschuss verlangte einen prozessualen Weg mit mehreren Stufen. Es war das Ziel aufzuzeigen, welche Massnahmen innerhalb des bestehenden rechtlichen Rahmens aufgrund von Einstimmigkeit schnell umgesetzt werden können und bei welchen Massnahmen keine Einigkeit besteht oder eine Gesetzesänderung notwendig ist. Der Bericht der Arbeitsgruppe beinhaltet somit Massnahmen, über welche Einstimmigkeit erzielt werden konnte und Massnahmen die per Mehrheitsbeschluss beschlossen wurden.