Zusatzversicherungen bei den Krankenkassen und Arzthonoraren

Regierungsrat Mauro Pedrazzini hatte einige Kleine Anfragen zu beantworten, auch eine Kleine Anfrage des Abg. Mario Wohlwend zum Thema Verschuldung in Liechtenstein.

Spitäler: Massive Preisunterschiede
für dieselben Eingriffe 

In der Landtagssitzung vom 7./8./9. Mai 2019  stellte die VU-Abg. Violanda Lanter-Koller Regierungsrat Mauro Pedrazzini eine Kleine Anfrage  i.Z. mit den Zusatzversicherungen bei den Kranken-und Arzthonoraren.

Frage:

Gemäss der Sendung «Kassensturz» vom 16. April 2019 rechnen Ärzte an den Zürcher Hirslanden Kliniken für zusatzversicherte Patienten ein Vielfaches mehr ab als im öffentlichen Spital. Vertrauliche Honorarlisten machten publik, dass die Preisunterschiede für gleiche Eingriffe massiv sind. So kann ein Arzt beispielsweise für eine Injektion mit Knochenzement bei einer Wirbelfraktur im Aargauer Kantonsspital CHF 2‘015 abrechnen, an einer Hirslanden Klinik kostet dies das Dreifache, nämlich CHF 6‘300. Gesundheitsökonomen betitelten dieses Vorgehen als nicht dem Wert der Leistung entsprechend und demzufolge als unethisch und nicht akzeptierbar. Vor allem auch deshalb, weil bei Spitalbehandlungen auch bei zusatzversicherten Patienten die Grundversicherung mitzahle. Die Krankenkassen, die die Tarife mit den Spitälern aushandeln, sind gefordert. Die Finanzmarktaufsicht in der Schweiz schrieb an den Kassensturz, dass die Kassen nur Spitalabrechnungen akzeptieren dürfen, die in einem angemessenen Verhältnis zu den verrechneten Kosten stehen. Hierzu meine Fragen:

  1. Wie stellt sich dieser Sachverhalt in Liechtenstein dar, wo bekanntermassen viele Patienten zusatzversichert sind?
  2. Unterstehen Tarifverträge, welche die Krankenkassen im Bereich der freiwilligen Versicherungen mit Spitälern abschliessen, einem Aufsichtsregime oder herrscht völlige Vertragsfreiheit?
  3. Welche Auswirkungen haben überhöhte Arzttarife auf die OKP-Prämien, nachdem die Regierung mit der Hirslanden AG Leistungs- und Tarifverträge für die Grundversicherung abgeschlossen hat und das Land dafür 55% und die Krankenkassen 45% an die Spitalleistungen bezahlen?
  4. Geht die Regierung davon aus, dass die Krankenkassen aufgrund des steigenden Drucks auf die Zusatzversicherungen mehr Transparenz in den Arzthonoraren verlangen, und mit den Vertragsspitälern in Neuverhandlungen treten werden?
  5. Welche Massnahmen wären zielführend, um steigende Gesundheitskosten, die durch unnötige Eingriffe im Zusatzversicherungsbereich entstehen können, entgegen zu wirken?

Antwort:

Zu Frage 1:

Die Vergütungen in der stationären Zusatzversicherung betreffen alle Nicht-Pflichtleistungen für Behandlungen und Betreuung (z.B. Hotellerie, freie Arztwahl). Diese Zusatzkosten belasten aber nicht die Grundversicherung bzw. den Staat. Im Bereich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung sind stets die stationären Fallpauschalen gemäss swissDRG massgebend.

Zu Frage 2:

In der OKP gelten einheitliche Tarife und Preise, die von der Regierung genehmigt werden und auch publiziert werden müssen. Im Bereich der Zusatzversicherung Privat und Halbprivat schliessen die Krankenkassen im Rahmen ihrer unternehmerischen Handlungsfreiheit jeweils einzeln Verträge mit den Leistungserbringern ab. Sie unterstehen keinem Aufsichtsregime, es herrscht grundsätzlich Vertragsfreiheit.

Zu Frage 3:

Hohe Vergütungen für Ärzte oder Spitäler in der Zusatzversicherung haben dann einen Einfluss auf die OKP-Prämie, wenn deswegen mehr bzw. unnötige Operationen durchgeführt werden. Da bei jeder Operation auch der OKP-Anteil bezahlt wird, hat diese Mengenausweitung eine prämienerhöhende Wirkung.

Zu Frage 4:

Wenn die Krankenkassen mit ihren Produkten der Zusatzversicherung preislich konkurrenzfähig bleiben wollen, liegt es in der Natur der Marktwirtschaft, dass bei überhöhten Preisen eine Korrektur erfolgen wird. In der erwähnten Sendung „Kassensturz“ hat sich die Vertreterin einer grossen Schweizer Krankenversicherung dahingehend geäussert, diese hohen Preise künftig nicht mehr bezahlen zu wollen.

Zu Frage 5:

Dass hohe Vergütungen einen Fehlanreiz darstellen können, ist allgemein bekannt. Erträge aus Spitalzusatzversicherungen fallen in aller Regel nur für stationäre Leistungen an. Die auf Anfangs 2019 eingeführte Liste von Eingriffen, welche grundsätzlich nur noch ambulant vergütet werden, ist somit auch eine Massnahme, welche steigenden Gesundheitskosten sowohl in der Grund- als auch in der Zusatzversicherung entgegenwirkt. Es wurden mit dieser Liste vor allem Operationen erfasst, bei denen beobachtet wurde, dass sie häufig unnötigerweise stationär durchgeführt wurden. Die Liste kann bei Bedarf erweitert werden. Die Kassen sind zudem in der Vertragsgestaltung im Bereich der Zusatzversicherungen weitgehend frei und haben ebenfalls ein Interesse an einem möglichst geringen Kostenwachstum, so dass bei Kostengutsprachen beispielsweise auch Zweitmeinungen verlangt werden könnten.