Staatlicher Unterstützungsbeitrag für Pflege-und Betreuungsgeld

In der Juni-Session des Landtages hatte Regierungsrat Mauro Pedrazzini u.a. auch eine Kleine Anfrage von Landtags-Vizepräsidentin Gunilla Marxer-Kranz zur Besetzung des AHV-Verwaltungsrates zu beantworten.

 

Zu einer Kleinen Anfrage des VU-Abg. Mario Wohlwend an Regierungsrat Mauro Pedrazzini

In der Landtagssitzung vom 27./28. Februar 2019 stellte der VU-Abg. Mario Wohlwend Fragen im Zusammenhang mit dem Pflege- und Betreuungsgelder an Gesundheitsminister Mauro Pedrazzini.

 

Frage:

Es besteht grundsätzlich das Bedürfnis, möglichst lange selbständig das Leben bestreiten zu können. Deshalb nutzen viele pflege- und betreuungsbedürftige Menschen die Möglichkeit zu Hause in gewohnter Umgebung gepflegt und betreut zu werden. Seit dem 1. Januar 2010 besteht in Liechtenstein die Möglichkeit, für häusliche Betreuung und Pflege einen staatlichen Unterstützungsbeitrag zu erhalten. Bei der höchsten Pflegestufe beträgt das Betreuungs- und Pflegegeld maximal CHF 180 pro Tag. Das sind pro Monat ca. CHF 5’500 staatliche Unterstützung, welche nicht einkommensabhängig ist und bestenfalls kostendeckend für eine 24h-Betreuung ist. Dementgegen fallen bei einem Heimbewohner neben den Pflegekosten ein Mindestbetrag von CHF 111 pro Tag an, für die er selbst aufkommen muss. Das sind pro Monat ca. CHF 3‘400. Personen mit einem geringen Vermögen haben die Möglichkeit Hilfslosenentschädigung zu beziehen, um die anfallenden Kosten zu minimieren. Die restlichen Kosten trägt er jedoch selbst. Somit haben neben den Bedürfnissen auch die Kosten einen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidung, ob eine Pflege Zuhause oder im Heim gewählt wird. Dazu habe ich fünf Fragen:

  1. Was müssen wir tun, dass jeder Mensch in Liechtenstein auch zukünftig individuell angepasste Angebote zur Erreichung seiner persönlichen Lebensqualität in Anspruch nehmen kann?
  2. Wie haben sich die Ausgaben beim Pflege- und Betreuungsgeld seit 2015 entwickelt?
  3. Wie haben sich die Pflege-/Betreuungstage seit 2015 Zuhause gegenüber den Heimen entwickelt?
  4. Wie gewährleistet die Regierung, dass keine Versorgungslücken entstehen und unnötige Hospitalisationen generiert werden?
  5. Sieht die Regierung gemäss den vorliegenden Entwicklungen der Kosten einen Handlungsbedarf, wie zum Beispiel das Pflegegeld einkommensabhängig zu machen?

 

Antwort:

Vorab ist klarzustellen, dass nicht nur das Betreuungs- und Pflegegeld, sondern im Gegensatz zu den Ausführungen in der Fragestellung auch die Hilflosenentschädigung vermögens- und einkommensunabhängig ist. Diese Hilflosenentschädigung ist gestaffelt und beträgt bei schwerer Hilflosigkeit CHF 928 pro Monat. Zusammen mit dem Betreuungs- und Pflegegeld, das bei höchster Stufe CHF 180 pro Tag bzw. CHF 5‘580 für einen Monat mit 31 Tagen beträgt, ergibt sich ein Höchstbetrag für staatliche Leistungen von CHF 6’508 für einen Monat mit 31 Tagen. Zusätzlich gibt es für Rentner in wirtschaftlicher Not Ergänzungsleistungen. Diese jedoch sind abhängig von Einkommen und Vermögen. In finanzieller Hinsicht sieht die Regierung keinen Bedarf für eine Erhöhung der staatlichen Transferleistungen.

Zu Frage 1:

Je nach Pflegebedürftigkeit und individuellen Präferenzen stehen verschiedene Angebote zur Verfügung, insbesondere für einen Aufenthalt zu Hause oder in einem Pflegeheim. Die heutige Angebotssituation in Liechtenstein darf als hervorragend bezeichnet werden, nicht nur bezüglich der Qualität sondern auch bezüglich der schnellen Verfügbarkeit der Lösungen. Die beteiligten Institutionen arbeiten täglich an der Verbesserung ihrer Prozesse und der Ergebnisqualität. Auch wird ständig an der Verbesserung der Koordination zwischen den verschiedenen involvierten Akteuren gearbeitet.

Es wird eine grosse Herausforderung sein, diesen sehr guten Zustand für kommende Rentnergenerationen zu erhalten.

Zu Frage 2:

Die Aufwendungen für das Betreuungs- und Pflegegeld sind seit dem Jahr 2015 kontinuierlich gestiegen. Sie betrugen CHF 7.9 Mio. im Jahr 2015, CHF 8.5 Mio. im Jahr 2016, CHF 9.5 Mio. im Jahr 2017 und CHF 10.1 Mio. im Jahr 2018.

Zu Frage 3:

Die Regierung verfügt über keine aktuellen Zahlen betreffend die Entwicklung der Betreuungs- und Pflegetage im ambulanten Bereich bzw. zu Hause seit dem Jahr 2015. Demgegenüber liegen die Zahlen der Bezüger von Betreuungs- und Pflegegeld vor. Diese sind seit dem Jahr 2015 kontinuierlich angestiegen, von 381 Personen im Jahr 2015, 408 Personen im Jahr 2016, 439 Personen im Jahr 2017 auf 461 Personen im Jahr 2018.

Die Anzahl der Pflegetage in den LAK-Heimen betrug im Jahr 2015 84’122, im Jahr 2016 83’815, im Jahr 2017 83’846 und im Jahr 2018 80’557. Im Schlossgarten Balzers betrug die Anzahl Pflegetage im Jahr 2015 total 15’247, im Jahr 2016 16’341, im Jahr 2017 16’574 und im Jahr 2018 15’845.

Von 2017 auf 2018 ist also in den Heimen der LAK und im Schlossgarten Balzers ein Rückgang der Pflegetage um rund 4% zu beobachten. Das kann verschiedene Gründe haben. Naheliegend ist die steigende Anzahl von Personen, die Betreuungs- und Pflegegeld beziehen und daher zu Hause gepflegt werden anstatt im Heim. Bei Personen mit zunehmender Pflegebedürftigkeit ist es möglich, dass diese dank dem Betreuungs- und Pflegegeld wesentlich länger zu Hause gepflegt werden können und wenn überhaupt, dann nur noch eine kurze Zeit im Pflegeheim verbringen. Dann gibt es auch Personen, welche wegen dem immer besseren generellen Gesundheitszustand im Alter länger als früher selbständig oder mit nur geringer Unterstützung zu Hause leben können und erst hochbetagt in ein Pflegeheim ziehen und dort wesentlich weniger lang verbleiben als früher.

Zu Frage 4:

Die Regierung bzw. das Ministerium für Gesellschaft gibt in regelmässigen Abständen eine Studie zur Bedarfsplanung der ambulanten und stationären Pflege in Auftrag, sodass frühzeitig die notwendigen Schritte unternommen werden können. Zudem schafft das Betreuungs- und Pflegegeld die Möglichkeit, möglichst lange zu Hause betreut zu werden. Schliesslich werden die Familienhilfen, die ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen erbringen, staatlich stark unterstützt. Dadurch gelingt es, Versorgungslücken zu vermeiden. Um unnötige Hospitalisationen zu vermeiden, sind gut ausgebildete Pflegekräfte nötig. Die LAK, die Lebenshilfe Balzers, die Familienhilfen und das Landesspital legen grossen Wert auf die Aus- und Weiterbildung von entsprechenden Fachkräften.

Zu Frage 5:

Die Gestehungskosten für einen Pflegetag im Heim betragen durchschnittlich rund CHF 360 pro Tag. Der Bewohner bezahlt davon CHF 111, der Rest wird von Land und Gemeinden sowie den Krankenkassen getragen. Das Betreuungs- und Pflegegeld dient dazu, diese teure Ressource zu schonen. Der Staat spart also Geld und gleichzeitig kann der Wunsch vieler älterer Personen erfüllt werden, zu Hause gepflegt zu werden. Damit ist beiden Seiten gedient.

Würde das Betreuungs- und Pflegegeld einkommens- und vermögensabhängig ausgestaltet, würde nicht nur der Administrationsaufwand zunehmen, sondern es entstünde für Personen mit höherem Einkommen ein stärkerer Anreiz, ins Heim zu ziehen. Konsequenterweise müssten dann auch die Pensionstaxen im Pflegeheim einkommens- und vermögensabhängig ausgestaltet werden.

In letzter Konsequenz würden dadurch Personen, die sparsam gelebt und so für ihren Lebensabend gut vorgesorgt haben, mit höheren Kosten im Alter bestraft.