Kommt ausländisches Luftrettungsunternehmen nach Liechtenstein?

In der Juni-Session des Landtages hatte Regierungsrat Mauro Pedrazzini u.a. auch eine Kleine Anfrage von Landtags-Vizepräsidentin Gunilla Marxer-Kranz zur Besetzung des AHV-Verwaltungsrates zu beantworten.

Kleine Anfrage des Abg. Christoph Wenaweser an RR Mauro Pedrazzini

In der Landtagssitzung vom Dezember 2018 stellte der Abg. Christoph Wenaweser an RR Mauro Pedrazzini Fragen im Zusammenhang mit dem Ansuchen eines ausländischen Luftrettungsunternehmen in Liechtenstein Fuss zu fassen.

Frage:

Am 9. November war im Radio Liechtenstein zu vernehmen, dass die AP3-Luftrettung, ein Konglomerat aus drei Luftrettungsunternehmen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz, plant, einen Rettungshubschrauber beim Heliport Balzers zu installieren. Gemäss den Verantwortlichen der AP3-Luftrettung soll der Betrieb bereits im Dezember 2018 aufgenommen werden und das gängige Spektrum der Luftrettung beinhalten, bis hin zur Bergung mittels Winde sowie der Bereithaltung eines Notarztfahrzeugs für Bodeneinsätze. Obwohl der Betrieb gemäss den Verantwortlichen noch im laufenden Monat aufgenommen werden soll, ist von staatlicher Seite zu diesem Projekt nichts öffentlich kommuniziert worden. Es ist davon auszugehen, dass der Betrieb eines Luftrettungsunternehmens diverse behördliche Bewilligungen erfordert, die Landesverwaltung sowie die Regierung sind daher augenscheinlich in diese Thematik involviert. Es ergeben sich dazu folgende Fragen, welche an die beiden zuständigen Ministerien gerichtet werden:

 

  1. Welche Bewilligungen gesundheitsrechtlicher sowie luftfahrtrechtlicher Natur werden benötigt, um ein Luftrettungsunternehmen in Liechtenstein zu betreiben?
  1. Wie ist der Stand in den einzelnen Bewilligungsverfahren und sieht die Regierung die Inbetriebnahme der Luftrettung im laufenden Jahr als realistisch an?
  1. Wie würde die Luftrettung der AP3 in die Rettungskette Liechtensteins implementiert werden, Stichwort „georeferenzierte Einsatzvergabe“?
  1. Würde der Standort Balzers automatisch dazu führen, dass die Rega am Standort Untervaz aufgrund geographischer Aspekte nur noch subsidiär für Luftrettungseinsätze aufgeboten werden würde?
  1. Wie verhalten sich die geplanten Vorhalteleistungen der AP3 für Bodeneinsätze im Zusammenspiel mit dem Rettungsdienst des Roten Kreuzes, der Tätigkeit des ärztlichen Notfalldienstes und der Notarzttätigkeit der Spitalärzte des Landesspitals?

 

Antwort:

Zu Frage 1:

Für den Betrieb eines Luftrettungsunternehmens sind Bewilligungen im Bereich des Luftfahrt-, Gewerbe- sowie Gesundheitsrechts notwendig.

Von Seiten der Zivilluftfahrt ist für den Betrieb eines Luftrettungsunternehmens einerseits die Betriebsbewilligung für die Durchführung von gewerbsmässigen Flugdiensten nach der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 erforderlich. Diese wird von Seiten des Schweizerischen Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL) ausgestellt. Weiter bedarf es eines Luftverkehrsbetreiberzeugnisses (AOC – air operator certificate) inklusive der spezifischen Erlaubnis für HEMS-Flüge (Helicopter Emergency Medical Services). Dieses wird ebenfalls vom BAZL ausgestellt.

Gemäss Gewerberecht wird eine Tätigkeit dann gewerbsmässig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmässig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist. Aus dem Zweck der AP3 Luftrettung ist auf eine gewerbsmässige Tätigkeit in Liechtenstein zu schliessen. Bei der Bewilligung von Lufttransporten wird vom Amt für Volkswirtschaft auch jeweils die Bewilligung des BAZL eingefordert.

Nach geltendem Gesundheitsrecht ist kein spezifisches Bewilligungsverfahren für Rettungsdienste vorgesehen. Allerdings muss das betreffende Luftrettungsunternehmen sicherstellen, dass für den Umgang mit Heilmitteln und für den Einsatz von Ärzten und anderen Gesundheitsfachpersonen die erforderlichen Bewilligungen beim Amt für Gesundheit eingeholt werden.

Zu Frage 2:

Allfällige Anträge für die zivilluftfahrtrechtlichen Bewilligungen werden direkt beim BAZL eingereicht und geprüft. Diese Prüfungsverfahren laufen. Ob die Bewilligungen im laufenden Jahr ausgestellt werden können, kann derzeit noch nicht beurteilt werden.

Im Bereich Gewerberecht sind die beim Amt für Volkswirtschaft eingegangenen Gesuchunterlagen unvollständig. Deshalb kann kein Termin für die Erteilung einer Gewerbebewilligung bekannt gegeben werden.

Im Bereich Gesundheitsrecht sind erste Kontakte mit dem Amt für Gesundheit bereits erfolgt, es liegen aber noch keine Bewilligungen vor.

Zu Frage 3 und 4:

Die Landespolizei ist gemäss Polizeigesetz mit der Entgegennahme von Sanitätsnotrufen und der Aufbietung des geeigneten Rettungsdienstes beauftragt. Da bisher kein direkter Kontakt zwischen der AP3 Luftrettung und der Landespolizei stattgefunden hat, liegen der Landespolizei noch keine verbindlichen Angaben über Art und Umfang der von diesem Unternehmen erbrachten Rettungsdienstleistungen vor. Die Frage der konkreten Implementierung eines allfälligen zusätzlichen Angebots im Bereich Luftrettung in Liechtenstein kann daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden. Dies gilt es zu klären, sobald die AP3 Luftrettung über sämtliche erforderlichen Bewilligungen für eine Aufnahme ihrer Tätigkeit in Liechtenstein verfügt.

Zu Frage 5:

Bereits heute kooperieren der Rettungsdienst des Roten Kreuzes, die niedergelassene Ärzteschaft und das Landesspital im Bereich der Notfalleinsätze. Bei Bedarf werden über die Notrufzentrale der Landespolizei auch in der Schweiz oder in Österreich stationierte Rettungsdienste beigezogen. Inwiefern künftig die AP3 Luftrettung mit ihrer Niederlassung in Liechtenstein in das Netz der Rettungsorganisationen eingebunden wird, kann zurzeit noch nicht beurteilt werden. Der Regierung ist aber bekannt, dass das Rote Kreuz grundsätzlich an einer Zusammenarbeit mit der AP3 Luftrettung interessiert ist.