BREXIT: Wie geht es weiter?

Regierungsrätin Aurelia Frick hatte u.a. auch eine Frage des Abg. Herbert Elkuch neben dem Migrationspakt auch zum Flüchtlingspakt und dessen  Auswirkungen auf Liechtensein zu beantworten. 

Kleine Anfragen an Liechtensteins Aussenministerin Aurelia Frick

 

Im Rahmen der November-Session des Landtages wurden an Regierungsrätin Dr. Aurelia Frick vier Kleine Anfragen gestellt. Eine Anfrage betrifft den BREXIT und seine Auswirkungen auf Liechtenstein. Sie wurde vom stv. VU-Abg. Peter Frick an die Aussenministerin gestellt.

Frage:

Der Brexit ist in aller Munde. Es rauscht ordentlich im Blätterwald und sowohl im Vereinigten Königreich als auch dem europäischen Festland ist die Verunsicherung gross. Auch für Liechtenstein hat United Kingdom einen besonderen Status. Nicht nur durch die gleiche Melodie der Hymnen und verwandtschaftlichen Verhältnisse der jeweiligen Monarchen bestehen enge Verknüpfungen, auch ökonomisch ist das Vereinigte Königreich ein Partner Liechtensteins. Deshalb wurde eigens eine Brexit-Fachstelle eingerichtet. Mit dem Verweis auf die verstärkten Reisetätigkeiten gab es sogar einen Nachtragskredit-Antrag der Regierung, der für unrühmliches Aufhebens sorgte. In einer Broschüre, die im August erschien, wurden vier Handlungsoptionen definiert. Dafür, dass es sich um ein Schwerpunktthema handelt, in das augenscheinlich viel Geld und Energie gesteckt wird, bekommt die Bevölkerung aber wenig  mit. Wir sollten alle an einem reibungslosen Vorgang interessiert sein, damit der Handel mit United Kingdom funktioniert und beide Seiten maximal davon profitieren können. Daher erlaube ich mir, folgende Fragen zu stellen:

  1. Wie ist der aktuelle Stand der Verhandlungen zwischen United Kingdom und Liechtenstein und welche der vier in der Broschüre angedachten Strategien (1. bilateral, 2. mit der Schweiz, 3. mit dem EWR, 4. mit der EFTA) will Liechtenstein nun fahren?
  2. Gibt es einen Zeitplan für neue Verträge beziehungsweise wie ist das Vorgehen gestaffelt?
  1. Wie gedenkt die Regierung einen «Übernahmestress», wie er beispielsweise bei der DSGVO entstanden ist, für den Landtag und daraus folgende mögliche Rechtsunsicherheiten zu vermeiden?
  2. Ist angedacht, die Bevölkerung beziehungsweise die Volksvertretung (Landtag) in irgendeiner Form bei den nächsten Schritten einzubinden oder wird er am Ende vor vollendete Tatsachen gestellt?
  3. Falls der Landtag eingebunden werden soll: Wie kann beziehungsweise soll das geschehen?

 

Antwort:

Zu Frage 1:

Die EWR/EFTA-Staaten gliedern die Gespräche mit UK wie auch die EU in zwei Stufen. In einem ersten Schritt wird der Austritt aus dem Binnenmarkt geregelt, in einem zweiten Schritt werden die zukünftigen Beziehungen verhandelt. Zusammen mit Norwegen und Island arbeitet Liechtenstein seit einiger Zeit an einem umfassenden Austrittsabkommen mit UK, das neben den Bürgerrechten auch die anderen EWR-relevanten Teile des Abkommens EU-UK abdeckt, z.B. bereits in Verkehr gebrachte Waren, Geistiges Eigentum und Datenschutz. Das Abkommen soll so weit als möglich die Lösung EU-UK spiegeln. Besonders wichtig ist dabei, dass die Rechte unserer Staatsangehörigen und Unternehmen in gleichem Umfang geschützt werden wie die Rechte der EU-Bürger und Unternehmen. Die Arbeiten sind inhaltlich weitgehend abgeschlossen. Ein formeller Abschluss des Abkommens ist aber erst möglich, wenn sich die EU und UK auf einen Austrittsvertrag geeinigt haben.

Die in der Brexit-Broschüre des Ministeriums für Äusseres erwähnten Strategien beziehen sich auf die Regelung der zukünftigen Beziehungen. Eine definitive Entscheidung dazu kann erst getroffen werden, wenn bekannt ist, was für eine Lösung die EU und UK für die zukünftigen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen vereinbaren. In der Annahme, dass dies eine äusserst enge Integration sein wird, scheint eine Anbindung oder Spiegelung dieser EU/UK-Lösung im Moment als beste Option. Je nach Verlauf der EU/UK-Verhandlungen ist Liechtenstein aber auch für andere Modelle offen, die den Zugang zum britischen Markt sicherstellen.

Zu Frage 2:

Die Verhandlungen zu den zukünftigen Beziehungen können erst nach dem Austritt UKs aus der EU, d.h. nach dem 29. März 2019 beginnen. Davor ist UK rechtlich nicht in der Lage, Abkommen mit Drittstaaten zu verhandeln. Das Austrittsabkommen mit der EU sieht vor, dass UK bis Ende 2020 weiter als EU-Mitglied zu behandeln ist und auch weiter an die Abkommen mit Drittstaaten, also auch an das EWR-Abkommen gebunden ist. Während dieser Zeit gibt es also keine Änderungen im Verhältnis Liechtenstein – UK. Liechtenstein wird wie auch die EU und andere Staaten die Übergangsfrist nutzen, um ein Abkommen zu den zukünftigen Beziehungen abzuschliessen.

Zu Frage 3:

Das Ministerium für Äusseres und die Fachexpertenstelle Brexit haben die APK erstmals im November 2017 darauf hingewiesen, dass der Zeitplan v.a. wegen der Sitzungspause zwischen Dezember und März voraussichtlich eng sein wird. Seither wurde die APK regelmässig und umfassend über den Stand der Verhandlungen informiert. Inzwischen wurde dem Landtag ein konkreter Zeitplan für das Genehmigungsverfahren vorgelegt. Mit dieser frühzeitigen Planung soll sichergestellt werden, dass die Genehmigung im ordentlichen Verfahren und unter Einhaltung aller Fristen vorgenommen werden kann.

Zu Frage 4 und 5:

Wie bereits zu Frage 3 ausgeführt, wird die APK des Landtags in regelmässigen Abständen über den aktuellen Verhandlungsstand informiert. Mit der Brexit Broschüre wurde der Prozess auch der Bevölkerung nähergebracht und aufgezeigt, welche Ziele Liechtenstein in den Gesprächen und Verhandlungen verfolgt. Zusätzlich haben Gespräche mit betroffenen Unternehmen, öffentliche Veranstaltungen sowie spezifische Informationen für Interessenverbände, insbesondere in der Präsidentenrunde der Verbände, stattgefunden. Es ist geplant, diese Aktivitäten sowie die gezielte Informationspolitik auch in Zukunft weiterzuführen.