Über sechs Jahre ist es her, seit die Politik mit einem neuen Geldspielgesetz den Weg frei gemacht hat für das erste Casino in Liechtenstein. Nun könnte es endlich klappen – und das gleich zweifach: In Ruggell und in Schaanwald soll noch in diesem Jahr jeweils ein Casino eröffnet werden. Hinter dem Casino-Urprojekt von Unternehmer Wolfgang Egger in Vaduz stehen hingegen grosse Fragezeichen.

Text: Stefan Lenherr · Fotos: 123rf, ZVG

 

Seit dem Ende der goldenen Zeiten auf dem Finanzplatz sucht die Regierung händeringend nach neuen Einnahmequellen. Unter anderem hat man sich in Vaduz erhofft, dass ein Casinobetrieb durch die Geldspielabgabe Millionen in die Staatskasse spülen wird.

Ein solches Projekt stand schon seit vielen Jahren in den Startlöchern: An vorderster Front setzte sich der Unternehmer Wolfgang Egger für ein neues Geldspielgesetz ein, um am Standort des heutigen Vaduzerhofs im Städtle seine Vision eines Grosshotels mit über 100 Zimmern und angeschlossenem Casino verwirklichen zu können. Rund 65 Millionen Franken wollte Egger investieren. Als am 1. Januar 2011 das neue Geldspielgesetz schliesslich in Kraft trat, schien es endlich so weit zu sein.

Jahrelanges Tauziehen
Doch anstelle neuer Einnahmen für den Staat und einer Belebung des Vaduzer Städtles durch das Casino-Hotel Vaduzerhof folgte ein jahrelanges Tauziehen vor Gericht: Die im Wettstreit um die exklusive Spielbankenkonzession unterlegene Casino Admiral AG fochte den Entscheid der Regierung erfolgreich an, den Zuschlag dem Casino Vaduzerhof zu geben. Der Fall zog seine Kreise bis an den EFTA-Gerichtshof in Luxemburg. Im November 2015 zog die Politik schliesslich die Reissleine: Die Regierung verabschiedete eine Revision des Geldspielgesetzes zuhanden des Landtags. Neu benötigen Spielbankenbetreiber keine Konzession mehr, sondern nurmehr eine Polizeibewilligung. Damit wurde der Weg für die Bewilligung von mehreren Casinos frei gemacht.

«Es wird sich zeigen, wie viele Casinos
der Markt akzeptiert. Wir gehen davon aus,
dass in Liechtenstein zwei bis drei Casinos
eröffnen werden – und dass wir in diesem
Umfeld überleben können.»

Neuer Anlauf im neuen Jahr
Anfang dieses Jahres wagten sich die Aspiranten auf eine Casino-Lizenz nach vielen Spekulationen aus der Deckung. Die Casino Admiral AG, welche ursprünglich mit einem Projekt an der Äulestrasse in Vaduz gegen das Projekt von Wolfgang Egger angetreten war, fand in Ruggell einen neuen Standort. Zudem machte die Casinos Austria AG, die in Österreich bereits zwölf Spielbanken betreibt, ihre Pläne publik, in Schaanwald ein Casino eröffnen zu wollen.

Ruhig blieb es hingegen um Wolfgang Egger und sein Casino-Urprojekt. Auf Anfrage will sich der Unternehmer nicht konkret zu seinen Plänen äussern. Er sagt nur: «Ich befinde mich derzeit in Verhandlungen. Ausserdem möchte ich die weitere Entwicklung abwarten.» Mit der Liberalisierung der Konzessionsvergabepraxis dürfte Eggers Geschäftsmodell einen herben Dämpfer erhalten haben, war ein Grundpfeiler seiner Idee doch eine exklusive Casino-Lizenz. Fraglich ist, ob die Rechnung für ihn auch noch aufgeht, wenn in Liechtenstein mehrere Spielbanken ihre Tore öffnen.

Stefan Hassler

«Sicherlich ist es ein unternehmerisches Risiko, angesichts der Liberalisierung der Konzessionsvergabe in Liechtenstein ein Casino zu eröffnen»

 

Der Kuchen wir nicht grösser

Casinos in Liechtenstein und der Region

Dass statt einer exklusiven Konzession nun mehrere Casinos in Liechtenstein möglich sind, schreckt hingegen die Casino Admiral AG nicht ab: «Sicherlich ist es ein unternehmerisches Risiko, angesichts der Liberalisierung der Konzessionsvergabe in Liechtenstein ein Casino zu eröffnen», sagt Verwaltungsratspräsident Stefan Hassler. «Es wird sich zeigen, wie viele Casinos der Markt akzeptiert. Wir gehen davon aus, dass in Liechtenstein zwei bis drei Casinos eröffnen werden – und dass wir in diesem Umfeld überleben können.» Ein Vorteil für das Casino im Kokon-Gebäude dürfte sein, dass es wahrscheinlich als erstes seine Türen öffnen kann. «Wir setzen alles daran, dass wir das Casino im Sommer eröffnen können», sagt Hassler.

Fünf Live-Spieltische, elektronisches Roulette sowie 100 Spielautomaten soll das Spielangebot im Kokon-Casino umfassen. Daneben finden sich weitere Angebote. «Es ist ein absoluter Glücksfall, dass wir sofort die bestehende Eventhalle im Kokon beziehen können. Die Infrastruktur rund um das Casino ist mit einem Restaurant, Wellnessangeboten und dem Hotel Kommod bereits vorhanden», sagt Stefan Hassler. Hier wolle man wo möglich Synergien nutzen, um den Besuchern ein umfangreiches Erlebnis bieten zu können. Ins Kokon-Casino will die Casino Admiral AG dabei nicht nur Liechtensteiner locken, wie Hassler erklärt: «Wir wollen Menschen aus der gesamten Region im Drei-Länder-Eck anziehen, die im Umkreis von rund 45 Fahrminuten leben.» Dies sei erfahrungsgemäss das Einzugsgebiet eines Casinos. «Natürlich finden sich in diesem Umkreis auch zahlreiche andere Spielbanken», sagt Hassler, «die Casinodichte in der Region ist sehr hoch.»

Tatsächlich sind von Liechtenstein aus in Bregenz, St. Gallen, Bad Ragaz und Lindau vier Casinos in unter einer Stunde Fahrzeit erreichbar.  Dazu kommt, dass aller Voraussicht nach nur wenige Kilometer Luftlinie vom Kokon-Casino entfernt in Schaanwald die Casinos Austria AG ihr Glück versuchen wird. Im Geschäftshaus «Pirandello» plant das Unternehmen, in Zusammenarbeit mit der ITW-Gruppe ein Casino zu eröffnen. Wenn die Baubewilligung für den nötigen Umbau zur Spielbank rasch erteilt wird, sollen auch hier in diesem Jahr noch die Roulettetische zu rotieren beginnen.

Einige Fragen sind noch offen
Im Gegensatz zum Projekt in Ruggell waren den Verantwortlichen bis Redaktionsschluss jedoch keine näheren Informationen zum Casinoprojekt zu entlocken. So bleibt etwa unklar, mit welchem Spielangebot das Casino am Markt um Gäste buhlen will, wie viele Mitarbeiter beschäftigt und welches Angebot neben dem Spielbetrieb offeriert werden soll. Für die Casino Admiral AG ist ohnehin nebensächlich, was in Schaanwald geplant ist. «Wir schauen nicht darauf, was die Konkurrenz macht», sagt Stefan Hassler.

 

 

Zocken im Verborgenen: Staat entgeht viel Geld

Der Schweizer Casinobranche bereitet der Abfluss von Geldern in illegale Angebote Kopfzerbrechen. Der Schweizer Casino-Verband schätzt, dass mit illegalem Glücksspiel, vor allem in Bars und Restaurants, schweizweit Jahr für Jahr 150 Millionen Franken Bruttospielertrag – also einbezahlte Einsätze minus Gewinnausschüttungen – erzielt werden. Hinzu kommen geschätzte 100 Millionen Franken, die Schweizer in ausländischen Online-Casinos verspielen. Während in der Schweiz immer wieder Razzien in illegalen Spielhöllen publik werden, liegt der letzte Fall in Liechtenstein schon mehr als zwei Jahre zurück, wie die Landespolizei auf Anfrage bekannt gibt. Damals rückten die Beamten wegen Widerhandlung gegen das Geldspielgesetz aus, die Verdächtigen seien im Diversionsverfahren verurteilt worden.

Illegales Glücksspiel boomt
Durch illegales Glücksspiel entgeht dem Staat viel Geld. Denn der volkswirtschaftliche Nutzen der Casinos ist hoch: Im vergangenen Jahr etwa führte die Casino Bad Ragaz AG fast 10 Millionen Franken als Steuern und Abgaben ab. In Österreich ist die Casinos Austria AG einer der grössten Steuerzahler. So hofft man auch in Liechtenstein auf eine Aufbesserung der Staatskasse.

Mehr Casinos, weniger Steuern
Für das laufende Jahr hat die Regierung Einnahmen aus dem Geldspiel in Höhe von einer Million Franken budgetiert. Paradoxerweise ist es eher hinderlich, wenn mehrere Casinos in einen Konkurrenzkampf treten. Obwohl zwei Spielbanken das Marktpotenzial besser ausschöpfen dürften, resultiert für den Staat nicht mehr Einnahmen. Durch die Progression der Abgabesätze aus dem Bruttospieleertrag resultierten insgesamt eine etwas geringere Geldspielabgabe.

Die Behörden gehen aber davon aus, dass sich die Einnahmen aus der Geldspielabgabe jährlich um 500 000 Franken steigern werden, sodass für 2020 bereits mit 3 Millionen Franken gerechnet wird.