Liechtensteins energiepolitische Nachlässigkeiten

Meinung des VU-Abg. Günter Vogt zur liechtensteinischen Energiepolitik.

Forum/Standpunkt des VU-Abg.
Günter Vogt, Balzers

 

Wie aus den Medien zu entnehmen war, fand am 15. und 16. April in Brüssel
ein informelles Energieministertreffen statt, an dem Sabine Monauni mit den
Amtskolleginnen der EU-Mitgliedstaaten, Norwegens, Islands sowie der
Ukraine und Moldau teilnahm.

Das zentrale Thema des Treffens war der notwendige und als äusserst
bedeutend eingeschätzte Ausbau der europäischen Energieinfrastruktur in
den kommenden Jahren und Jahrzehnten. Monauni betonte, dass
Liechtenstein zwar über ein sehr verlässliches und gut ausgebautes
Stromnetz verfüge, jedoch auch von der Funktionalität der vorangehenden
Netze in Europa abhängig sei. Daher verfolge Liechtenstein die
Entwicklungen seiner europäischen Partner genau. Die Diskussionen in
Brüssel fanden in einem zunehmend schwierigen geopolitischen Umfeld
statt, wie Monauni betonte.

Allerdings lässt gerade das innenpolitische energiepolitische Engagement
unserer Energieministerin und ihr Wirken auf das energiepolitische Umfeld
im Gesamtkontext leider zu wünschen übrig. So brachte die
Energieministerin z.B. bereits in der Debatte zur Förderung von
Energiespeichern ihre Gegenargumente ein, was dazu beitrug, dass diese
Motion im November vom Landtag mit 12:13 Stimmen knapp abgelehnt
wurde. Ihre Mitwirkung förderte aktiv, dass privat produzierter Strom
weiterhin in das allgemeine Netz eingespeist wird und gemäss den
Interessen des größten Stromversorgers margenträchtig an die
Verbraucher zurück verkauft wird.

Ab dem 17. April reichen auch die Energie-Ressourcen der Schweiz laut
Berechnungen der Schweizerischen Energie-Stiftung nicht mehr für die
Eigenversorgung aus, und die Schweiz ist symbolisch gesprochen für den
Rest des Jahres auf Energieimporte wie Öl, Gas oder Uran angewiesen.
In der Energieunabhängigkeitsquote der EU-Staaten führt übrigens Estland
die Liste der Energieunabhängigkeitsquoten der EU-Staaten mit einer
Unabhängigkeit von 99% an, während Österreich mit 35% und die Schweiz
mit 29,5% im unteren europäischen Mittelfeld liegen. Liechtenstein hat eine
Eigenversorgungsquote von gerade einmal 13%. In der Gesamtbetrachtung
erschreckend.

Es bedarf also weiterer und zeitnaher Schritte hin zu einer erneuerbaren
und klimafreundlichen Energieversorgung, um die Energieunabhängigkeit
Liechtensteins grundsätzlich zu stärken. Die Bilanz zu den drei Hauptzielen
und der Indikatoren im letzten Monitoringbericht zur Energiestrategie 2030
ist weiterhin ernüchternd. Man erfüllt die formulierten Erwartungen bei
Weitem nicht. Das Wirtschaftsministerium von Monauni warnt, dass die
grundlegenden Ziele der Energiestrategie gefährdet sind.

Die ablehnende Haltung der Stimmbevölkerung am 21. Januar 2024
gegenüber zwei Gesetzesvorlagen, die den Umstieg auf erneuerbare
Energieträger fördern sollten und die vom Landtag geforderte PV-Pflicht
sowie die Anpassung der Gebäudevorschriften an den Stand der Technik
beinhalteten, trägt leider dazu bei, dass Liechtenstein weiterhin stark von
ausländischer Energie abhängig und auf das Wohlwollen seiner
europäischen Nachbarländer angewiesen ist.

Das lokale Potenzial zur Erzeugung von umweltfreundlichem,
einheimischem Strom aus Sonne, Wind, Wasserkraft und Biomasse bietet
durchaus entsprechende Möglichkeiten. Wenn dann der Wille vorhanden
wäre.

Insgesamt ist Liechtenstein – entgegen der allgemeinen Annahme – extrem
von ausländischer Energie abhängig. Die Energieministerin trägt mit ihrer
Haltung nicht dazu bei, dieses Thema angemessen anzugehen und das
Optimierungspotenzial auszuschöpfen.

Die Passivität der zuständigen Ministerin ist gefährlich. Besonders aktiv wird
sie nur, wenn es darum geht, neue Ansätze im Keim zu ersticken, damit ihr
Ministerium von Arbeit verschont wird. Dabei ist die Ministerin dafür
zuständig, die Bevölkerung vor Ausfällen zu schützen – nicht ihr Ministerium
vor Arbeit. Internationale Treffen helfen nicht dabei, die
Eigenversorgungsquote zu erhöhen.

Die Umsetzung der Energiestrategie darf nicht weiterhin mit dieser
Nachlässigkeit angegangen, sondern muss neu überdacht werden!