Gesundheitsdossier – eine kritische Betrachtung

Erich Hasler

Vor kurzem wurde bei der Regierung eine Volksinitiative angemeldet, durch welche das im jetzigen Gesetz festgeschriebene «Opt-out»-Verfahren in ein «Opt-in»-Verfahren umgewandelt werden soll.

eGD: Was ist mit Datenschutz?

Erich Hasler: Mit dem Datenschutzgesetz (DSG) wurden den Bürgern umfangreiche Rechte zur Wahrung ihrer persönlichen Daten eingeräumt. In der Praxis, sei es im Internet, Verein oder beim Arzt ist eine explizite Zustimmung zur Datenverarbeitung notwendig. Weshalb das bei hochsensiblen Gesundheitsdaten anders sein soll, ist nicht nachvollziehbar.

Wurden die Stimmbürger ausreichend aufgeklärt?

Definitiv nicht. Im Februar hat die Regierung eine Informationsbroschüre über das eGD in alle Haushalte geschickt, allerdings wurde diese kaum beachtet. Darin wurde nur einseitig informiert, jedoch weder auf Gefahren noch Nachteile hingewiesen. Es wurde mit keinem Wort erwähnt, dass im eGD auch die empfindlichen genetischen Daten gespeichert bzw. verarbeitet werden sollen.

Warum soll das eGD nur dann erfolgreich sein, wenn alle mitmachen?

Diese Frage wurde bislang nicht beantwortet. Ausserdem haben sich schon viele abgemeldet. Für die Regierung mag das Projekt «eGD» bereits erfolgreich sein, wenn möglichst viele mitmachen. Wo ist aber der Nutzen für den Einzelnen?

Kann sich ein (Notfall-)Arzt auf das eGD verlassen?

Nein, denn jede Person entscheidet selbst, welche Daten im eGD abgelegt werden. Aber auch wenn Medikamente verschrieben wurden, heisst das nicht, dass der Patient diese auch eingenommen hat. Ein Arzt wird sich also auch bei einem Notfall nicht auf das eGD verlassen können.

Nutzen für die Allgemeinheit oder eher für Techkonzerne?

Die grossen Techkonzerne warten nur darauf, dass sie auf gespeicherte Gesundheits- und genetische Daten von Versicherten zugreifen können (siehe Gesundheitssendung «Puls» vom 3. April 2023). Der unmittelbare Nutzen für die Allgemeinheit ist nicht gegeben.

Kann die Effizienz des Gesundheitswesens mit dem eGD erhöht werden?

Wie soll das geschehen? Wird dem Leistungserbringer zukünftig vorgeschrieben, z. B. bestimmte Untersuchungen nicht mehr durchzuführen, welche in den letzten zwölf Monaten schon einmal gemacht wurden oder wenn der Patient unheilbar krank ist? Letztlich kann das eGD mittelfristig zur Verhaltenssteuerung von Personen durch ökonomische Anreize verwendet werden. Dieses Thema wurde im Rahmen der COVID-Impfung auch unter dem Stichwort «Impfanreize» diskutiert.

Ist die FL Sonderlösung empfehlenswert?

Das eGD ist weder mit der schweizerischen elektronischen Patientenakte noch dem österreichischen Pendent (ELGA) kompatibel. Daher will der Staat pro Jahr 1 Million Franken in die Weiterentwicklung des eGD stecken. Dazu kommen Stellen für Softwarespezialisten im Amt für Informatik und beim Amt für Gesundheit. Gesamthaft Kosten von mind. 1,5 Millionen Franken jährlich in ein eGD, von welchem sich jetzt schon viele abgemeldet haben. Liechtensteinische Sonderlösungen waren noch nie erfolgreich. Beispielsweise der liechtensteinische Arzttarif: Dieser war Ursache für Intransparenz und hohe Kosten.

Wer trägt die Verantwortung für die Sicherheit der Daten?

Der Staat mit Sicherheit nicht. Den Ärzten drohen hohe Bussen, wenn sie die Sicherheit der Krankheitsdaten und deren Übermittlung an eine Cloud nicht sicherstellen. Sollte es zu einem «Datenunfall» kommen, die Krankheitsdaten gehackt werden und den Weg an die Öffentlichkeit resp. ins Internet finden, dann haben die staatlichen Akteure rein gar nichts zu befürchten. Deshalb ist es umso wichtiger, dass jeder Patient seine explizite Zustimmung für die Verarbeitung seiner Gesundheitsdaten gibt. Die Forderung nach der Einführung des «Opt-in-Verfahrens» kann deshalb nur unterstützt werden.