Austausch der EWR/EFTA-Staaten mit der EU in Brüssel

Anniken Huitfeldt (Aussenministerin Norwegen), Dominique Hasler (Aussenministerin Liechtenstein), Thórdís Kolbrún Reykfjörd Gylfadóttir (Aussenministerin Island), Jessika Roswall (Europaministerin Schweden), Maroš Šefčovič (Vizepräsident der Europäischen Kommission) (Quelle: EFTA)

Vaduz (ots) – Am Mittwoch, 24. Mai trafen sich die Aussenministerinnen der EWR/EFTA-Staaten zum zweimal jährlich stattfindenden EWR-Rat mit der EU-Ratspräsidentschaft, der EU-Kommission und dem Europäischen Auswärtigen Dienst in Brüssel. Diskutiert wurden neben dem guten Funktionieren des EWR-Abkommens aktuelle Herausforderungen für die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Binnenmarkts sowie gemeinsame aussenpolitische Prioritäten im Ukrainekrieg und Verhältnis zu China. Regierungsrätin Dominique Hasler vertrat Liechtenstein an den Treffen.

Wettbewerbsfähigkeit des Europäischen Binnenmarkts vor grossen Herausforderungen

2023 feiert die Europäische Union das dreissigjährige Bestehen des europäischen Binnenmarkts. Im kommenden Jahr werden die EWR/EFTA-Staaten Liechtenstein, Island und Norwegen mit der EU dasselbe Jubiläum des EWR-Abkommens feiern und Liechtenstein dessen nationales Inkrafttreten im Jahr 2025. Vor dem Hintergrund der Feierlichkeiten darf eines nicht in Vergessenheit geraten: Die Errungenschaften des europäischen Binnenmarkts sind alles andere als selbstverständlich. In den vergangenen Jahren hat sich mit dem Ukrainekrieg nicht nur die europäische Sicherheitslage verschärft. Auch die europäische Wettbewerbsfähigkeit steht in Anbetracht zugespitzter geopolitischer Verhältnisse und einem erstarkenden weltweiten Protektionismus vor grossen Herausforderungen.

Wie man gemeinsam auf diese Herausforderungen reagieren soll diskutierten die Ministerinnen der EWR/EFTA-Staaten mit Vertretern der EU-Kommission und der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, hatte die EU in jüngster Vergangenheit ihre Regeln für staatliche Beihilfen gelockert und Gesetze zur Förderung der EU-Produktion zukunftsrelevanter und CO2-neutraler Technologien erlassen. Die entsprechenden Gesetze sind über das EWR-Abkommen auch in Liechtenstein anwendbar.

Regierungsrätin Dominique Hasler unterstrich im Austausch mit der EU, dass man Lösungen bevorzuge, die administrative Hürden abbauen und Bewilligungsprozesse für grüne Innovation beschleunigen. Sie betonte, dass man die Nachhaltigkeitsziele der EU grundsätzlich unterstütze, Überregulierung und zu viel staatliche Einmischung aber häufig kontraproduktiv seien. Als konkretes Beispiel verwies Aussenministerin Hasler auf das europäische Lieferkettengesetz, dessen bürokratische Anforderungen und hohe Haftungsrisiken auch für liechtensteinische Unternehmen eine grosse Herausforderung darstellen und nicht zuletzt der europäischen Wettbewerbsfähigkeit schaden könnten.

Politischer Dialog über den Krieg in der
Ukraine und Umgang mit China

Am Rande des EWR-Rats tauschen sich die EWR/EFTA-Ministerinnen mit der EU-Ratspräsidentschaft und dem Europäischen Auswärtigen Dienst auch stets über gemeinsame aussenpolitische Prioritäten aus. Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gehört hierzu standardmässig die Situation in der Ukraine.

Regierungsrätin Hasler präsentierte Liechtensteins Einsatz für die Einrichtung eines internationalen Sondertribunals, um Putin und seine engsten Vertrauten für das Verbrechen des Angriffskriegs zur Rechenschaft zu ziehen. Diskutiert wurde auch die europäische Integration des Landes. Die Ukraine ist seit Sommer 2022 EU-Beitrittskandidat und soll auf dem Weg zur vollen Mitgliedschaft schrittweise in den EU-Binnenmarkt integriert werden. Sofern diese Integration gelingt, hat auch Liechtenstein Interesse an einem reziproken Marktzugang.

Umgang mit China

Neben dem Ukrainekrieg widmete man sich auch dem Umgang mit China. Eine gemeinsame EU-Chinapolitik steht aus und die Positionen der Mitgliedstaaten divergieren stark, wenn es um das Näheverhältnis zu China geht in Anbetracht der gegenseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeiten und einer drohenden Eskalation der Taiwanfrage. Sollte die EU Sanktionen gegen China erlassen, würde sich auch für Liechtenstein die Frage eines autonomen Nachvollzugs stellen. Der politische Dialog mit der EU war entsprechend auch eine willkommene Gelegenheit für Aussenministerin Hasler, um sich mit der EU über die Herausforderungen im Zusammenhang mit möglichen Chinasanktionen auszutauschen und Liechtensteins diesbezügliche Situation zu erläutern.

Austausch mit EU-Kommission über gemeinsame Prioritäten in der Entwicklungspolitik

Während ihres Brüsselaufenthalts traf sich Aussenministerin Hasler auch mit der finnischen EU-Kommissarin für Internationale Partnerschaften, Jutta Urpilainen, um sich über gemeinsame Prioritäten der EU und Liechtensteins in der Entwicklungshilfe auszutauschen. Dabei stand nicht nur die langfristige Unterstützung der Ukraine sowie deren Wiederaufbau im Zentrum der Debatte, sondern auch die Aktivitäten beider Seiten in der Republik Moldau, auf dem Westbalkan, im Mittleren Osten und Afrika. Die Regierungsrätin konnte das Treffen nutzen, um das globale Engagement Liechtensteins vorzustellen und zu unterstreichen, dass Liechtenstein trotz der gestiegenen Ausgaben in Folge des Ukrainekriegs seine Förderung in anderen Regionen der Welt nicht reduziert habe.