DpL: Anpassung der Eigner-Strategie der Liechtensteinischen Kraftwerke

Abbildung 1

DpL beauftragt die Regierung für 2023 und 2024 einen Strompreisdeckel für Private, Gewerbe und Dienstleister anzuwenden

 

Gestützt auf Art. 16 des Gesetzes über die Steuerung und Überwachung öffentlicher Unternehmen (ÖUSG) wird die Regierung beauftragt, die Eigner-Strategie der Liechtensteinischen Kraftwerke (LKW) wie folgt abzuändern:

Die LKW wendet für die zweite Hälfte des Jahres 2023 und für das Jahr 2024 für die Kundensegmente Privatkunden, Gewerbekunden und Dienstleister einen Strompreisdeckel an. Der Höchstpreis für den Bezug von Energie ist wie folgt festzulegen:

Hochpreis (in Rp) Niederpreis (in Rp)
Graustrom 19.60 15.00
LiStrom Natur 19.60 15.00
LiStrom Natur plus 24.60 20.00

 

Mit dieser Massnahme senkt sich der Strompreis um CHF 0.1 pro kWh. Für einen 4 Personen Privathaushalt entspricht das einer jährlichen Entlastung von ca. CHF 450.—.

Selbstverständlich kann der oben angegebene Maximalpreis, soweit betriebswirtschaftlich möglich, von den LKW jederzeit unterschritten werden.

Begründung:
Die Strompreise 2023 haben sich im Vergleich zum Jahr 2022 verdoppelt. Für viele Familien und Gewerbetreibende ist diese Kostenexplosion einschneidend. Externe Kostenschocks in dieser Grössenordnung sind für Familien, Gewerbetreibende und Dienstleister sehr belastend. Die Teuerung ist aufgrund der hohen Energiepreise angestiegen, in der Schweiz betrug sie im März 2023 immer noch 2.9 Prozent. Die Lohnentwicklung folgt dieser Entwicklung, besonders im Gewerbe, mit Verzögerung. Deshalb soll mit der vorgeschlagenen Massnahme der Strompreis für einen beschränkten Zeitraum von 1.5 Jahren nach oben begrenzt werden.

Gemäss aktuellem Geschäftsbericht der LKW (2022) betrug der Stromabsatz im Jahr 2022 für den Geschäftsbereich Privatkunden 81.9 GWh, für das Gewerbe 25.9 GWh und für die Dienstleister 25.8 GWh. Dazu kommen noch Gewerbekunden mit Sonderverträgen, mit einer nicht separat ausgewiesenen Bezugsmenge. Insgesamt ist gemäss unseren Abklärungen von ca. 200 GWh auszugehen, was ca. die Hälfte des gesamten landesweiten Stromabsatzes ausmacht, wobei die LKW nicht für die ganze abgesetzte Strommenge als Lieferanten auftritt. Der vorgeschlagene Strompreisdeckel gilt nur für die oben genannten drei stark von der Preisanpassung betroffenen Kundensegmente.

In die vorgeschlagene Preisdeckelung nicht eingeschlossen sind die Topkunden der LKW, welche knapp 120 GWh Energie bezogen haben, und auch das Segment Land/Gemeinde /staatsnahe Unternehmen mit einem Jahresbezug von ca. 30 GWh sollen nicht unter diesen Preisdeckel fallen. Als staatsnahe Unternehmen gelten Betriebe, die unter das ÖUSG fallen, sowie Unternehmen die, zu 100% im Eigentum der öffentlichen Hand sind, z.B. die WLU oder die FL Abfalltransport AG.

Strompreis 2022:

Im Jahr 2022 war die LKW mit sehr hohen Einkaufspreisen von bis zu CHF 70Rp/kWh und mehr konfrontiert (siehe Abbildung 1), verkauft wurde der Strom aber für 9.95 Rp/kWh. Das führte bei den LKW zu grossen Verlusten. Um den Verlust zu verringern, hätte der Strompreis schon im Sommer 2022 angehoben werden müssen. So konnte der Stromkunde im Jahr 2022 noch von Strompreisen profitieren, die weit unter dem Einkaufspreis lagen.

Strompreis 2023:

Aufgrund der drohenden Strommangellage im Spätsommer 2022 und den damit zusammenhängenden Versorgungsrisiken für das Land musste die LKW Strom in einer Hochpreisphase einkaufen. Dadurch ist den LKW im Jahr 2022 ein beträchtlicher Verlust von ca. CHF 20 Mio. entstanden. In welchem Umfang die LKW im Jahr 2022 wegen der damals befürchteten Strommangellage im Winter, für die Sicherung der Stromversorgung, Stromeinkäufe für das Jahr 2023 und 2024 getätigt haben, entzieht sich unserer Kenntnis.

Die LKW hat im Jahr 2022 abhängig von der Stromherkunft (grauer oder grüner Strom) Verkaufspreise zwischen 29.6 Rp und 34.6 Rp für das Jahr 2023 festgelegt. Damals waren die Beschaffungspreise sehr hoch (Abbildung 1). Dies führte nun dazu, dass der Stromkunde heuer inklusive Netznutzung, Abgaben und MwSt., mindestens ca. 40Rp/kWh für den Strom bezahlt.

Dies kommt einer Verdoppelung des Strompreises relativ zum Jahr 2022 gleich.

Die Preise stiegen nach vielen Jahren der Stabilität auf tiefem Niveau (<100Euro/MWh) bereits im Sept. 2021 an (Abbildung 2). Das war ein erstes Alarmzeichen. Die DpL Abgeordneten Herbert Elkuch und Thomas Rehak reichten deshalb bereits im Nov. 2021 ein Postulat zur Stromversor­gungssicherheit in Liechtenstein ein, das von allen 25 Abgeordneten an die Regierung zur Bearbeitung überwiesen wurde. Zudem haben die beiden DpL Abgeordneten im Oktober 2022 ein weiteres Postulat zur Abfederung des Energiepreis-Schock für Gas- und Stromkunden (Einwohner und Unternehmen) eingereicht, ähnlich der Forderung der Gewerbe und Wirtschaftskammer Liechtensteins, welches aber nicht überwiesen wurde.

 

 

Abbildung 2: Spotmarktpreise 2010-2023 https://www.bricklebrit.com/epex.html

 

Strompreisdeckelung 2. Semester 2023 und 2024:

Von Januar bis Ende April 2023 lagen die Tagesmittelpreise am Spotmarkt deutlich unter dem mit diesem Vorschlag festgelegten Höchstpreis von 19.6Rp/kWh (Abbildung 1) und weit unter dem Energiepreis, von dem die LKW für die Berechnung des inländischen Strompreises für 2023 ausgegangen sein dürfte. Ein Strompreisdeckel von CHF 19.6 Rp/kWh ist deshalb für den Zeitraum von 1.5 Jahren realisierbar, sofern er politisch gewollt ist.

Mindereinnahmen und Kosten:

Die vorgesehene Entlastung von 0.1 CHF pro kWh verursacht für die LKW in den kommenden 1½ Jahren Mindereinnahmen von bis zu 30 Mio. Franken. Wie genau sich diese Einnahmenverluste auf die Rechnung auswirken, ist von den Beschaffungs- und Kreditamortisationskosten abhängig. Im besten Fall wird der Strompreisdeckel keine zusätzlichen Verluste generieren, im schlechtesten Szenario ist mit einem Verlust von CHF 30 Mio. zu rechnen. Derzeit ist das schlechteste Szenario aber recht unwahrscheinlich.

Finanzierung der Mindereinnahmen:

Die LKW hat allein mit dem Stromnetz über die vergangenen 8 Jahre CHF 39.1 Mio. Gewinn erwirtschaftet. Dieser Gewinn wurde vorwiegend in das Glasfasernetz (ca. 63 Mio.) investiert. Die LKW verfügt momentan nur über geringe flüssige Mittel (Ende 2022 CHF 4.86 Mio.), jedoch über ein sehr hohes Eigenkapital von 305 Mio. Franken. Dieses Eigenkapital ist aber nicht liquide, sondern in diversen Netzinfrastrukturen und in den Kraftwerken gebunden.

Sofern möglich, sollte der mit diesem Antrag geforderte Strompreisdeckel in erster Linie durch die LKW finanziert werden. Allerdings soll der Staat analog den vom Staat finanzierten Gasreserven, auch hier die Haftung für unerwartete finanzielle Risiken übernehmen. Damit würde eine Gleichbehandlung der Stromkunden mit den Gaskunden erreicht, wobei alle Gaskunden ja auch Stromkunden sind. Wenn die Strompreise sich weiterhin auf dem Niveau des 1. Quartal 2023 bewegen, d.h. sich im Bereich zwischen 100 und 200 Euro pro MWh bewegen (Abbildung 1), sollten für den Staat keine Verpflichtungen entstehen, ganz auszuschliessen ist dies aber nicht.

Falls sich die Spotmarktpreise für Strom wider Erwarten in der zweiten Jahreshälfte im Durchschnitt deutlich über 200 Euro/MWh ansteigen sollten, müsste das Land sehr wahrscheinlich unterstützend eingreifen, beispielsweise mit einem zinslosen Darlehen, um die Liquidität der LKW sicherzustellen. Dies wäre jedoch nicht weiter tragisch, damit würde der Stromkunde mit dem Gaskunden gleichgestellt.

Beschränkte Möglichkeiten der LKW zur Fremdkapitalbeschaffung

Die LKW musste schon im Jahr 2022 und auch im 1. Quartal 2023 infolge der hohen Strombeschaffungskosten und Verluste das Fremdkapital deutlich erhöhen, um die Liquiditätssituation zu sichern. Gemäss Informationen der LKW liege der Kreditrahmen in der Zwischenzeit bei knapp CHF 90 Mio. und sei nahezu voll ausgeschöpft. Weitere Kredite seien nur schwer oder sehr teuer zu erhalten. Ausserdem müssten erhebliche Beträge an die Kreditgeber in kurzer Zeit zurückbezahlt werden.

Für den Fall, dass die LKW nur noch sehr teure oder keine Kredite mehr erhält, muss der Staat die LKW mit einem Darlehen unterstützen. Der Landtag kann bei Bedarf hierfür einen Beschluss fällen. Der Wärme Liechtenstein hat der Staat letztes Jahr ein Darlehen von CHF 25 Mio. für den Aufbau einer strategischen Gasreserve gewährt, wobei je nach Verlauf nicht das ganze Darlehen zurückbezahlt werden muss. Im Gegensatz zu Wärme Liechtenstein ist praktisch jeder Haushalt und Gewerbebetrieb Kunde bei den LKW. Im Rahmen einer Gleichbehandlung der beiden Staatsbetriebe kann auch der LKW bei Bedarf ein Darlehen zugesprochen werden. Beide Betriebe sind für die Energieversorgung zuständig, beide Betriebe sind von der unerwartet hohen Energiepreisentwicklung überrascht worden.

Zum Schluss sei noch auf Folgendes hingewiesen: Die eigenen Wasserkraftwerke in Liechtenstein waren im Jahr 2022 eine echte Goldgrube, weil damit weit unter dem Marktpreis Strom produziert wurde. Mit einem wesentlich höheren Eigenversorgungsgrad hätten die hohen Einkaufspreise noch wesentlich besser abgefedert werden können. Der Schlüssel für eine sichere Stromversorgung zu vernünftigen und tragbaren Preisen ist heute und in der Zukunft eine genügend diversifizierte Eigenversorgung, davon ist Liechtenstein aber noch sehr weit entfernt.

Der vorgeschlagene Strompreisdeckel bringt eine angemessene Entlastung der Privathaushalte. Für die Gewerbetreibenden und Dienstleister verbessert dieser Strompreisdeckel die Wettbewerbs- und die Investitionsfähigkeit.

Vaduz 2. Mai 2023

Thomas Rehak und Herbert Elkuch, DpL-Abgeordnete