Arbeitskräftemangel: Woher kommen unsere Grenzgänger?

Im Podcast zum Thema «Arbeitskräftemangel» diskutieren (von links) Christian Zoll, Geschäfts- führer der Industriellenvereinigung Vorarlberg, und Christof Becker von BGP Executive & Specialist Recruiting, Vaduz mit Moderator Sigvard Wohlwend und Doris Quaderer von der Stiftung Zukunft.li.

In der Schweiz leben rund 6’100 Personen ohne Schweizer Pass, die zur Arbeit nach Liechtenstein pendeln. Das sind mehr als die bevölkerungsreichste Gemeinde Liechtensteins, Schaan, Einwohner hat. Und diese Gruppe wächst stark: Seit 2008 sind über 3’300 Personen dazugekommen. Das Modell, in der Schweiz wohnen und in Liechtenstein arbeiten, erfreut sich also grosser Beliebtheit. Aus Österreich hingegen schwächt sich der Pendlerstrom ab. Wie lässt sich diese Entwicklung einordnen? Verliert Liechtenstein als Arbeitsort an Attraktivität? 

Ein Blick auf die Beschäftigungsstatistik zeigt: Die liechtensteinische Wirtschaft ist in den letzten Jahrzehnten weniger über die Produktivität, sondern vor allem über eine Zunahme der geleisteten Arbeitsstunden gewachsen. Besonders eindrücklich ist diese Entwicklung bei den Grenzgängern: Pendelten 1998 noch weniger als 9’000 Personen zur Arbeit nach Liechtenstein, waren es 2021 bereits über 23’000. 2008 arbeiteten erstmals mehr Grenzgänger als inländische Erwerbstätige in Liechtenstein. Und das Wachstum setzte sich rasant fort: Allein in den vier Jahren vor dem Corona-Jahr 2020 sind durchschnittlich knapp 1’000 Beschäftigte pro Jahr hinzugekommen.

Mehr Personen mit «anderer» Staatsbürgerschaft
Deutlich zugenommen hat die Zahl der Grenzgänger aus der Schweiz und zwar um 60 Prozent von gut 8’600 im Jahr 2008 auf fast 13’700 im Jahr 2021. Die Zahl der Grenzgänger aus der Schweiz mit Schweizer Staatsbürgerschaft stieg um rund 1’700 Personen, was einem Zuwachs von 30 Prozent entspricht. Die Zahl der in der Schweiz wohnhaften Grenzgänger ohne Schweizer Staatsbürgerschaft hat hingegen um fast 120 Prozent bzw. 3’300 Personen zugenommen. Am stärksten gewachsen ist auch hier der Anteil der Personen mit «anderer» Staatsbürgerschaft. Ihre Zahl stieg im gleichen Zeitraum von rund 1’000 auf 2’900, was einer Zunahme um mehr als 1’800 Personen bzw. 180 Prozent entspricht. Bei den Personen mit «anderer» Staatsbürgerschaft handelt es sich insbesondere um EWR-Bürgerinnen und -Bürger, wobei Personen mit italienischem, portugiesischem und ungarischem Pass am stärksten vertreten sind. 

Zustrom aus Österreich schwächt sich ab
Der Zustrom aus Österreich ist nicht im gleichen Umfang gewachsen. Insgesamt pendelten 2021 aus Österreich rund 8’600 Grenzgänger nach Liechtenstein, 2008 waren es noch 7’700 gewesen. Seit dem Pandemiejahr 2020 ging die Zahl jedoch leicht zurück. Die Zahl der Pendler aus Österreich mit österreichischer Staatsbürgerschaft war 2021 verglichen mit dem Jahr 2008 sogar leicht tiefer, diejenige mit deutscher Staatsangehörigkeit ist hingegen im gleichen Zeitraum um 36 Prozent gestiegen. Die grösste Zuwachsrate verzeichneten mit fast 240 Prozent die Grenzgänger aus Österreich mit «anderer» Staatsangehörigkeit, also nicht aus dem deutschsprachigen Raum. 

Ringen um Arbeitskräfte im ausgetrockneten Markt
Liechtenstein rekrutiert also einen grossen Teil seiner Arbeitskräfte aus dem benachbarten Ausland. Oder aber die liechtensteinischen Unternehmen suchen ihre Arbeitskräfte in einem grösseren Einzugsgebiet und diese nehmen dann aufgrund der liechtensteinischen Einwanderungsbestimmungen meistens Wohnsitz in der Schweiz. Kann dieses Modell angesichts des zunehmenden Arbeitskräftemangels in der Region langfristig noch funktionieren? Im Zukunft.li-Podcast diskutieren Christof Becker von BGP Executive & Specialist Recruiting in Vaduz und Christian Zoll, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Vorarlberg, mit Moderator Sigvard Wohlwend und Doris Quaderer von der Stiftung Zukunft.li über dieses Thema. Sie gehen der Frage nach, wie sich die Situation entwickelt hat, wie sie sich angesichts der zunehmenden Pe nsionierungswelle der Babyboomer-Generation entwickeln wird und wie Unternehmen darauf reagieren.

Den Podcast findet man unter www.stiftungzukunft.li/podcast, iTunes oder Spotify.