«Hauptziel in der Rückrunde ist der Ligaerhalt»

Hinter dem FC Vaduz liegt eine intensive Herbstrunde mit insgesamt 30 Pflichtspielen. In der Challenge League überwintern die Vaduzer auf dem vorletzten Platz, in der Conference League hat man mit dem erstmaligen Erreichen der Gruppenphase Geschichte geschrieben. 

Die Bilanz fällt somit zwiespältig aus. Die lie:zeit hat sich mit Norbert Biedermann, FCV-Vorstandsmitglied und Verwaltungsrat, Ressort Spitzensport, unterhalten.

Der FC Vaduz überwintert auf dem vorletzten Platz, damit kann man sicher nicht zufrieden sein, die Ansprüche waren höher?
Norbert Biedermann: Mit dem Punktestand und dem Tabellenrang sind wir nicht zufrieden, zumal die Zielstellung vor der Saison mit der Erreichung eines der ersten drei Plätze festgelegt und kommuniziert wurde. Dies vor allem auch darum, weil es in dieser Saison zwei fixe Aufsteiger in die Super League gibt und Rang 3 noch die Möglichkeit einer Barrage gegen den Letztklassierten der Super League offenhält. Als ambitionierter Challenge League-Verein haben wir dieses Ziel definiert. Dass die Vorrunde In der Meisterschaft nicht so gelaufen ist, wie wir uns das erhofft hatten, ist enttäuschend, muss aber sicherlich auch im Zusammenhang mit den Erfolgen und Belastungen der Conference League gesehen werden. 

Wo siehst du die Gründe für das enttäuschende Abschneiden in der Meisterschaft?
Rückblickend ist einer der Hauptgründe die Doppelbelastung mit Meisterschaft und der Conference League-Kampagne. Zu Beginn der Qualifikationsspiele gegen Koper und Konyaspor waren die Leistungen in der Meisterschaft nicht schlecht. Wir konnten uns aber für guten Leistungen in aller Regel nicht belohnen, und somit war die Punkteausbeute unter den Erwartungen. Je länger die Conference League-Kampagne dauerte umso schwieriger wurde es, die Konzentration auf die Meisterschaft hochzuhalten. Jeweils am Donnerstag gab es ein internationales Highlight und drei Tage später war bereits das nächste Meisterschaftsspiel angesagt. Diese Doppelbelastung hat sowohl physisch als auch mental enorm viel Kraft gekostet, und zwar bei der Mannschaft und dem Staff.

Hat man zu lange an Trainer Alessandro Mangiaratti festgehalten?
Mit Alessandro haben wir den grössten Erfolg in der Geschichte des FC Vaduz, die Qualifikation für die Gruppenphase in der Conference League, erzielt. Die Erfolge in dieser Kampagne, in Qualifikation und Gruppenphase, haben gezeigt, dass es Alessandro gelungen ist, die Mannschaft exzellent auf die Gegner einzustellen und dabei das Team auch weiterzuentwickeln. Man darf nicht vergessen, dass die Mannschaft insgesamt zwölf Wochen eine Doppelbelastung hatte. Für die sportliche Leitung keine einfache Angelegenheit, zumal dadurch ein ganz normaler Trainingsbetrieb nicht mehr gewährleistet war. Es ging einzig noch um Belastungssteuerung und Regeneration. Dass die Ergebnisse in der Conference League durchwegs gut oder sehr gut waren und die Leistungen in der Meisterschaft nicht genügten, hat sicherlich diverse Gründe. 

In der Challenge-League lief es dem FC Vaduz in der Herbstrunde nicht nach Wunsch. Links im Bild: Verteitiger Gabriel Isik, in der Mitte Nicolas Hasler.

Du hast es bereits angesprochen, in der Conference League hat die Mannschaft ein anderes Gesicht gezeigt. Gibt es dafür eine Erklärung?
Die Doppelbelastung mit Meisterschaft und den internationalen Einsätzen ist auch für grössere Vereine als den FC Vaduz nicht immer einfach zu bewerkstelligen. Die physische und mentale Belastung ist nicht zu unterschätzen, zumal wenn der Kader und die Kaderqualität nicht für solche Gegebenheiten vorgesehen sind. Für unsere Mannschaft gilt, dass die Spiele gegen Konyaspor und dann vor allem gegen Rapid Wien absolute Highlights waren. Dies sowohl in sportlicher als auch in emotionaler Hinsicht. Mit der Qualifikation für die Gruppenphase haben die meisten unserer Spieler etwas Spezielles erreicht, wenn nicht sogar den Höhepunkt ihrer sportlichen Karriere. Den genau gleichen Fokus dann auf die Meisterschaftsspiele zu legen, ist nicht gelungen, obwohl man der Mannschaft und der sportlichen Leitung den Willen dafür nicht absprechen kann. 

 

Mit Alessandro haben wir den grössten Erfolg in der Geschichte des FC Vaduz, die Qualifikation für die Gruppenphase in der Conference League, erzielt. 

Norbert Biedermann,
Vorstandsmitglied und Verwaltungsrat Ressort Spitzensport beim FC Vaduz.

 

So negativ das Fazit in der Challenge League ausfällt, international hat der FC Vaduz für positives Aufsehen gesorgt, wie stufst du das ein?
Ich bin überzeugt, dass der FC Vaduz sehr gute Werbung für das Land Liechtenstein und den Liechtensteiner Fussball gemacht hat. Die Mannschaft hat sich während der ganzen Kampagne von ihrer besten Seite gezeigt und internationale Print- und Online-Medien sind auf den Verein und das Land aufmerksam geworden. Höhepunkt war sicherlich das Spiel auswärts gegen Rapid Wien, welches durch den ORF live zur Primetime übertragen wurde. Auch einzelne Spieler sind medial in den Fokus gerückt und mussten das eine oder andere Interview mehr geben. Viel Lob haben wir immer von unseren Qualifikations- und Gruppengegnern erhalten. Es war schön zu erleben, dass man auf Augenhöhe mit Vereinen wie Rapid Wien oder Alkmaar einen Gedankenaustausch pflegen konnte. 

Was erwartest du vom neuen Trainer und der Mannschaft in der Rückrunde?
Die Mannschaft hat nun die wohlverdiente Pause angetreten und wird sich am 3. Januar 2023 zum ersten Training wieder im Rheinpark treffen. Die Spieler sollen sich nun erholen, haben aber auch ein Athletik-Programm für die Pause mit auf den Weg bekommen. Die Vorbereitungszeit für die Rückrunde ist kurz, und daher müssen die Spieler auch in der Pause an ihrer Fitness arbeiten. Die Erwartungshaltung an den neuen Trainer ist hoch. Er soll bereits einige Erfahrung im Bereich des Profifussballs mitbringen und auch die Challenge League kennen. Weiter erwarten wir die Identifikation mit den Zielen und Werten des Vereins. Trainer, Staff und die Mannschaft stehen vor einer herausfordernden Rückrunde. Als erstes und wichtigstes Ziel gilt die Sicherung des Ligaerhalts. Es hat sich gezeigt, dass die Liga sehr ausgeglichen ist, man sich keine Schwächephasen leisten darf. 

Die Einnahmen aus dem Europacup würden es erlauben, dass man auf dem Transfermarkt nochmals aktiv wird. Wie siehst du das?
Priorität hat derzeit die Verpflichtung eines neuen Trainers. Zusammen mit unserer sportlichen Leitung und dem neuen Trainer wird eine Kaderanalyse stattfinden. Unabhängig davon prüft Sportchef Franz Burgmeier permanent den Markt. Grundsätzlich glauben wir an die Qualität des aktuellen Kaders und sind überzeugt, dass in der Rückrunde positive Resultate möglich sind. Wir werden auch in Zukunft versuchen, entlang unserer definierten Strategie talentierte und ablösefreie Spieler nach Vaduz zu holen. 

Du bist seit einigen Jahren im FCV-Vorstand tätig. Wie sehr macht dir dieser Job Spass und wie gut funktioniert die Zusammenarbeit im Club?
Die Zusammenarbeit im Club funktioniert hervorragend. Präsident, Sportchef und die Mitarbeitenden arbeiten vertrauensvoll mit dem Vorstand und dem Verwaltungsrat zusammen. Diese Konstellation ergibt kurze Entscheidungswege und auftauchende Fragen oder Probleme können schnell und sachgerecht adressiert und dann gelöst werden. Auch im Vorstand gibt es einen respektvollen Umgang miteinander. Es gibt keine Tabuthemen und bei unterschiedlichen Vorstellungen wird zwar hart in der Sache, aber zielgerichtet diskutiert und entschieden. Spass macht die Arbeit im Vorstand und Verwaltungsrat eigentlich immer, aber bei sportlichen Erfolgen lässt es sich leichter arbeiten. 

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