Immobilien- und Hypothekarmarkt in Liechtenstein

Regierungschef Dr. Daniel Risch beantwortet die kleinen Anfragen

Landtag: Kleine Anfragen
an die Regierung

In der Landtagssitzung vom April 2022 stellte die Abg. Norma Heidegger Fragen an die Regierung zu den möglichen Risiken im einheimischen Immobilien- und Hypothekarmarkt. Regierungschef Dr. Daniel Risch beantwortete die Kleine Anfrage.

Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken hat, gemäss Medienmitteilung der Regierung vom 11. Februar 2022, eine europaweite systemische Bewertung von mittelfristigen Risiken im Wohnimmobiliensektor abgeschlossen. In diesem Zusammenhang wurde für den liechtensteinischen Wohnimmobiliensektor, aufgrund der hohen Verschuldung der privaten Haushalte, eine Risikowarnung ausgesprochen. Diese Risikobewertung bestätigt frühere Analysen der FMA. Der FMA-Bericht vom Oktober 2021 zeigt Schlussfolgerungen und mögliche Massnahmen auf, um eine adäquate Risikoüberwachung zu ermöglichen. In einem ersten Schritt sollten vor allem die Datenverfügbarkeit und das Risikobewusstsein gestärkt werden. Mit der Schliessung der Lücken von Immobiliendaten soll die Datengrundlage dann zur Hypothekarkreditvergabe zur Verfügung stehen

Fragen der Abg. Norma Heidegger[1]

  1. Findet eine regelmässige Datenmeldung und Datenerhebung von den betroffenen systemrelevanten Banken statt, um diese Datenlücke zu schliessen und wo werden diese Daten aufbereitet?

  2. Kann aufgrund dieser Daten eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt werden, um festzustellen, ob eine allfällige Empfehlung von verschärften Kreditvergabestandards notwendig ist? Bis wann wird diese Analyse vorliegen?

  3. Bei den Kreditvergaben nehmen die Banken eine zentrale Rolle ein, um die Kreditnehmer über die Risiken einer hohen Fremdfinanzierung aufzuklären und die Möglichkeiten einer schnelleren Amortisation aufzuzeigen. Hier wäre eine gesetzliche Grundlage oder Empfehlung, die in Zusammenarbeit mit den Banken ausgearbeitet werden könnte, denkbar. Wurde diese Begleitmassahme aufgenommen? Wenn ja, wie sieht das weitere Vorgehen zur Umsetzung aus? Wenn nein, wieso nicht?

Antwort des Regierungschefs

 

zu Frage 1:

Die Datenverfügbarkeit zum liechtensteinischen Hypothekarmarkt wurde bereits im Jahr 2015 verbessert, nachdem die FMA die ersten Berichte zum Immobilien- und Hypothekarmarkt veröffentlicht hatte. Seitdem melden Banken beispielsweise die Anzahl und das Volumen der Kredite, welche gemäss internen Richtlinien in den Kategorien Beleihungssatz, Amortisation oder Tragbarkeit ein so genanntes Ausnahmegeschäft («exception-to-policy», ETP) darstellen. Weitere Analysen der FMA, u.a. im jährlichen Finanzstabilitätsbericht, aber auch im letzten Jahr veröffentlichten Bericht zum Immobilien- und Hypothekarmarkt, haben jedoch gezeigt, dass die Datenverfügbarkeit für eine umfassende Risikoanalyse nach wie vor nicht ausreichend ist. Da auch andere europäische Länder dieses Problem kennen, hat der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) im Jahr 2019 eine überarbeitete Empfehlung zur «Schliessung von Lücken bei Immobiliendaten» veröffentlicht. Auf Basis der Analysen der FMA hat der Ausschuss für Finanzmarktstabilität im Jahr 2020 eine Empfehlung ausgesprochen, wie dies in Liechtenstein umgesetzt werden soll. Die FMA arbeitet – in enger Zusammenarbeit mit den Banken – daher bereits seit knapp eineinhalb Jahren an der technischen Umsetzung dieser Empfehlung und hat im letzten Jahr eine entsprechende Wegleitung veröffentlicht. Die ersten detaillierten Daten werden von den Banken mit einem signifikanten Marktanteil im liechtensteinischen Hypothekarmarkt im Laufe dieses Jahres an die FMA gemeldet. Erste Ergebnisse für den Gesamtmarkt können daher gegen Ende des Jahres oder Anfang 2023 erwartet werden. Parallel dazu wurde im Ausschuss für Finanzmarktstabilität auch diskutiert, in welchen Bereichen weitere Verbesserungen der Datenverfügbarkeit wünschenswert wären und auch realisierbar sind.

zu Frage 2:

Ja. Mit den neuen Daten wäre es beispielsweise möglich, bei einer geplanten Massnahme im Detail zu prüfen, welcher Anteil der Kreditnehmer potenziell betroffen wäre, was für eine Kosten-Nutzen-Analyse und die darauf basierende Entscheidung sehr wichtig ist. Eine Analyse basierend auf den neuen Daten ist im ersten Halbjahr 2023 zu erwarten, wenn von den Banken einige Meldungen auf Quartalsbasis eingetroffen sind.

zu Frage 3:

Ja, auch in diese Richtung wurden bereits Schritte gesetzt. Der Ausschuss für Finanzmarktstabilität (AFMS) hat in seiner Sitzung im Dezember 2021 den Auftrag an die FMA erteilt, in Zusammenarbeit mit den Banken bzw. Praxisvertretern einerseits ein gemeinsames Risikoverständnis sicherzustellen, und andererseits mögliche Lösungsansätze zur Adressierung der langfristigen Risiken zu erarbeiten. Die FMA hat dazu eine Arbeitsgruppe eingesetzt, in der neben dem Bankenverband auch die drei national systemrelevanten Banken vertreten sind. Neben den gemeinsamen Gesprächen findet zudem ein bilateraler Austausch zwischen der FMA und den einzelnen Banken statt, um die Kreditvergabepraxis zu analysieren und mögliche Lösungsansätze aus Sicht der Banken zu diskutieren. Das erklärte Ziel aller Beteiligten ist es, die langfristigen Finanzstabilitätsrisiken zu adressieren, ohne dass der Zugang zum Hypothekarmarkt – gerade für jüngere Kreditnehmer – weiter erschwert wird. Erste Vorschläge zur Adressierung der Risiken, z.B. zur Verbesserung des Risikoverständnisses, liegen voraussichtlich gegen Ende des Jahres vor.