Gemeinsame Mobilitäts- und Raumplanungsoffensive

Medienkonferenz betr. der Postulatsvorstellung durch das SGB (Strategisches Begleitgremium) in der Zuschg in Schaanwald: v.l. Daniel Oehry, FBP; Jack Quaderer, DU; Georg Kaufmann, FL; Donath Oehri, IG ML; Johannes Kaiser, IG ML; Herbert Elkuch, DpL; und Dagmar Bühler-Nigsch, VU.

Politik und Bevölkerung zusammen

Es ist ein Novum in der liechtensteinischen Politik, dass der Landtag zu einem wichtigen Zukunftsthema – dem ganzheitlichen Raumplanungs-Mobilitäts-Konzept für Liechtenstein – in Form eines beeindruckenden Schulterschlusses ein Postulat einreicht und damit an die Regierung richtet. Es zeichnet den Landtag und die Regierung aus, die Weichen für die künftigen Generationen in den essenziellen Bereichen der Lebensraumgestaltung und damit in der Wohlfahrtsentwicklung Liechtensteins jetzt im umfassenden Sinn zu stellen. 

Der Ort für die Präsentation des Postulats war passend ausgewählt: An der Zuschg in Schaanwald schlängeln sich tagtäglich die Fahrzeugkolonnen vorbei oder stehen gar ganz. Das Postulat mit dem Titel «Nachhaltiges und ganzheitliches Raumplanungs-Mobilitäts-Konzept für Liechtenstein» soll der problematischen Verkehrssituation in Schaanwald, aber auch überall sonst im Land, wo Anwohner, Unternehmer, Arbeitstätige oder Berufspendler vom Verkehr geplagt sind, Abhilfe schaffen. Es entspricht in seiner Entstehung einer Bottom-up-Bewegung. Nach der Ablehnung der S-Bahn war für die IG Mobiles Liechtenstein der Weg frei, die Mobilitätsthematik von Grund auf neu anzudenken und das seit Jahrzehnten schwelende Thema an der Wurzel zu packen. In vielen Facetten des gesellschaftlichen Lebens, in der Bildung, Wirtschaft, Energie, bei Klima und Umwelt, ist ein Wandel im Gange, der innovatives und neues Denken erfordert. Mobilität ist somit nicht einseitig eine Verkehrsplanung, auf deren Grundlage die Menschen auf althergebrachten Infrastrukturen von A nach B geführt werden, Entwicklungen mit Geboten und Verboten erreicht werden wollen – sondern es geht dabei vielmehr um eine ganzheitliche Betrachtung, um die Lebensraumplanung und die Erreichung einer positiven Transformation, bei der der Gewinn erkannt und begrüsst wird, statt sich über einen allfälligen, kurzzeitig erkennbaren Verlust zu beklagen. 

Grosse, in dieser Form noch nie dagewesene Herausforderungen und Aufgabenstellungen – gepaart mit weiteren, seit längerem drängenden Themenfeldern wie Ressourcenknappheit und Klimawandel – können wir nur gemeinsam bewältigen und lösen. Dieses überfraktionell unterzeichnete Postulat dokumentiert dieses breitgetragene Verständnis und den politischen Willen sowie die gemeinsame überparteiliche Verantwortung für unser Land und dessen Menschen. Es ist ein Zukunftsprogramm von allen – von der Politik und vom Volk gemeinsam.

Mobilität und Raumplanung bilden eine Symbiose
Für die Postulanten hängen Mobilität und Raumplanung sehr eng zusammen und stehen in direkter Wechselbeziehung zueinander. Eine nachhaltige und umfassende Raumplanung kann – dies konnte im Verlaufe der vergangenen Jahrzehnte mit exponentiellem Wachstum in allen Lebensbereichen des Staatswesens festgestellt werden – nur im langfristigen Zeithorizont gesehen werden und tatsächlich geschehen. Somit müssen die Weichen für eine erfolgreiche Bewältigung unserer Mobilitätsbedürfnisse von morgen und übermorgen im Rahmen eines vernetzten Raumplanungs- und Mobilitätskonzeptes gestellt werden.

Die langfristige Erhaltung des eigenen Staatswesens, eines prosperierenden Wirtschaftsstandortes mit guten Arbeitsplätzen sowie gesicherten Staatseinnahmen zur Erhaltung der Volkswohlfahrt, mit guter Lebensqualität und gesicherten Sozialwerken, für uns in der gegenwärtigen Zeit wie für die kommenden Generationen, betrifft alle Einwohnerinnen und Einwohner gleichermassen. 

Was alle betrifft, können nur alle gemeinsam lösen
Sehr viele Vorarbeiten wurden in vielen Jahren und gerade auch in der letzten Zeit von der Politik auf Landes- und Gemeindeebene bereits geleistet. Es geht jetzt darum, dass diese Vorarbeiten entschlossen, mutig, zielbewusst und vor allem gemeinsam, an einem Strick in gleicher Richtung ziehend, in einem nationalen Schulterschluss angegangen, weiterentwickelt und umgesetzt werden. Dazu haben sich die Landtagsfraktionen der DpL, FBP, FL sowie VU und auch die Partei DU zusammengefunden. Sie sind sich einig, dass die beschriebenen Herausforderungen der Mobilität der Zukunft nur in einem starken Schulterschluss der ganzen Bevölkerung, zusammen mit dem Fürstenhaus, mit der Regierung, mit dem Landtag, mit den Gemeinden, mit der Wirtschaft und mit vielen weiteren betroffenen Institutionen und Einrichtungen gemeistert werden können. Dieses Postulat soll den entscheidenden Impuls zu einem solchen grossen, von einer breitest möglichen Basis der Bevölkerung getragenen Entwicklungsprozess geben und damit eine echte langfristige Partizipation eröffnen. 

Herausforderungen und deren beabsichtige Bewältigung
Liechtenstein hat mit 160 Quadratkilometern Landesfläche und rund 18 Quadratkilometern effektiver Siedlungsfläche einen sehr begrenzten Raum. Liechtenstein hat schöne Landschaftsflächen und Naturräume, auf die alle stolz sind und die auch langfristig erhalten werden müssen. Liechtenstein verfügt über einen starken und diversifizierten Wirtschaftsstandort, der sich in der zukünftigen Wirtschaftswelt behaupten und sich dauernd transformieren sowie weiterentwickeln muss. Die Wirtschafts- und Bevölkerungsentwicklung hat dazu geführt, dass bereits heute ein anhaltend höherer Druck auf den Siedlungsraum zu erkennen ist, sich ein permanent steigerndes und in Zukunft noch verschärftes Verkehrsproblem zuspitzt und gewisse Haupt- und teils auch Quartierstrassen, Ortsdurchfahrten und Dorfzentren mit ihren Anwohnern sehr stark vom Verkehr belastet sind. Während man unser Land mit den schönen Landschaften noch gerne als ländlichen Raum bezeichnet und wir uns diesen vor allem wünschen, sind wir im Bereich der Mobilität bereits in städtischen Verhältnisniveaus angelangt. Diese städtischen Verhältnisse werden in den nächsten Jahren – ob wir wollen oder nicht – sicherlich noch deutlicher sichtbar und das Land in vielen Belangen die typischen Charaktere einer Agglomeration aufweisen. 

Wenn unser schöner Landschaftsraum langfristig erhalten werden und gleichzeitig der Wirtschaftsstandort erfolgreich gesichert sein soll, sind in Sachen Mobilität nicht ländliche Lösungsansätze, sondern allenfalls städtische Lösungswege zu beschreiten.

Boden: das rarste Gut in der Raumplanung
Die Zukunft muss in der Schaffung eines ausgezeichneten öffentlichen Verkehrsangebotes im Landesinnern und auch in der regionalen sowie internationalen Vernetzung nach aussen liegen. Trotzdem sollen die verschiedenen Verkehrsmittel nicht gegeneinander ausgespielt werden. Es soll in einer Offensive ein kompaktes Verkehrssystem sowohl für den öffentlichen Verkehr als auch für den motorisierten Individualverkehr geschaffen werden. Da Liechtenstein über eine kleine Landesfläche verfügt, sollen mit neuen Trassees für den öffentlichen Bahn- und den motorisierten Individualverkehr keine neuen Landschaftsflächen tangiert oder zerschnitten werden. 

Es sollen im Gegenteil der Natur, der Landschaft, den Menschen und den Tieren Flächen und Werte zurückgegeben werden. Zusätzlich sollen dafür Korridore gewählt werden, die – wenn irgendwie möglich – bereits im öffentlichen oder halböffentlichen Eigentum stehen. 

Diese aufgezeigten Erwartungen können nur erfüllt werden, wenn neue Trassees für den öffentlichen wie auch für den motorisierten individuellen Verkehr möglichst kompakt beieinander und überdeckt und/oder in die Erde abgesenkt verlaufen und somit für Mensch und Natur nicht trennend und belastend wirken. Mit solchen Verkehrskorridoren wird an der Oberfläche Platz geschaffen. Es entsteht nur auf diese Weise der Raum, um alle bestehenden Strategien, Leitbilder, Richtpläne und Konzepte auch wirklich umsetzen zu können. 

Partizipation der Bevölkerung – von Jung und Alt
Nachhaltige und ganzheitliche Zukunftsentwicklungen können nicht allein an die Politik delegiert werden. Das Erreichen dieser essenziellen Ziele der Gestaltung der Zukunft von morgen und übermorgen beginnen mit den Entscheidungen von heute. Ein Zukunfts- und Generationenprojekt in einer innovativen Miteinander-Spirale – nach oben gerichtet – bedeutet in erster Linie Kommunikation. Der gemeinsame Schulterschluss der Politik, aller 25 Landtagsabgeordneten, heisst auch, die Menschen in diesem Land Liechtenstein – Jung und Alt, verschiedenste Berufsgruppen, Denkweisen, Anliegen und Ideen zur Gestaltung der Zukunft von morgen und übermorgen – zu hören, sie partizipieren zu lassen, sie miteinzubeziehen und sie in der Verantwortung sowie der Gestaltung unserer Zukunft aktiv mitzunehmen. 

Die Postulanten bzw. das Strategische Begleitgremium, bestehend aus je einer Person jeder Landtagsfraktion und einer Person der Partei DU wie auch aus zwei Mitgliedern der Interessensgemeinschaft Mobiles Liechtenstein als Koordinatoren, werden diesbezüglich in der Kommunikation und Einbindung der Bevölkerung ebenfalls neue Wege gehen. Die Regierung kann sich diese Dynamik und diesen Wandel in der Denkweise als entscheidendes Exekutivorgan gewinnbringend zu eigen machen und so von der Unterstützung sowie dem gemeinsamen Ziehen am gleichen Strick im Sinne der positiven und nachhaltigen Entwicklung des Landes profitieren. 


 

Eckpunkte des gesamtheitlichen Raumplanungs- und Mobilitätkonzeptes

  • Umfassendes und nachhaltiges Raumplanungs- und Mobilitätskonzept für
    Liechtenstein
  • Lösung der Mobilitätsherausforderungen in Liechtenstein und andererseits im
    regionalen Anschluss
  • Nachhaltige Lösungen für ÖV, MIV und Langsamverkehr (Fuss- und Radverkehr) im
    Inland wie auch deren Erreichbarkeit vom Ausland; Einbindung Vertaktung der
    ÖV-Netze (Bahn/Bus) lokal, regional und überregional
  • Langfristige Sicherstellung des Wirtschaftsmotor Liechtensteins und damit des
    Lebensstandards sowie der sozialen Absicherung 
  • Wenn möglich, keine Zerschneidung von Landschaftsräumen und Grünräumen durch neue offene Trassen/Strassen; damit einhergehend keine neuen offenen Verkehrs-
    führungen, kein Verlust an Landschaftsflächen/Landwirtschaftsflächen; stattdessen Rückgewinnung von Flächen für den Menschen, Natur und Landschaft
  • Entlastung der Menschen vom Lärm durch Schienen- oder Strassenverkehr; Entlastung von heute belasteten Zentren und Strassen durch unterirdische/unterflurig überdeckte Verkehrskorridore   
  • Wahl von Lösungen und Korridoren, die möglichst keinen Privatgrund benötigen,
    sondern bereits im öffentlichen Eigentum stehen respektive durch geringfügige
    Umlegungen und Arrondierungen verfügbar gemacht werden können 
  • Raumplanungs- und Mobilitätskonzept schafft wirklichen Raum zur umfassenden und nachhaltigen Umsetzung des Mobilitätskonzeptes 2030, des Raumkonzeptes 2020, des Entwicklungskonzeptes Liechtensteiner Unterland und Schaan und die Basis zur Realisierung einer umfassenden und nachhaltigen Raumplanung.
  • Neben diesem nachhaltig angestrebten Win-Win-Generationenprojekt notwendige Quick-Wins laufend erkennen und implementieren, ohne den ganzheitlichen
    Zielbogen zu behindern bzw. für die Zukunft zu verbauen