Weibliche Beschneidung in Liechtenstein strafbar

Information der Liechtensteinischen Staatsanwaltschaft

Wie Dr. Robert Wallner, Leitender Staatsanwalt, Vaduz, in einem Pressekommuniqué heute verlauten lässt, sei in Liechtenstein nach seiner Erinnerung bisher kein Fall einer weiblichen Genitalverstümmelung (FGM) angezeigt. Vor dem Hintergrund der in der Schweiz bekannten Zahlen ist aber davon auszugehen, dass solche Taten auch in Liechtenstein vorkommen.

FGM ist in Liechtenstein (zumindest) als schwere Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 StGB strafbar. Es handelt sich um ein Verbrechen mit einem Strafrahmen von 6 Monaten bis 5 Jahren Freiheitsstrafe. Gemäss § 90 Abs 3 StGB kann in eine Verstümmelung oder sonstige Verletzung der Genitalien, die geeignet ist, eine nachhaltige Beeinträchtigung des sexuellen Empfindens herbeizuführen, nicht eingewilligt werden.

Im Ausland durchgeführte Genitalverstümmelungen sind in Liechtenstein gemäß § 64 Abs 1 Z 4a StGB ohne Rücksicht auf die Gesetze des Tatorts strafbar, wenn

  1. a) der Täter oder das Opfer Österreicher ist oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, oder
  2. b) durch die Tat sonstige liechtensteinische Interessen verletzt worden sind oder
  3. c) der Täter zur Zeit der Tat Ausländer war, sich in Österreich aufhält und nicht ausgeliefert werden kann.

Das bedeutet, dass sich in Liechtenstein wohnhafte Eltern, die mit ihrer Tochter in die Heimat fahren, um die Beschneidung dort durchführen zu lassen, strafbar machen.

Die Verjährungsfrist (5 Jahre oder 10 Jahre, je nach Sachverhalt) nach einer Genitalverstümmelung beginnt erst ab dem 28. Lebensjahr des Opfers zu laufen (§58 Abs 3 Z 3 StGB), wenn das Opfer zum Zeitpunkt der Tat minderjährig war.