Steuerliche Diskriminierung von über 40 Prozent ist nicht tolerierbar

Die Landtagsabgeordneten Johannes Kaiser und Karin Zech-Hoop zur FBP-Motion: «Die steuerliche Diskriminierung von über 40 Prozent unserer Einwohnerschaft in Liechtenstein muss möglichst rasch beseitigt werden.»

Die Landtagsabgeordneten Karin Zech-Hoop und Johannes Kaiser

Der Staatsgerichtshof-Entscheid vom Oktober 2020, wonach bei den im Ausland wohnenden EWR-Angehörigen, die in Liechtenstein im Öffentlichen Dienst arbeiten, der tiefste Gemeindesteuerzuschlag zur Anwendung gelangt – also 150 Prozent, erzeugt gegenüber 41 Prozent der Bevölkerung eine Inländerdiskriminierung. Mit unserem Motionsauftrag an die Regierung wollen wir diesen Missstand beseitigen.

Der Staatsgerichtshof-Entscheid sorgte nach Inkrafttreten in der Oktobersession des Landtags (2021) über die Parteigrenzen hinweg für scharfe Worte, dass man nämlich dieser Inländerdiskriminierung absolut kein Verständnis entgegenbringe und dass diese nicht tolerierbar sei. Doch blieb es lediglich bei dieser Rhetorik und erstaunlicherweise ergriff die Regierung keine Initiative, die betroffenen Einwohnerinnen und Einwohner – es sind dies 16‘000 und damit 41 Prozent der Bevölkerung – von dieser steuerlichen Schlechterstellung zu befreien.

Inländer zahlen bis zu 30 Prozentpunkte höhere Gemeindesteuerzuschläge
Die besagten EWR-Dienstnehmer, die als Grenzgänger im Öffentlichen Dienst in Liechtenstein arbeiten, kommen in den Genuss des tiefsten Gemeindesteuerzuschlags von 150 Prozent, währenddem die Einwohnerinnen und Einwohner in Balzers mit einem viel höheren Gemeindesteuerzuschlag von 170 Prozent, in Eschen und Mauren gar mit 180 Prozent sowie in Ruggell mit 175 Prozent belastet werden.

Für die FBP ist diese Inländerdiskriminierung nicht trag- und vertretbar, und so haben wir diesen Auftrag in Form einer Motion an die Regierung lanciert, eine Lösung zu erarbeiten, dass diese zwei Drittel der liechtensteinischen Bevölkerung in ihrer eigenen Heimat nicht steuerlich benachteiligt werden. Dies ist möglich, wenn den betroffenen Gemeinden Balzers, Eschen, Mauren und Ruggell die Möglichkeit geboten wird, bei EWR-Staatsangehörigen und der einheimischen Bevölkerung denselben Gemeindesteuersatz in Anwendung zu bringen, nämlich 150 Prozent.

Die Schere der Steuerkraft der Gemeinden klafft immer mehr auseinander
Das Manna ist in Liechtensteins Gemeinden unterschiedlich verteilt, und die Schere der Steuerkraft geht innerhalb der Gemeinden stets weiter auseinander. Bei der Sanierung des Staatshaushaltes leisteten die Gemeinden in den letzten zehn Jahren einen Löwenanteil, wobei gerade die Finanzausgleichsgemeinden besonders hart getroffen wurden. Die Finanzausgleichszahlungen des Landes an die Gemeinden liegen heute um 40 Millionen tiefer als im Jahr 2011. Die Gemeinden Balzers, Eschen, Mauren und Ruggell erhalten heute jährlich CHF 26 Mio. weniger Finanzausgleich als vor zehn Jahren! Eine Absenkung des Gemeindesteuerzuschlags auf 150 Prozent ist für sie deshalb finanzpolitisch nicht tragbar.

Wie erreichen wir mindestens eine Gleichbehandlung der inländischen Steuerzahler?
Die FBP-Motion offeriert der Regierung einen Lösungsvorschlag, wie diese Inländerdiskriminierung beseitigt werden kann. Der Motion liegt eine klare Analyse zu Grunde sowie ein systematischer Lösungsansatz, ausgehend von der realen Steuerkraft und unter Berücksichtigung der Steuerentwicklung in den betroffenen Gemeinden. Es geht hierbei nicht um eine Generalrevision des komplizierten Finanzausgleichssystems, sondern allein um eine pragmatische und kurzfristig realisierbare Massnahme, die steuerliche Benachteiligung in den Gemeinden Balzers, Eschen, Mauren und Ruggell zu beseitigen. Die Finanzierung erfolgt hauptsächlich durch eine Korrektur bei den Ertragssteueranteilen mit einer horizontalen Ausgleichswirkung, welche von den Gemeinden getragen wird. Ein solcher Ausgleichsansatz wurde von den Gemeinden bereits im Februar 2020 in einer Stellungnahme zum Finanzausgleichsgesetz und Steuergesetzt in Vorschlag gebracht.

Der Regierung und der Landtag haben es in der ersten Arbeitssitzung des Landtags im März 2022 in der Hand, der Inländerdiskriminierung entgegenzutreten, und es ist zu hoffen, dass diese Motion an die Regierung überwiesen wird – und dass die Regierung die gesetzliche Implementierung möglichst rasch zum Ziel bringt.