Johannes Kaiser: Votum im Landtag zum Jagdgesetz

Johannes Kaiser, Landtagsabgeordneter

 

Der FBP-Abg. Johannes Kaiser hat sich u.a. in der September-Session des Landtags auch zum Jagdgesetz geäussert. Lesen Sie nachstehend sein  Votum:

Ich bedanke mich vorweg meiner Ausführungen zum Bericht und Antrag der der Regierung zum Jagdgesetz für die sehr guten sowie informativen Gespräche, die ich mit Fachleuten, Jägern und Förstern im Vorfeld dieser wichtigen Thematik im Landtag führen durfte.

Ganzheitliche Betrachtungsweise

Ich stelle bei meinen Ausführungen zu diesem Thema eine Präambel voraus, da wir die diversen thematischen Bühnen – nämlich die Waldverjüngung, der Lebensraum für das Wild, die Wildbejagung, den Wald als Holz-Wirtschaftsraum und mit seiner wichtigsten Funktion als Schutzwald – nicht isoliert  betrachten dürfen. Wir müssen uns generell vor Augen halten, dass wir uns mit einem Thema befassen, dass mit Mensch, Tier und Natur zu tun hat, und dies erfordert eben ein ganzheitliches Denken – alles ist miteinander verbunden.

Was auf einem Blatt Papier mit Zahlen, Tabellen und Skizzen noch passabel aussieht, ist nicht gleichbedeutend, dass es in der Natur draussen funktioniert. Wir müssen mit der Natur und mit den Lebenskräften, die sich in diesem Lebensraum aufhalten und in ihm leben, denken – und der Rechenschieber ist dabei das falsche Instrument, Pläne zu schmieden.

Wald- und Berglandschaft ist Freizeitraum des Menschen

WER dehnt sich immer mehr aus und WER sorgt für die Übernutzung des Lebensraums Wald und Grünzonen? Mit Übernutzung oder starker Nutzung meine ich nicht alleine die wirtschaftliche Nutzung des Rohstoffs Holz, oder die essenzielle Nützlichkeit des Schutzwaldes, um unsere Wohngebiete zu schützen.

Unsere Siedlungsgebiete reichen vielfach an die Waldesnähe und sind in der Tallandschaft zusehends mehr versiegelt. Sie sind in Menschenhand und so wird das Wild buchstäblich in den Wald gedrängt. Der Mensch nutzt nicht nur die Tallandschaft, sondern auf immer intensivere Weise die Wald- und Berglandschaft als Erholungsraum. Die Freizeitgestaltung in Form von Spazieren, Joggen, Wandern, Biken usw. hat sich zusehends in den Wald und in die Berge verlagert. Es ist eben ein wunderbarer Lebensraum.

Was bedeutet das für die Waldbewohner – das Wild?

Was passiert durch diese viel intensivere Nutzung dieses Erholungsparks namens Riet und Wald durch uns, durch die Menschen? Das Wild wird immer mehr verdrängt, es wird aufgescheucht und es wandert von Ort zu Ort. Wir wissen, dass mehr Stress, mehr Unruhe, mehr Hektik für das Wild dazu führt, dass die wildverursachten Schäden wie Verbiss usw. grösser werden!  Je mehr Unruhe und Stress für das Wild, desto grösser wird das Schadenspotenzial durch Verbiss.

In diesen Ausführungen steckt kein Vorwurf – an niemanden. Diese Ausführungen sollen jedoch aufzeigen, dass es nicht noch mehr Stress für das Wild in seinem Lebensraum – der auf diese Weise schon sehr eingeschränkt und beengt ist – erträgt.

Also – wir alle sind mitten drin – auf dieser Bühne des Wald-Lebensraums.

Zum Schutzwald:

  • Da handelt es sich um Intensiv-Bejagungsgebiete.
  • Das sind Waldungen, die eine Verjüngung benötigen und da muss das Wild «raus».
  • Im benachbarten Vorarlberg wird anstelle des Begriffs «Intensiv-Bejagungsgebiete» die Bezeichnung «Freihaltezonen» verwendet. Diese Zonen sind, wie es klar ausgedrückt ist, vom Wild «frei zu halten».
  • Diese Zonen mit prioritärer Waldschutz-Funktion wie im Steg, in Triesenberg, im Tisner Tobel und im Schwefelwald in Vaduz sind vom «Wild» halt wirklich frei zu halten.
  • Um das Wild in diesen Freihaltezonen fern zu halten, gibt es nicht nur das ultimative Bejagen. Es gibt auch andere Möglichkeiten dazu. Schauen Sie diesbezüglich in die Kantone der benachbarten Schweiz oder ins benachbarte Vorarlberg.
  • Der Begriff «Freihaltezonen» birgt nicht die Assoziation einer Schützenwiese oder eben die gegenüber Lebewesen unschöne Bezeichnung «Inteniv-Bejagung», was nach Abschuss-Hysterie tönt. Ich möchte sehr beliebt machen, in diesem Kontext diesen Begriff «Freihaltezonen» in die Gesetzesvorlage aufzunehmen.

Zum 3-Phasensystem:

  • Die Massnahmen des 3-Phasensystems sehe ich nicht nur problematisch, aus meiner Sicht sind sie aus ethischen und Tierschutz-Überlegungen nicht vertretbar.
  • Dieses 3-Phasen-Modell mit den ausgeweiteten Wild-Bejagungszeiten lehne ich ab.
  • Wer sich mit der Tierkunde und dem Biorhythmus der Wildtiere befasst, muss zum Schluss kommen, dass insbesondere die Phasen mit den ausgedehnten Bejagungszeiten sich gegen die Natur – gegen den Biorhythmus der Wild-Lebewesen – richtet.
  • Ich spreche von der Aufhebung der Schonzeiten, Aufhebung des Muttertierschutzes, die problematische Nachtjagd auf Schalenwild mit Nachtsichtgeräten (trotz verbesserter Technik, mit der hier bagatellisiert werden will) – das geht mit mir nicht.
  • Dies bringt massiv weitere Beunruhigungen in die ohnehin schon beengten Lebensräume des Waldes.
  • Und was bewirken wir mit der Beunruhigung, mit der Stresserzeugung? Die Schäden am Wald steigen erheblich. Also erreichen wir exakt das Gegenteil!
  • Zudem finde ich die Wildhut-Autorisierung in diesen gesetzlichen Passagen gegenüber den Jagdpächtern mit den entsprechenden Weisungsbefugnissen nicht zielführend, nicht passend und sie widersprechen der Grundidee der Jagd-Verpachtungen und dem Verantwortungs- sowie Aufgabenbereich, den die Jagdpächter mit ihren vertraglichen Vereinbarungen erfüllen.

Zur Wildhut:

  • Die Wildhut ist eine gute Ergänzung und kann sich positiv einbringen, wenn sie mit den richtigen Kompetenzen ausgestattet wird.
  • Die Wildhüter sollen die Jagdpächter und Jagdaufseher entlasten. Diese Möglichkeit gibt es in zahlreichen Handlungsfeldern wie z.B. bei der Bearbeitung von Wildunfällen, bei Tieren, die sich in Siedlungsgebieten aufhalten, bei sogenannten Neozoen und nicht jagdbaren Arten usw.
  • Was aus meiner Sicht kontraproduktiv ist, sind die gesetzlich vorgeschlagenen Kompetenzen der Wildhüter, die sich mit den Pachtvertrags-Bedingungen nicht vereinbaren lassen – die dem Jagdpächter-Code zuwider gesetzt sind.

Freie Wildbewegungen von Vorarlberg und Graubünden

Gerne würde ich noch weitere Ausführungen machen – insbesondere auf die geografische Situation mit der Kleinräumigkeit Liechtensteins und den dauernden Zu- und Abwanderungen des Wildes in die Kantone Graubünden und St. Gallen sowie von und nach Vorarlberg. Diese geografische Einbettung stellt viele weitere Fragen, die sich mit der grenzüberschreitenden Koordination und Zusammenwirken befassen. Diese Thematik ist ebenfalls zu berücksichtigen. Die Gesetzesvorlage spiegelt diese Zusammenhänge der Ursachen und Wirkung der Wildbewegungen in den Grenzregionen zu Vorarlberg und Graubünden zu wenig.

Landtag trägt grosse Verantwortung gegenüber der Natur und Tieren

Wir alle tragen mit diesem Jagdgesetz eine sehr grosse Verantwortung für den Lebensraum Wald. Aus meiner Sicht sind die obig aufgeführten Punkte bezüglich den Freihaltezonen (Schutzwaldungen), dem Canceln des vorgeschlagenen 3-Phasensystems sowie der klaren Definition der staatlichen Wildhüter, wenn solche als Staatsjäger vollamtlich angestellt werden, bis zur 2. Lesung umzusetzen. Nur dann kann dieser Jagdgesetzes-Revision meine Zustimmung geben.