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«Ich mache keine Politik im stillen Kämmerlein»

Daniela und Karlheinz Ospelt bilden auch Lehrlinge aus. Das Bild zeigt sie mit Lehrling Tobias, der nach der Matura eine KV-Lehre begonnen hat.

Daniela Ospelt ist Personalberaterin, Gemeinderätin von Vaduz und auch als Erwachsenenbildnerin tätig. Neben ihrem Einsatz im Beruf und für die Gemeinde ist sie gerne draussen in Bewegung und kümmert sich um ihre Landschildkröten.

Sie sind als Ausbildnerin wie auch in der Beratung und als Unternehmerin im Personalwesen tätig. Was gefällt Ihnen an Ihrer Tätigkeit?
Daniela Ospelt:
Dadurch, dass ich mit meinen beiden Unternehmen unterschiedliche Schwerpunkte habe, bringt das viel Abwechslung in meinen Arbeitsalltag – und das gefällt mir. Einerseits ist da die FIDUCIA mit der Unternehmensberatung und damit verbunden beispielsweise Lohnadministration oder arbeitsrechtliche Abklärungen. Auf der anderen Seite die BEOS, mit welcher wir Firmenseminare und Coachings anbieten und mit der ich auch als Fachdozentin an unterschiedlichsten Weiterbildungsinstituten tätig bin. Der Kontakt zu verschiedenen Unternehmen und vielen Menschen ist dabei unglaublich vielfältig und bereichernd. 

Sie sind seit vielen Jahren selbständig. Was waren dabei die grössten Herausforderungen für Sie?
Ich habe 2003 mein erstes Beratungsatelier in Buchs gegründet – mit der Idee des umfassenden Coachings von Stellensuchenden. Die Grundlage dafür war 2002 meine Diplomarbeit über die Beratung von Langzeitarbeitslosen. Ich hatte 1000 Ideen. Nicht alle waren umsetzbar. Und bis heute habe ich immer noch neue Ideen, aber nur die besten verfolge ich weiter. So tun sich immer wieder neue Felder auf. Ich denke, der Spruch «wenn eine Tür zugeht, geht eine neue Tür auf» stimmt bei mir zu 100 Prozent. 

Was fasziniert Sie so am Personalwesen beziehungsweise an der Stellenvermittlung?
Das Personalwesen ist eine sehr vielseitige Branche. Für mich ist es immer eine menschlich-organisatorische Aufgabe: Wir haben stets auch administrative Themen zu bearbeiten. Dabei kommt der Kontakt zu Menschen nie zu kurz. Die Stellenvermittlung selbst ist ein sehr spannender Bereich, da es für mich immer ein Ziel ist, den Menschen eine berufliche Perspektive zu bieten. 

Wie haben Sie in Ihrer beruflichen Tätigkeit die Auswirkungen der Pandemie erlebt?
Die grösste Umstellung war sicher der Wechsel vom Präsenz- zum Onlineunterricht in den Bildungszentren. Die gesamte Unterrichtsplanung umzustellen, war für alle Dozenten ein riesiger Aufwand. Aber rückblickend hat sich dieser auch gelohnt. Ich konnte in der Pandemie neue Projekte umsetzen und als festen Bestandteil in unser Angebot aufnehmen. 

Was zum Beispiel?
Beispielhaft sind unsere neuen Zwei-Stunden-Online-Fachseminare, die sehr gut angenommen wurden. Wir begegneten aber auch im Fachbereich Lohn neue Aufgaben und Herausforderungen, die auf uns zukamen, wie beispielsweise das ganze Thema rund um die Kurzarbeit. 

Ab August ist Ihr Unternehmen auch ein Lehrbetrieb. Freuen Sie sich auf diese neue Aufgabe?
Ja, auf jeden Fall. Ich durfte von 1992 bis 2007 schon Lernende ausbilden und begleiten. Ursprünglich war nicht angedacht, dass wir wieder Lernende nehmen – mit unserem Lehrling Tobias hat sich jedoch eine gute Möglichkeit ergeben, da er bei uns bereits ab und zu in den Ferien ausgeholfen hat. Er hat für die Zeit nach seiner Matura eine Möglichkeit für ein bis zwei Jahre gesucht, um sich als Kaderathlet des Liechtensteiner Skiverbands neben der Arbeit auf den Leistungssport konzentrieren zu können. Ein Studium steht ihm später immer noch offen. Aus Gesprächen und Abklärungen hat sich die Möglichkeit der KV-Lehre ergeben. Durch seine Wirtschaftsmatura wird er von vielen Schulfächern befreit und so kann er in zwei Jahren die Ausbildung zum Kaufmann im E-Profil absolvieren. Er hat mehr Zeit für sein Training, und wir können ihn flexibel im Betrieb einsetzen. 

Was haben Sie beruflich noch für Ziele?
Mein Ziel ist es, dass wir uns fachlich noch stärker auf dem Markt etablieren und dazu einen Download-Shop mit Fachliteratur speziell für das Human Resources Management in Liechtenstein anbieten. Ein Teil ist bereits realisiert, aber es ist noch nicht so, wie ich es mir vorstelle. In diesem Zusammenhang wird Tobias sicher ein grösseres Projekt zu bearbeiten haben.  

Als Vorstandsmitglied der VU-Ortsgruppe Vaduz möchten Sie, wie es heisst, Vaduz wieder mehr «in Bewegung bringen und zum Treffpunkt aller Generationen machen». Haben Sie dafür bereits konkrete Ideen oder konnten sogar schon etwas umsetzen?
Ich bin im Moment sehr aktiv in unserer Ortsgruppe. Wir haben ein «rotes Sofa» gekauft und begonnen, mit diesem in die Quartiere zu gehen, um dort die Leute vor Ort zu treffen und uns auszutauschen. Es ist wichtig für uns, dass Menschen aller Generationen in Bewegung kommen, wir auf sie zugehen und ihnen zuhören. Mir persönlich ist es wichtig, dass man mich als Gemeinderätin wahrnimmt, die für die Einwohnerinnen und Einwohner sowie ihre Anliegen da ist, ihre Themen ernst nimmt und nicht Politik im stillen Kämmerlein macht. 

Was bedeutet Ihnen Vaduz?
Ich bin in Vaduz und in Sevelen aufgewachsen und auch Bürgerin von beiden Gemeinden. Ich war einige Jahre im LC Vaduz als Leichtathletin aktiv, und seit 2003 bin ich wieder in Vaduz wohnhaft. Vaduz bedeutet für mich Heimat. Mir gefällt der Ort und alles, was mit Vaduz zu tun hat. Vaduz bietet sehr viel: Wir haben Kunst, Kultur, Sport, eine tolle Gastronomie und auch ein wenig städtisches Flair – Vaduz hat Charme und Charakter, auch wenn dieser wieder ausbaufähig ist.   

Sowohl Sie als auch Ihr Mann sind top ausgebildet und waren beruflich beide sehr engagiert. Was bedeutete das für Ihre Partnerschaft?
Wir ergänzen uns ideal. Ich habe ab und zu Aufträge, bei denen ich seinen fachlichen Input brauche und so ungemein von seinem Wissen profitieren kann. Karlheinz ist kritisch, aber sehr konstruktiv. Ich gebe ihm beispielsweise immer gerne meine Seminarskripte zum Lesen und bekomme ein realistisches Feedback von ihm. So bin ich mir sicher, was ich meinen Seminarteilnehmern zumuten kann. Wir haben einige Felder im beruflichen Bereich, in denen wir ähnliche Themen abdecken. In der Partnerschaft erachten wir dies als Ergänzung und auch bereichernd. Wir wissen beide, was der andere macht, und wir können uns 100-prozentig aufeinander verlassen und gegenseitig unterstützen. 

Bleibt Ihnen trotz ihres beruflichen und politischen Engagements noch Zeit für sich? Und falls ja: Wie nutzen Sie diese am liebsten?
Ich schaffe mir aktiv Freiräume, sonst wäre die Gefahr zu gross, immer irgendetwas zu arbeiten – grade auch, weil ich mein Büro unmittelbar angrenzend an unser Wohnhaus habe. Ich habe mir fixe Arbeitszeiten angewöhnt, und es gibt nur wenige Wochenenden, an denen ich in der Schule eingeteilt bin oder arbeiten muss. Am liebsten bin ich zu Hause, bei schönem Wetter im Garten. Wir haben ein grosses Landschildkröten-Gehege und auch schon Babyschildkröten nachgezüchtet. Das ist im Sommer ein intensives Hobby. Ein grosser Teil meiner Freizeit ist mit Sport belegt: mountainbiken, laufen und im Sommer auch regelmässig schwimmen. 

Wie sind sie auf Landschildkröten als Haus- beziehungsweise Gartentiere gekommen?
Meine Eltern haben auch Schildkröten, und ich bin mit diesen Tieren aufgewachsen. Als wir dann selbst ein Haus mit Garten hatten, nahmen wir vor über zehn Jahren eine ausgesetzte Schildkröte auf. Daraus hat sich dann unsere eigene Schildkrötenfarm entwickelt. 


Kurz gefragt 

Wie starten Sie den Tag? Mit Frühstück und der Lektüre von Zeitungen. 

Was schätzen Sie an Ihrer Wohngemeinde? Die Vielfältigkeit, die Kleinheit und dass Vaduz vieles bieten kann. 

Welches ist Ihr liebster Ort in Liechtenstein? Mein Zuhause an der Bartlegroschstrasse.

Welches Buch liegt derzeit auf Ihrem Nachttisch? Nach vielen Jahren lese ich im Moment mal wieder «Früchte des Zorns» von John Steinbeck.

Ein Lieblingszitat? «Sobald der Geist auf ein Ziel gerichtet ist, kommt ihm vieles entgegen.» (Goethe)

Ein Reiseziel, das Sie noch interessieren würde? Ich habe kein konkretes Reiseziel. Am liebsten machen wir Wanderferien oder gehen spontan irgendwo hin. Der Verzicht auf Flugreisen steht bei uns im Vordergrund.  

Was wünschen Sie sich für die Zukunft? Es wäre schön, wenn wir bald wieder normal leben könnten und uns nicht mehr mit den Massnahmen einschränken müssten. Ich fände es aber auch wünschenswert, wenn die Menschen aus der Corona-Pandemie gelernt hätten, dass wir nicht immer und ständig unterwegs sein müssen. Und: Wir müssen uns ernsthafte Gedanken über die Ressourcen der Erde machen. 

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