«Das Jagdgesetz soll angepasst werden»

Das Interview vom vorletzten Sonntag mit Martin Seger, Präsident des Ökologischen Jagdvereins über die Abänderung des Jagdgesetzes wirft hohe Wellen. Anton Eberle, langjähriger Pächter und Jagdaufseher, möchte hier einige Fakten klarstellen.

Martin Seger berichtet von einer aggressiven Kampagne gegen die geplante Jagdgesetzänderung seitens der Liechtensteiner Jägerschaft. Die Kampagne beruhe auf Halbwahrheiten. Er nennt zwar keine konkreten Halbwahrheiten – er stellt die Aussage einfach so in den Raum. Es ist nicht meine Absicht ein Ping-Pong-Spiel mit Herrn Martin Seger zu lancieren, sondern es geht mir darum, ein paar von vielen Fakten, die nicht zutreffen, klarzustellen und ins rechte Licht zu rücken.

Das Jagdgesetz stammt aus dem Jahre 1962. Herr Seger erwähnt im Interview, das Gesetz sei nicht mehr zeitgemäss, da es aus einer Zeit stamme, in der es bei uns «kaum mehr Rotwild gab». Ich weiss nicht, woher Seger diese Information erhielt. Denn im Jahre 1962 hütete ich für die Alpgenossenschaft Guschgfiel auf der Alpe Matta das Galtvieh. Abends, als wir jeweils vor der Guschgfieler Hütte sassen, beobachteten wir das auf die Weide ziehende Rotwild. Das grösste Rudel, das Ende Juli 1962 eines abends austrat, umfasste 62 Stück Kahlwild und gleichzeitig zogen vom Ziegerberg Richtung Galinawanne noch 23 Geweihträger. Das führte damals dazu, dass die Alpvögte «Verbissgatter» aufstellten, um den Pächtern zu beweisen, wieviel Gras vom Rotwild in Konkurrenz zum Weidevieh gefressen wurde.

Ich bin überzeugt, dass es in unserem Lande zu keiner Zeit mehr Rot- und Gamswild hatte als in den Jahren 1950 bis Mitte 1970. Im Übrigen ist die Jägerschaft auch der Meinung, dass das Jagdgesetz in verschiedenen Punkten den veränderten Gegebenheiten angepasst werden sollte.

Was die staatliche Wildhut betrifft, bin ich der Meinung, dass dem jetzt tätigen Landesjagdaufseher Wolfgang Kersting per Gesetz mehr Kompetenz übertragen werden sollte, wie das Martin Seger im Interview ebenfalls widergegeben hat.

Das sogenannte Drei-Phasen-Modell – also schwerpunktmässig im Frühjahr, Sommer und Herbst zu jagen, ist aus meiner Sicht nicht der Weisheit letzter Schluss. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass lange Jagdzeiten gut und gerne zu mehr Wildschäden führen als kürzere (im Kanton St. Gallen wird ab Mitte August auf Rotwild gejagt). Wir lassen mit der heute angewandten Abschusszeit dem Wild kaum noch Ruhe, sich nach dem Winter zu erholen.

Ich weiss nicht, ob Seger jagdlich aktiv tätig ist – er gibt in seinem Bericht Ratschläge, wie zu jagen wäre. Nach seiner Ansicht findet Jagd im Wald statt. Das mag für bestimmte Reviere (beispielsweise Pirschwald oberhalb Nendeln/Schaanwald) zutreffen, muss aber differenzierter betrachtet werden. Es gibt diverse Reviere im Land, in denen sein Ratschlag kontraproduktiv wäre. Wenn wir ein Alpenrevier anschauen, in dem das Wild bei Einbruch der Dunkelheit auf die Weiden zieht, kann es morgens beim Rückwechseln in den Einstand (Wald) problemlos bejagt werden. Diesen Tieren dann im Einstand nachzustellen, wäre mit Sicherheit nicht der richtige Weg.

Seger bedient sich populistischer Phrasen wie beispielsweise:

«Pächter weigern sich, Abschüsse zu tätigen»: Wer denn, wo denn?

«Sonderjagden werden nur halbherzig ausgeführt»: Dort, wo ich jeweils dabei war, konnte ich davon nichts spüren. Die Vertreter vom Amt für Umwelt oder Mitglieder des Jagdbeirats waren übrigens oft bei Sonderjagden anwesend.

«Weideflächen wurden durch die Jagd zu Tötungsflächen»: Wie vorgängig erwähnt, muss mit Bedacht auf offenen Flächen gejagt werden.

«Der Rotwildabschuss wird nur von wenigen Jägern getätigt»: Es gibt rund 40 bis 50 Pächter, die kaum Rotwild in Anblick bekommen, weil diese Wildart in ihren Revieren nicht oder nur selten vorkommt. Diese Pächter (rund 40 bis 50 Prozent) können nichts zum Rotwildabschuss beitragen. In Revieren, in denen voll- oder teilzeitangestellte Jagdaufseher tätig sind, wird der Kahlwildabschuss zum grossen Teil von diesen getätigt.

Martin Seger versteigt sich in der Aussage, dass die Jagd selbst die Tiere scheu gemacht habe und dies auf tierquälerische Art und Weise. Dabei geht er nicht näher auf seine Behauptungen ein und erwähnt mit keinem Wort, dass der Druck auf unsere Landschaft während den vergangenen Jahren ganz allgemein massiv zugenommen hat. Es ist für jeden Jäger klar, dass auch die Jagd vom Wild als Störung empfunden wird. Darum ist es wichtig, dass Jagd mit Bedacht und Fachkenntnis ausgeübt wird.

Gerne erwähnt Seger ein Musterrevier in Bayern, wenn er von der ökologischen Jagd schwärmt. Wohlweislich wird verschwiegen, dass in diesem Revier das Rotwild im Winter über die Notzeit in einem sogenannten Wintergatter verweilt und dort geschützt vor jeglicher Störung sich am vollen Futtertrog gütlich tut.

Ein beliebter Ausdruck für Seger ist der «Herrenjäger». Damit versucht er die Pächterschaft in eine Ecke zu drängen, die es so gar nicht gibt. Im Land sind 107 Jagdpächter tätig. Darunter befinden sich zirka zehn Akademiker und ein Industrieller. Alle übrigen Pächter verteilen sich auf die verschiedensten Berufsgruppen – vom Handwerker über Forstleute, kaufmännische Angestellte und andere. Ich möchte gerne wissen, was denn Unanständiges dabei auszumachen ist, wenn beispielsweise ein Zahnarzt oder ein Jurist als Jagdpächter auftritt. Sollen diese Leute nur dann auf den Plan gerufen werden, wenn es darum geht, einen Sport- oder Kulturverein zu unterstützen, verschiedene Anlässe als Sponsor zu ermöglichen?

Zu diesen 107 Jagdpächtern erhalten nochmals rund 70 bis 80 Personen die Möglichkeit, über die sogenannte Jahreskarte zu jagen. Diese Karte (vom Amt für Umwelt ausgegeben) ermöglicht einer Person, sich einer Jagdpächtergruppe anzuschliessen und mit dieser zu jagen. Dabei handelt es sich oft um Jungjäger, die auf diese Art und Weise an die Jagd herangeführt werden. Also die von Seger verbreitete Mär der «Herrenjäger» ist in Tat und Wahrheit nichts anderes als reiner Populismus. Er versucht mit seinen Auftritten, die Jägerinnen und Jäger im Lande zu diffamieren, Halbwahrheiten in den Raum zu stellen, Statistiken verzerrt dazustellen und vergisst dabei, dass er damit der ganzen Sache keinen Dienst erweist.