EGMR-Individualbeschwerden: Fristverkürzung

Am. 1. August 2021 tritt das Protokoll 15 zur Änderung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) in allen 47 Mitgliedstaaten des Europarates, so auch in Liechtenstein, in Kraft.

Die Änderungen sollen sicherstellen, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Zukunft noch effizienter arbeiten kann. Die wichtigsten Änderungen sind die Verkürzung der Einreichfrist von Beschwerden sowie die neue Regelung zur Sicherstellung der neunjährigen Mandatsperiode der EGMR-Richter.
Der liechtensteinische Landtag hat dem Protokoll bereits 2013 zugestimmt. Da für das Inkrafttreten die Ratifikation durch alle 47 Europaratsstaaten vorliegen musste und das Genehmigungsverfahren in Italien erst 2021 abgeschlossen werden konnte, kam es zu dieser Verzögerung.

Eine wichtige Neuerung durch Protokoll 15 ist die Fristverkürzung für die Einreichung von Beschwerden an den EGMR. Bisher hatten Bürgerinnen und Bürger, die sich in ihren Menschenrechten und Grundfreiheiten verletzt fühlten, sechs Monate Zeit, um mit einer sogenannten Individualbeschwerde an den EGMR in Strassburg zu gelangen, nachdem gegen sie ein letztinstanzliches Urteil ergangen war. Neu müssen diese Individualbeschwerden innerhalb einer viermonatigen Frist beim EGMR eingereicht werden.

Die bisherigen Bestimmungen der EMRK sahen ausserdem vor, dass die Amtszeit der EGMR-Richter mit Vollendung des 70. Lebensjahres endet, ungeachtet der neunjährigen Mandatsdauer. Neu dürfen Richterkandidatinnen und -kandidaten zum Zeitpunkt der Einreichung der Kandidatenliste höchstens 65 Jahre alt sein.
Werden sie dann gewählt, können sie die vollständige neujährige Mandatsdauer am EGMR in Strassburg ausschöpfen. Das ermöglicht es den Richterinnen und Richtern, länger im Amt zu bleiben und dadurch die Konstanz bei der Zusammensetzung des EGMR zu stärken.