Die Robert-Ritter-Hütte auf Schellenberg

Wir stellten vor einiger Zeit auf lie:zeit online die Frage zu einem Bild: WER KENNT DIESE HÜTTE?

Zu allererst vielen Dank den vielen Tausend Besucher/Innen und Likes. Fünf Personen haben die richtige Antwort gegeben. Es handelt sich um die „Robert-Ritter-Hütte“ am Waldrand des Gebiets Borscht in Schellenberg auf dem Weg zum „Gantenstein“. Richtig geantwortet haben: Helen Goop-Batliner, Fritz Wohlwend, Arnold Matt, Erich Ospelt und Roland Sele. Wir werden in unregelmässigen Abständen solche Orte in Liechtenstein für Sie weiter ausfindig machen und präsentieren.

Nachfolgend veröffentlichen wir einen historischen Abriss über die „Robert-Ritter-Hütte“ in Schellenberg, verfasst vom Maurerer Geschichtsforscher Adolf Marxer:

Die «Robert-Ritter-Hütte»
Wanderer auf dem Weg zum Gantenstein entdecken im Gebiet Borscht am Waldrand ein kleines Hozhäuschen. Es wurde 1932 von Nikolaus Ritter, einem deutschen Auswanderer aus der damaligen UdSSR, erbaut. Wegen der Verfolgung der Juden und der Fremden durch Stalin, verliess er Mitte der 20er-Jahre mit seiner Familie die Sowjetunion und liess sich in Wasserburg am Bodensee nieder. Er gab an, Kunstmaler zu sein und auch ziemlich vermögend. Die Familie Ritter mit den Kindern Maja und Robert war sehr sportbegeistert und trat dem Lindauer Alpenverein bei. Sohn Robert verunglückte 1927 tödlich an der Zimba. Nikolaus Ritter erkundigte sich in den 20er-Jahren beim damaligen Schellenberger Vorsteher Adolf Goop, ob er sich in Schellenberg niederlassen könne, seine Frau leide an Asthma, das feuchte Klima am Bodensee sei schlecht für sie. Nach längerem Bemühen erhielt er von Schellenberg die Niederlassungsbewilligung und konnte am vorderen Gantenstein ein kleines Grundstück erwerben. Die Bauarbeiten konnten 1931 begonnen werden. Martin Goop und Rupert Büchel bemühten sich um den Aushub und betonierten das Kellergeschoss. Die Zimmereiarbeiten wurden Rudolf Marxer in Mauren übertragen. Im Herbst 1932 konnte die Familie Ritter in das Häuschen einziehen. Die Familie Ritter nannte das Anwesen zu Ehren des verunglückten Sohnes «Robert-Ritter-Hütte». Nachdem Frau Ritter Anfang der 40er-Jahre an ihrem Leiden verstorben war, wohnten Nikolaus und Tochter Maja noch alleine in der Hütte. Nach dem Tod von Nikolaus 1947 wurde Tochter Maja Alleinerbin des Anwesens. Maja entschloss sich, als sie alleine dort lebte, vom jüdischen zum katholischen Glauben zu konvertieren und nahm Religionsunterricht beim Schellenberger Pfarrer Metzler. Dieser war damals um die 40 Jahre alt und sehr umgänglich. Maja war hübsch, eine gepflegte Frau mit schulterlangen, blonden Haaren. Schon bald hiess es, Pfarrer Metzler sei von Schellenberg weggezogen, anscheinend nach Italien. Bald darauf um 1950 ist auch Maja vom Schellenberg verschwunden. Das Häuschen hatte sie mit Testament dem Lindauer Alpenverein vermacht. Wie später bekannt wurde, lebten Metzler und Maja in Florenz und hatten sich verehelicht. Maja war dort Fremdenführerin, sprach fünf Sprachen und war sehr intelligent. Gelegentlich hatte sie noch Kontakt zu einer Freundin in Vorarlberg.

Mann mit Hintergrund
Als Emil Marxer, «Dökterles Emil», im oberen Stock des Häuschens unter dem Giebeldach noch mit dem Anbringen beschäftigt war, kam Nikolaus Ritter über die Leiter nachgestiegen, um zu sehen, wie die Arbeiten vorangingen. Emil machte die Bemerkung, dass es unter dem Dach ziemlich eng und vor allem niedrig. Da sagte Nikolaus: «Hier oben bewegt man sich nur waagerecht!». Nach längerem Zuschauen machte Nikolaus auch die Feststellung, dass Emil einen Ehering trug. «Sie sind ein Mann mit Hintergrund», war der Kommentar. Zur Mittagsstunde machten die Arbeiter der Zimmerei ein Feuer, um dort ihr Essen warm zu machen.

Der erfolgreiche Katzenbuckel
Wanderer, die den Spazierweg zum Gantenstein einschlagen, kommen an dieser Hütte vorbei. Mein Vater Emil, «Dökterles Emil», und mein Onkel Alois waren eben daran, das Geländer rund um den Balkon des kleinen Häuschens fertigzumontieren, um dann die Werkzeuge zusammenzupacken und den Arbeitsbeginn zu beenden. Wenig später ging ein dringender Telefonanruf bei der Zimmerei Rudolf Marxer ein, dem Besitzer des Häuschens eine Nachricht zu überbringen. So machte sich Emil nochmals auf den Weg nach Schellenberg, die Meldung weiterzugeben. Er nahm noch seinen Arbeitskollegen Adolf Jäger mit. Ein wütend kläffender Wolfshund erwartete die beiden Männer am Eingang zum Häuschen. Emil und Adolf hatten dicke Mäntel angezogen, es war Winterzeit und recht kalt. Der Besitzer war schwerhörig und reagierte nicht auf das Gebell. Die Idee von Adolf Jäger wirkte verblüffend. Beide Männer zogen die Mäntel bis über die Ohren hoch, drehten sich um, machten einen Katzenbuckel und näherten sich Schritt für Schritt rückwärts der Hüte. Ob diesem Anblick wurde der Hund sehr verwirrt, riss in der Angst die Kette entzwei und flüchtete in den Wald. Emil öffnete die Haustüre und fand den Besitzer des Hauses am Tisch sitzend, dieser war sehr erschrocken über den plötzlichen Besuch. «Wo ist der Hund, habt ihr keinen Hund gesehen?», stammelte er. Adolf trat auch ein und erwiderte: «Kein Hund weit und breit zu sehen!» Ungläubig trat der Besitzer auf die Türschwelle, sah die abgerissene Kette und konnte sich dieses nicht erklären. Der Hund war sonst zuverlässig und gut abgerichtet.