Konsequenzen der Corona-Krise

Frauennetz Liechtenstein: Vorstand

Die Corona-Krise zeigt, dass es ohne die Frauen nicht geht – sei es zu Hause, bei der unbezahlten (Care-)Arbeit, dem Fernunterricht, bei der bezahlten Care-Arbeit in Spitälern und anderen Einrichtungen oder im Detailhandel. Dabei zeigen sich unterschiedliche Problemfelder. NGOs versuchen, Antworten darauf zu finden.

In der Corona-Krise stehen viele Frauen in der Verantwortung, und Frauen sind von den Folgen der Krise stark betroffen. Trotzdem kommen sie weder in Analysen vor, noch gehen die getroffenen Corona-Massnahmen genügend auf ihre Bedürfnisse ein. Verschiedene Problemlagen kristallisieren sich erneut heraus, die das Frauennetz in den kommenden Wochen in Zusammenarbeit mit ihren Mitgliedern thematisieren wird.

Die unbezahlte Care-Arbeit mit all ihren Mehrfachbelastungen wird weiterhin zum grössten Teil von Frauen geleistet. Dabei werden organisatorische, zeitliche und finanzielle Probleme kaum thematisiert. Wie sieht es mit den Belastungen bei Homeoffice, Haushalt, Kinderbetreuung und Fernunterricht aus? Wie sehen die damit verbundenen Rollenbilder aus? Wollen wir diesen Backlash oder können wir diesem aktiv begegnen? Wer organisiert die „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“? Warum werden diese Bereiche in Liechtenstein ins Private verlagert, während in anderen Ländern Antworten seitens der öffentlichen Hand darauf gefunden werden? Wird es Förderungen und Unterstützung für Alleinerziehende geben? Warum werden die Fragen nach der Notwendigkeit der ausserhäuslichen Betreuung und die Rolle der Schulen bei der Vereinbarkeit nicht gestellt, wenn man von Exit-Strategien spricht?

Externe Kinderbetreuung ist systemrelevant, unterstützt den sozialen Ausgleich und die Chancengerechtigkeit. Wir fordern: Wer Kinder betreut, muss unterstützt werden, und es müssen deutlich bessere Arbeitsbedingungen und Löhne im Betreuungsbereich geschaffen werden. Wir fordern zudem eine längst fällige Studie zur unbezahlten Care-Arbeit in Liechtenstein, aus deren Daten Massnahmen abgeleitet werden können. Wer die Einschätzung teilt, dass Antworten auf diese und andere Fragen gefunden werden müssen, unterschreibt die Online-Petition des Liechtensteiner ArbeitnehmerInnen-Verbandes LANV unter www.lanv.li. Damit sollen unter anderem Möglichkeiten gefunden werden, dass Arbeitgebende Fehlstunden ihrer Mitarbeitenden durch Betreuungsaufgaben als Kurzarbeit anmelden können oder dass Möglichkeiten der Lohnfortzahlungen gefunden werden.

Systemrelevante Erwerbsarbeit in der Pflege und Betreuung wird vor allem von Frauen geleistet. Die Verantwortung und Relevanz der Berufe stehen im krassen Widerspruch zu ihrem Lohn. Unsere Gesellschaft kommt ohne die klassischen „Frauenberufe” nicht aus. Diese Berufe sind jedoch ungenügend bezahlt – und zwar weil es Frauenberufe sind. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Berufe, die Frauen zugeordnet werden, an Ansehen und Bezahlung jeweils abnehmen. Wir fordern: neben Applaus eine bessere Bezahlung und Konjunkturprogramme, die auch der bezahlten und unbezahlten Care-Arbeit zugute kommen.

Das Thema häusliche Gewalt in der Krise wurde lobenswerterweise bereits von den Medien aufgegriffen und einige Organisationen dadurch sichtbar gemacht. Es hat sich in den Nachbarländern gezeigt, dass die aktuellen Massnahmen häusliche Gewalt und Konfliktsituationen verschärfen. Es kommt zu Existenzängsten und psychischem Stress, gleichzeitig fallen geordnete Tagesstrukturen und Sozialkontakte weg. Die soziale Isolation führt zudem dazu, dass Anzeichen von häuslicher Gewalt seltener entdeckt werden. Wir fordern eine Unterstützung der Organisationen, die sich um Gewaltschutz kümmern und die Ratifizierung der Istanbul-Konvention und die Einhaltung der Forderungen der Konvention, wie die Wegweisung und das Betretungsverbot.

Das Frauennetz und ihre Mitgliedsorganisationen werden sich in den kommenden Wochen diesen Themen tiefer annehmen. Wir hoffen, dass Politik, Wirtschaft und die Zivilgesellschaft unsere Anregungen aufgreifen, zu den aufgeworfenen Fragen Stellung nehmen und gezielte Massnahmen umsetzen. Massnahmen in diesen Bereichen kommen nicht nur den Frauen, sondern der Gesellschaft als Ganzes zu Gute.

Frauennetz Liechtenstein