Der Landtag befasste sich am Mittwochabend mit der Verfassungsinitiative HalbeHalbe. Mit Spannung erwarteten das Initiativkomitee und viele Unterstützerinnen und Unterstützer die Diskussion und das Abstimmungsergebnis zu diesem wichtigen gesellschaftlichen Anliegen.
Im Dezember reichte das Initiativkomitee knapp 1900 beglaubigte Unterschriften bei der Regierung ein. Die grosse Anzahl der Unterschriften und die vielen spannenden Gespräche während der Unterschriftensammlung zeigen, wie breit der Vorschlag in der Bevölkerung unterstützt wird und wie zugänglich die Menschen für die Argumente des politischen Ansinnens sind. Die Gespräche mit politischen Vertreterinnen und Vertretern waren ebenfalls konstruktiv und grundsätzlich wohlwollend, auch wenn nicht alle dem Vorschlag zustimmten. In der Regel lehnte man den Vorschlag nicht grundsätzlich ab, sondern methodisch begründet, zum Beispiel wegen der Verankerung des Artikels in der Verfassung.
Das Initiativkomitee und die Unterstützerinnen und Unterstützer waren also guten Mutes, dass diese wohlwollende, faire und konstruktive Diskussion im Landtag weitergeführt werden würde. Dies war teilweise der Fall. Auffallend war, dass von allen Seiten Dank und Anerkennung für die grosse Arbeit des Initiativkomitees ausgesprochen wurde. Auch gegen das erklärte Ziel der Initiative hatte niemand etwas einzuwenden. Die nötige verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde oft bemüht. Ja, natürlich ist diese nötig – es ist jedoch eine andere Debatte, und die Mitglieder des Initiativkomitees sind überzeugt, dass diese Debatte bei einer stärkeren Frauenvertretung intensiver geführt würde.
Die Initiative bezweckt keine Forderung, sondern eine Förderung
Trotz der intensiven Informationskampagne bestehen immer noch zahlreiche Unsicherheiten und Ammenmärchen. Einige Abgeordnete fühlten sich verpflichtet, einen Strauss an Massnahmen vorzuschlagen, die man statt der Verfassungsinitiative vornehmen konnte. Warum hat bisher keiner der Abgeordneten einen alternativen Vorschlag gemacht, oder einen der zahlreichen Vorschläge diverser NGOs aufgenommen, mit Ausnahme von Violanda Lanter bei der Debatte zum Parteienfinanzierungsgesetz? Zudem brachten zahlreiche Abgeordnete die „Förderung der ausgewogenen Vertretung von Frauen und Männern“ mit der sogenannten „Frauenförderung“ durcheinander oder meinten gleich, dass wir die Forderung einer Frauenvertretung in die Verfassung schreiben wollen. Beides ist nicht der Fall.
Der Wolf der Quote geht immer noch um im Landtag. Dazu betont das Initiativkomitee ganz klar: Falls eines Tages die Quote kommen sollte, dann kommt sie durch die Vordertüre, in einem demokratisch legitimierten Prozess mit den nötigen Mehrheiten in Landtag und Bevölkerung. Jede und jeder kann sich dann dieser Debatte wieder stellen. Es ist jedoch nicht die Debatte, die die Vertreterinnen und Vertreter der Verfassungsinitiative HalbeHalbe führen, es ist eine andere.
Wir bedanken uns für die zahlreichen wohlwollenden Statements, zum Teil erwartet, zum Teil überraschend. Der Abgeordnete Daniel F. Seger hielt ein flammendes Plädoyer für die Initiative und meinte auch: Gegen das Ziel könne niemand etwas haben. Wer die Initiative ablehne, solle mitteilen, was die Initianten hätten besser machen sollen. Kritik sei angebracht, wenn sie konstruktiv ist. Man verstecke die Ablehnung hinter reinem einfachen Nein, ohne Verbesserungsvorschläge zu machen. Und er fährt fort: „man kann eigentlich nichts dagegen haben, denn es kann jeden treffen, dass er oder sie einmal einer Minderheit angehört.“
Gemeinsam den Weg entschlossener gehen
Neben Daniel F. Seger haben auch seine Parteikollegen Eugen Nägele und Wendelin Lampert sowie Violanda Lanter und Mario Wohlwend von der VU sowie die Vertreter der Freien Liste, Thomas Lageder, Georg Kaufmann und Wolfgang Marxer, mit Ja gestimmt.
Violanda Lanter betonte die nötigen (und fehlenden) Strategien in diesem Bereich: „Fördermassnahmen sollten nicht beliebig daherkommen. sondern sich in ein Konzept einbetten. Anstrengungen sind nicht gratis.“ Sie erkennt, dass die Verfassungsergänzung Grundlage für eine umfassende Gleichstellungsstrategie sein könnte. Mario Wohlwend sieht vor allem die dynamische Entwicklung, die die Verfassungsergänzung ermöglicht. Georg Kaufmann informiert das Gremium, dass ähnliche Passagen auch in den Verfassungen der umliegenden Länder zu finden sind und er betont, dass die rechtliche Gleichberechtigung noch nicht zu einer faktischen Gleichberechtigung geführt hat: „Der Weg zur faktischen Gleichstellung ist noch weit. Die meisten Leute wollen diesen Weg gehen. Diesen Weg werden wir entschlossener gehen, wenn wir eine gemeinsame innere Haltung dazu finden.“
Auf einige der Fragen und Kritikpunkte der Abgeordneten wird das Initiativkomitee in den kommenden Wochen vertieft eingehen, sei es in den Medien, an Veranstaltungen oder im direkten Gespräch. Das Initiativkomitee ist der Überzeugung, dass die Zeit reif ist, der Gleichstellungspolitik in Liechtenstein einen grossen Schritt voranzubringen.
Weitere Informationen zur Initiative HalbeHalbe sind zu finden unter www.halbehalbe.li und auf Facebook und Instagram.