Studien zu Medikamenten der stationären und ambulanten Pflege

Im Auftrag des Ministeriums für Gesellschaft wurde eine dreiteilige Studie zur Anwendung von Medikamenten bei Patienten in ambulanter und stationärer Pflege erstellt. Untersucht wurden die Gefahren möglicher Wechselwirkungen zwischen Medikamenten sowie die Verwendung von Medikamenten, welche eine erhöhte Vorsicht bei der Abgabe an ältere Personen erfordern.

Ein höheres Lebensalter ist oft mit Multimorbidität, also dem gleichzeitigen Auftreten von mehreren chronischen Krankheiten, verbunden. Damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit für eine tägliche Behandlung mit unterschiedlichen Medikamenten in teilweise hoher Zahl. Nebst der Multimorbidität im Alter dürften aber auch die wachsende Dichte an zunehmend spezialisierten Ärzten und die entsprechend häufigen Arztkonsultationen sowie die zunehmend auf Kombinationstherapien ausgerichteten Behandlungsleitlinien ihren Beitrag zur so genannten Polymedikation leisten.

Mit zunehmender Zahl verordneter Medikamente steigt das Risiko für Einnahmefehler und mangelnde Therapietreue, Wechselwirkungen zwischen den Medikamenten und unerwünschte Arzneimittelwirkungen. Ausserdem erhöht gemäss Untersuchungen ein gesteigerter Umfang der Medikation das Risiko eines Spitalaufenthalts. Arzneimittelinteraktionen spielen als Risikofaktoren für unerwünschte Wirkungen eine wesentliche Rolle und sind in vielen Fällen vermeidbar.

Betagte Patienten sind in besonderem Masse von den möglichen Folgen der Polypharmazie betroffen. So führt ein hirnorganischer Abbau zu einer erhöhten Empfindlichkeit auf zentralnervös wirkende Pharmaka. Zudem können mögliche mit dem Alter auftretende Einschränkungen der Ausscheidungsorgane Leber und Nieren zu überhöhten Wirkstoffkonzentrationen im Körper führen, was das Risiko von unerwünschten Wirkungen weiter ansteigen lässt.

Die Anzahl möglicher Wechselwirkungen zwischen Medikamenten steigt überproportional mit der Anzahl angewendeter Medikamente an. Bei der Prüfung auf Wechselwirkungen sind daher Datenbanken erforderlich, in denen die Daten systematisch hinterlegt und abgerufen werden können.

Das Ministerium für Gesellschaft hat die Verabreichung von Medikamenten in der ambulanten und stationären Pflege in Liechtenstein im Rahmen einer Studie erheben lassen. In Phase I der Studie wurde die Medikation von 535 Patienten dokumentiert und quantitativ hinsichtlich möglicher Wechselwirkungen überprüft. Mit durchschnittlich acht täglich eingenommenen Wirkstoffen entspricht der Umfang der täglich verordneten Medikamente demjenigen von vergleichbaren Patientengruppen in der Schweiz und in anderen europäischen Ländern. Der Anteil der Patienten mit zehn oder mehr täglich verordneten, bezüglich möglicher Wechselwirkungen relevanten Wirkstoffen erscheint bei pflegebedürftigen Patienten im Fürstentum Liechtenstein mit 33% allerdings vergleichsweise hoch.

Spezielles Augenmerk wurde auch auf die häufige Verschreibung von Psychopharmaka gelegt, da sie in der Fachliteratur mit einem erhöhten Risiko für das potentielle Auftreten schwerwiegender Wechselwirkungen verbunden werden. In Phase II wurden ausgewählte Fälle beispielhaft dargestellt. Schliesslich wurde in Phase III die Verabreichung von Medikamenten untersucht, welche nach verschiedenen Listen potenziell nicht für ältere Personen geeignet sind. Es zeigte sich, dass derartige Medikamente in Liechtenstein häufig verschrieben werden.

Die Studien zeigen, dass es in Liechtenstein Verbesserungspotential bei der Anwendung von Medikamenten insbesondere bei älteren und pflegebedürftigen Patienten gibt. Als besonders hilfreich erweisen sich dabei die in den letzten Jahren aufgebauten Datenbanken, welche vermutlich noch zu wenig genutzt werden. Es ist insbesondere aber auch eine gute Koordination der behandelnden Fachleute erforderlich, um die für jeden Fall am besten geeignete Medikation mit möglichst wenig unerwünschten Arzneimittelwirkungen festzulegen.

Die dreiteilige Studie ist unter www.regierung.li/ministerien/ministerium-fuer-gesellschaft/downloads/ abrufbar.