Mehr Transparenz für den Landtag

Postulat für mehr Transparenz in Jahresrechnungen von öffentlichen Unternehmen

Gestützt auf Artikel 44 der Geschäftsordnung des Landtages vom 19. Dezember 2012, Landesgesetzblatt 2013 Nr. 9, reichen die unterzeichneten Abgeordneten folgendes Postulat ein und stellen den Antrag, der Landtag wolle beschliessen:

Die Regierung wird eingeladen zu prüfen, welche positiven und negativen Auswirkungen die Einführung des True-and-Fair-View-Konzepts gemäss PGR Art. 1066 Abs. 1 bei der Rechnungslegung von öffentlichen Unternehmen gemäss Art. 2 ÖUSG hat und welche gesetzlichen Anpassungen dafür notwendig wären.

Begründung
Die öffentlichen Unternehmen in Liechtenstein erhalten Staatsbeiträge in Millionenhöhe. Der Landtag nimmt die jährlichen Geschäftsberichte jeweils zur Kenntnis. Ihm werden teils Geschäftsberichte vorgelegt, welche nach den allgemeinen Rechnungslegungsvorschriften des PGR erstellt werden. Gemäss diesen Vorschriften ist es gesetzlich gemäss Art. 1052 PGR möglich, sogenannte stille Reserven zu bilden und die Vermögens- und Ertragsverhältnisse zahlenmässig schlechter darzustellen als sie tatsächlich sind. Diese Reserven können in „schlechten“ Jahren genutzt werden um die Vermögens- und Ertragslage besser darzustellen. Den Unternehmen ist dafür überhaupt kein Vorwurf zu machen, handeln sie ja rechtskonform. Allerdings kann die Art der Rechnungslegung die Öffentlichkeit – allen voran die Politik – in die Irre führen und Entscheidungen wesentlich beeinflussen. Beispielsweise können zu hohe Abschreibungen bei den Sachanlagen vorgenommen werden oder die Rückstellungen zu hoch ausgewiesen werden. Würde man die allgemeinen und die ergänzenden Vorschriften nach dem PGR anwenden, so müssten die ausgewiesenen Zahlen in der Bilanz den tatsächlichen Werten entsprechen und stille Reserven wären nicht mehr zugelassen.

Dass tatsächliche Zahlen sehr wichtig als Entscheidungsgrundlage im Landtag sind, zeigt das Beispiel vom Liechtensteinischen Landesspital. Hier wurde im November 2018 über ein Forderungsverzicht auf das Darlehen vom Land Liechtenstein in der Höhe von 2.3 Mio. Franken debattiert. Der Antrag lautete, auf das Darlehen gänzlich zu verzichten, da die ausgewiesene Eigenkapitalsituation des Landesspitals schlecht sei. Am Ende wurde im Landtag jedoch nur ein Rangrücktritt auf das Darlehen gewährt, da man zuerst eine Jahresrechnung nach tatsächlichen Werten sehen wollte, bevor der Staatshaushalt mit 2.3 Mio. Franken belastet wird. Eine spätere Überprüfung zeigte auf, dass die Jahresrechnung 2017 des Landesspitals Rückstellungen für zukünftige Investitionen von CHF 3.1 Mio. enthielt, welche bei einer Rechnungslegung nach tatsächlichen Werten (True & Fair View) nicht zulässig wäre und sich somit das Eigenkapital des Landesspitals um diese CHF 3.1 Mio. erhöhen würde. Dadurch würde das Eigenkapital 2017 des Landesspitals CHF 4.1 Mio. betragen, anstatt der bisher ausgewiesenen CHF 1 Mio.

Auch der Revisionsbericht der LieMobil aus dem Jahr 2018 zeigt beispielhaft, dass nach den allgemeinen Rechnungslegungsgrundsätzen abgeschlossen wird, obwohl diese einen Staatsbeitrag von 14.3 Mio. Franken pro Jahr erhält. Transparenz ist hier das Gebot der Stunde. Daher ist die aktuelle Praxis der Rechnungslegung in den Augen der Postulanten anzupassen. Wenn der Landtag wichtige und wegweisende Entscheidungen über öffentlichen Unternehmen gemäss Art. 2 ÖUSG zu fällen hat, so sollten auch Geschäftsberichte mit tatsächlichen Werten als Besprechungs- und Entscheidungsgrundlage vorgelegt werden.

Der Landtag benötigt mehr Transparenz um richtige Entscheidungen treffen zu können. Natürlich muss die Kirche im Dorf bleiben. Was die Postulanten erwarten, ist die Anwendung von Grundsätzen wie sie jede Aktiengesellschaft in Liechtenstein auch anwenden muss. Alle öffentlichen Unternehmen gemäss Art. 2 ÖUSG sollten dazu verpflichtet werden, eine Jahresrechnung nach einem True-and-Fair-View-Konzept zu erstellen. Hierzu zählen zum Beispiel die ergänzenden Vorschriften zur Rechnungslegung des PGR (s. Art 1063 ff.). Im Art. 1066 Abs. 1 heisst es dazu: «Die Jahresrechnung hat ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft zu vermitteln.» Die Revisionsstelle hat diese Einhaltung folglich in ihrem Revisionsbericht zu bestätigen. Die Postulanten sind überzeugt, dass sich der Mehraufwand für die betroffenen Unternehmen in Grenzen hält und sowohl der Landtag als auch die Regierung dadurch eine bessere Grundlage für Beschlüsse und Entscheidungen haben wird.

VU-Fraktion am 02. September 2019, Vaduz: Günter Vogt, Gunilla Marxer-Kranz, Violanda Lanter, Christoph Wenaweser, Frank Konrad, Thomas Vogt, Mario Wohlwend, Manfred Kaufmann