Brexit: Johnsons Strategie ist gescheitert

Boris Johnson ist seit zehn Tagen wegen der Corona-Infektion in einem Londoner Krankenhaus hospitalisiert. 

 

In London geht der Machtkampf weiter

Das britische Unterhaus hat am Abend ein Gesetz gegen einen No-Deal-Brexit beschlossen und Neuwahlen abgelehnt. Trotz dieser Pleiten setzt Premier Johnson den Machtkampf mit Labour-Chef Corbyn fort. Quelle: ARD, Jens Marquardt, London

Drei Abstimmungen, drei Niederlagen. Im Fußball würde die britische Regierung damit auf einem Abstiegsplatz landen. Doch noch ist die Spielzeit nicht zu Ende. Und Premierminister Boris Johnson ist weiter im Amt. Seine Angriffe auf Oppositionsführer Jeremy Corbyn sind aber erst einmal ins Leere gelaufen.

Antrag auf Neuwahlen ist gescheitert

Nach der Abstimmungspleite beantragte der Premierminister Johnson vorgezogene Neuwahlen – in der Hoffnung, danach mit einer Mehrheit regieren zu können. An Labour-Chef Corbyn gewandt, sagte Johnson: „Aus meiner Sicht und aus Sicht der Regierung muss es eine Unterhauswahl am 15. Oktober geben. Damit entschieden wird, wer von uns beiden zwei Tage später zum entscheidenden EU-Gipfel nach Brüssel fährt.“

Corbyn aber ließ Johnson abblitzen. Er will erst einmal das Gesetz gegen den No-Deal-Brexit in trockenen Tüchern sehen. Denn es ist noch nicht sicher, ob es nach vor der von Johnson verordneten Zwangspause des Parlaments in Kraft treten kann. Das liegt jetzt am Oberhaus, dem House of Lords.

Dort hatten die Brexit-Anhänger unter den Lords Hunderte von Änderungsanträgen vorbereitet, um das Inkrafttreten des Gesetzes zumindest zu verzögern. In den frühen Morgenstunden hieß es dann allerdings: Das Gesetz wird das Oberhaus bis Freitagnachmittag passieren. Am Montag könnte es dann das Unterhaus abschließend beraten, bevor es die Queen unterzeichnet.

In der mehrwöchigen Zwangspause kann das Parlament den Regierungschef nämlich nicht kontrollieren. Er könnte dann den Wahltermin auch noch einmal verschieben, zum Beispiel auf einen Termin nach dem 31. Oktober. Und die Opposition könnte dann einen ungeregelten Austritt aus der EU möglicherweise nicht mehr verhindern.

Kein Vertrauen in Johnson

Deshalb wollten sich auch die schottischen Nationalisten nicht auf Johnsons Antrag einlassen. Weil sie dem Premierminister nicht vertrauten, sagte Ian Blackford, der Fraktionsvorsitzende der SNP. Und so hatte Johnson in der vergangenen Nacht keine Chance, vorgezogene Neuwahlen durchzusetzen. Die Opposition enthielt sich. Der Antrag verfehlte die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit deutlich.

Der Machtkampf zwischen Regierung und Parlament geht aber heute weiter. Und noch ist nicht entschieden, wer diesen Kampf am Ende gewinnt.