Frage an …

…Liechtensteins Politik

Thomas Banzer, FBP Günther Vogt, VU Thomas Lageder, FL Harry Quaderer, du Thomas Rehak, DpL Johannes Kaiser
In der nächsten Landtagssitzung haben sich die Abg. mit dem B+A der Regierung über die «Erneuerung der Infrastruktur des Liechtensteinischen Landesspitals zu befassen. Es stehen fünf Varianten zur Auswahl, wobei die Regierung einen Neubau auf «grüner Wiese» in Vaduz favorisiert. Eine Nutzwertanalyse hat ergeben, dass Kosten in der Grössenordnung von 69 Mio. bis 84 Mio. Franken je nach Variante anfallen werden.

Welche Variante soll Ihrer Meinung nach umgesetzt werden? 

Beim Vergleich der aufgeführten fünf Varianten – Sanierung des jetzigen Spitals, Neubau am bisherigen Standort, Kauf und Umbau Medicnova-
Gebäude, Neubau beim Wille-Areal und Neubau auf grüner Wiese – schneidet, auch kostenmässig, der Neubau auf grüner Wiese am besten ab. Es ist unbestritten, dass für die Infrastruktur des Landesspitals Geld in die Hand genommen werden muss. Es ist in die Jahre gekommen, unser Spital, was ja schon seit Langem bekannt ist. Die Frage ist: Wollen und brauchen wir eine gute Grundversorgung im Land? Meine Meinung: Ja. Ich bin für ein Grundversorgungsspital mit definierten Leistungen. Nicht vergessen werden darf, dass das Landesspital auch Arbeitgeber für 170 Personen ist und Ausbildungsmöglichkeiten für Berufe im Gesundheits- bzw. Pflegebereich bietet. Berufe, die in Zukunft sehr wichtig für uns sind. 69 Mio. Franken ist viel Geld, keine Frage. Trotzdem macht ein Neubau auf «grüner Wiese» für mich Sinn, weil es eine bedarfsgerechte Planung und Realisierung ermöglicht. Ich bin zuversichtlich, dass gemeinsam mit der Gemeinde Vaduz ein geeignetes Grundstück für einen Neubau gefunden wird. Ebenfalls hat die Gemeinde die Zusage gemacht, einen finanziellen Beitrag zu leisten, wenn das Spital in Vaduz bleibt. Wenn der Landtag die Regierung beauftragt, dieses Projekt weiterzuverfolgen, werden aufgeworfene Fragen nochmals beleuchtet, und wir werden genaue Angaben über den Standort und die Kosten haben. Dann besteht die Möglichkeit für die Umsetzung eines Landesspitals, das den heutigen Anforderungen seitens der Patienten und des Spitalpersonals entspricht.
In ihrem Bericht legt die Regierung sachgerecht und plausibel dar, weshalb sie nach eingehender Nutzwertanalyse die Variante «grüne Wiese» klar favorisiert. Damit könnte nämlich das «ideale Spital» mit optimalen Betriebsabläufen und bei einem ungestörten Spitalbetrieb bis zum Bezug des neuen Standorts am besten realisiert werden. Ernüchternd bringt die Nutzwertanalyse zutage, dass die anderen vier Möglichkeiten entweder gewisse negative Begleiterscheinungen mit sich brächten, weniger wirtschaftlich wären oder keinen zukunftsweisenden Lösungen entsprächen. Im Bericht wird nebst den Kosten für einen Umbau oder Neubau auch der entsprechende volkswirtschaftliche Nutzen für Liechtenstein klar dargelegt. Darum ist jede Lösung, welche am Spitalstandort Liechtenstein festhält, eine sinnvolle Lösung. Wir behalten den volkswirtschaftlichen Nutzen in Liechtenstein und machen uns nicht abhängig vom Ausland. Das Landesspital ist Arbeitgeber von rund 170 Personen und bietet Ausbildungsmöglichkeiten für Berufe im Gesundheits- bzw. Pflegebereich. Der Aspekt optimaler Prozesse ist daher ein gewichtiges Argument für die Erneuerung der Infrastruktur auf der sogenannten „grünen Wiese“. Die Landtagsdebatte im Februar wird zeigen, wohin die Reise geht beziehungsweise welche Lösung umgesetzt werden soll. Auf jeden Fall ist klar, dass das Volk das letzte Wort haben sollte. Ich hoffe, dass es uns im Jubiläumsjahr in konstruktiver Weise gelingen wird, die Bevölkerung für ein klares JA zu einem Spitalneubau zu gewinnen und damit einen wesentlichen Schritt für eine erfolgreiche Zukunft Liechtensteins zu setzen. Die Freie Liste befürwortet keine dieser Varianten, sie sind alle zum Scheitern verurteilt, denn sie basieren auf einer Konkurrenzstrategie mit Grabs. Ich wiederhole mich gerne: Wir benötigen keine Kopie des Regionalspitals Grabs, sondern ein Spital, das Grabs ergänzt, statt konkurrenziert. Diese Ergänzung sieht die Freie Liste in einem spezialisierten Spital ohne Akutfälle, wo chronisch Kranke und ältere Menschen, auch nach der schnellen Entlassung aus einem Akutspital, ärztlich behandelt und rehabilitiert werden. Ein solch ergänzendes Angebot ist in Anbetracht der demografischen Entwicklung unserer Bevölkerung zukunftsweisend. Schon heute besteht in der Region ein Überangebot an Akut-Spitälern. Gegen einen Neubau oder Renovationen sprechen in erster Linie die stationären Fallzahlen, die entscheidend für die Qualität und Wirtschaftlichkeit eines akutsomatischen Spitals sind. Die von der Regierung in Auftrag gegebene Studie von PWC (BuA 40/2018, S. 18 PWC-Studie) kommt zum Schluss, dass als Richtgrösse für ein Grundversorgungsspital mit 24-Stunden-Dienst 4000 bis 5000 stationäre Fälle gegeben sein müssen. 2018 kann das Landesspital nur 1569 stationäre Fälle (BuA 16/2019, S. 30) aufweisen. Selbst die Regierung rechnet künftig nur mit maximal 2300 stationären Fällen. Zudem fördert ein neues Spital wahrscheinlich die Verlagerung der ambulanten Medizin weg von den Hausärztinnen und Hausärzten in Richtung Spital. Das macht weder wirtschaftlich noch qualitativ Sinn. Ein Kühlschrankverkäufer würde sich schwer tun, seine Ware in der Nähe des Nordpols zu verkaufen. Mir scheint, dass die Verantwortlichen des Landesspitals genau eine solche Strategie verfolgen. Die Strategie, der Leistungsauftrag und die Zielsetzung stimmen einfach nicht. Wir haben in unserer Region doch schon ein Überangebot an Spitalbetten! Siehe Kanton St. Gallen. Warum wollen wir partout einen ruinösen Konkurrenzkampf vom Zaun reissen? Zwei Akutspitäler im Umkreis von 10 Kilometern? Warum überlegen sich die Verantwortlichen nicht zuerst einmal, in welchem Bereich wir unserer Bevölkerung und auch unseren Nachbarn eine Leistung erbringen können, bei welcher wir die Besseren sind und bei welcher wir nicht auch noch das Gleiche machen wie alle anderen?

Diese Frage sollte man sich stellen, bevor man über einen Neubau, Umbau, eine Renovation oder einen Kauf eines bestehenden Spitals nachdenkt. Wir machen das Hintere vor dem Vorderen. Komplett unlogisch! Mit dem Argument, ein eigenes Land brauche sein eigenes Spital, von der Wiege bis zur Bahre, wird versucht, die Gegenargumente zu keulen, ohne sie ernsthaft in Betracht gezogen zu haben. Da scheinen ein paar Leute zu verkennen, dass wir wirklich nur ein Mikrostaat sind und wir sehr gut daran täten, mit unseren Nachbarn Lösungen zu erschliessen, anstatt mit arrogantem Gehabe zu verraten, dass man sich sowieso für gescheiter als Salomons Katze hält! Am Schluss bekommt dann halt wieder der Prämien- und Steuerzahler die Zeche serviert. 

Trotz vieler Versuche und Bemühungen, die Spitallandschaft neu aufzustellen, ist dies bisher nicht gelungen. Ist wirklich die Spital-
Infrastruktur das Übel, oder ist es doch eher das Zusammenspiel zwischen Regierung, Landesspital und Ärzteschaft? Ein neues Gebäude allein garantiert noch keinen Erfolg: siehe leer stehende, topmoderne Medicnova-Klinik in Bendern. Ein Spital braucht Patienten, diese werden in der Regel von Ärzten an das Spital überwiesen, oder Belegärzte nutzen die Infrastruktur. Ist eine Mehrzahl der Ärzte bereit, ein neues Spital zu nutzen? Ohne Patienten und die damit zusammenhängenden Fallzahlen macht ein neues Spital nur wenig Sinn. Wird ein neues Landesspital von der Bevölkerung dem Spital Grabs vorgezogen, oder was braucht es dazu? Erst die Antworten auf diese Fragen entscheiden über Grösse und Ausbaustandard eines Landesspitals. Die Turbulenzen der letzten Jahre und der damit verbundene Vertrauensverlust wirken nach. Auch diese Probleme müssen gelöst werden. Dies kann nur mit einer personellen Rochade im Präsidium des Stiftungsrates gelingen, was wir schon oft gefordert haben. Was passiert, wenn das Volk einen Spitalneubau erneut ablehnt? Darauf gibt der Bericht und Antrag der Regierung keine Antwort. Auf jeden Fall brauchen wir als souveräner Staat eine sichere Grundversorgung. Aber zuerst müssen alle Zahlen und Gegebenheiten analysiert werden, damit im Anschluss die optimalste Variante in Bezug auf die Kosten, Wertschöpfung, Versorgungssicherheit, Marktakzeptanz und Einbettung in die Spitallandschaft gefunden werden kann.
Der Zielsetzung, Liechtenstein als Gesundheitsstandort zu stärken und regional zukunftsorientiert zu positionieren, messe ich eine grosse Bedeutung zu. Einerseits profitieren die Menschen in unserem Land auf diese Weise von einer qualitativ guten medizinischen Grundversorgung und andererseits ist der Gesundheitsmarkt aus volkswirtschaftlicher Sicht sehr bedeutungsvoll. Arbeits- und Ausbildungsplätze werden geschaffen, das Gewerbe kommt mit Zulieferungen zum Zuge und Steuereinnahmen bleibem im Land. Die Regierung zeigt im Bericht und Antrag an den Landtag diverse Varianten auf, wobei sie ein neues Spital auf «grüner Wiese» favorisiert. Ich bin der Meinung, dass Liechtenstein eine Spitalinfrastruktur unbedingt benötigt, um sich in Zukunft als Gesundheitsstandort behaupten zu können. Grabs investiert sehr massiv in eine neue Spitalanlage und kann die
Patienten aus der gesamten Region in einer attraktiven Spitallandschaft behandeln. Grabs wird mit diesem Zeitvorsprung die Vorherrschaft in der Patienten- und Fallzahlen-Akquise ausbauen, wenn Liechtenstein nicht zeitnah mit einer neuen Spital-
infrastruktur aufwarten kann. Es liegt nun am Landtag, die Vor- und Nachteile der sogenannten Bestvarianten zu prüfen und zu bewerten. Meine Präferenz gilt dem Standort Liechtensteiner Unterland, dies aufgrund der zeitlichen Realisierungs-Perspektive sowie den geringeren Gesamtkosten. Es ist mir wichtig, dass diese Vorlage jedenfalls einer Volksabstimmung zugeführt wird, damit die Bürgerinnen und Bürger über diese zukünftige Weichenstellung entscheiden können.