Wenn zwei das Gleiche tun…

 

Bühne für Liechtensteins Parteien: Heute die Landtagsfraktion der Freien Liste

 

In der kommenden Arbeitssitzung wird sich der Landtag in zweiter Lesung mit der Anpassung des Gemeindegesetzes beschäftigen. Anlass für diese Änderung ist die absurde Situation nach der letzten Gemeinderatswahl in Balzers, als die FBP zwar mehr Stimmen als die VU erhalten hat, aber systembedingt nicht die Mehrheit der Gemeinderäte zugeteilt erhalten hat. Das ist undemokratisch und muss korrigiert werden.

Demokratiepolitisch viel dramatischer ist allerdings das Problem des Grundmandatserfordernisses für die Restmandatsverteilung. Dies kann in der Praxis leicht dazu führen, dass eine Partei schon mit 38 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit innehat und in der Gemeinde nach Belieben regieren kann. So z.B. in Planken: sollten sich hier vier Wählergruppen um Mandate bewerben und zwei knapp nicht die erforderlichen 12.5 Prozent Stimmenanteil für ein Grundmandat erreichen, würden diese zwei nicht in den Gemeinderat gewählt. Somit wären 25 Prozent der Wählerinnen und Wähler nicht im Gemeinderat repräsentiert. Diese faktische Sperrklausel wirkt demokratie-politisch fatal, wie sehr leicht nachvollziehbar ist, und muss nun mit dieser Gesetzesanpassung ebenfalls behoben werden.

Die Kollegialregierung von FBP und VU will nur aus einem einzigen Grund am Grundmandatserfordernis für die Restmandatsverteilung festhalten: Um ihre Sitze in den Gemeinderäten zu sichern. Mehr Demokratie würde eben in diesem Fall weniger rote und schwarze Gemeinderäte bedeuten.

Das Ministerium für Inneres, Bildung und Umwelt von Dominique Gantenbein stellt sich auf den Standpunkt, dass die dringend notwendige Abschaffung des Grundmandatserfordernisses nicht Auftrag der Motion gewesen sei. Daher werde am verbindlichen Text der von 13 Abgeordneten überwiesenen Motion festgehalten. Ganz generell bedeutet dies zusammengefasst, dass aus Sicht des Ministeriums an den Intentionen von Motionären bei den Lesungen im Landtag nicht gerüttelt werden soll.

Im Gegensatz dazu besteht die Gefahr, dass das gleiche Ministerium von Dominique Gantenbein bei der Umsetzung der von 16 Abgeordneten überwiesenen Motion zur doppelten Staatsbürgerschaft bei Einbürgerung auf die zweite Lesung diverse Verschärfungen in den Gesetzestext aufnimmt, obwohl diese dem Motionsauftrag diametral entgegenlaufen. Sie sind von den Motionären in keinster Art und Weise gewünscht.

Sollte das undemokratische Grundmandatserfordernis wegen des vorgeschobenen Grundes des verbindlichen Motionstextes nicht fallen, so sind in Konsequenz keinerlei Verschärfungen bei der gängigen Einbürgerungspraxis wegen der Abschaffung des Verzichtes auf die angestammte Staatsbürgerschaft bei Einbürgerung möglich. Sonst ist die Regierung mit ihrer Argumentation unglaubwürdig.