Für eine zukunftsorientierte und wirksame Familienpolitik in Liechtenstein  

Forumsbeitrag des Frauennetzes Liechtenstein

Die Ergebnisse der Familienstudie waren in ihrer Deutlichkeit überraschend und fanden Eingang in die öffentliche Diskussion. Seit der Publikation der Studie ist eine Arbeitsgruppe der Regierung damit beschäftigt, die Erkenntnisse in zielführende und zukunftsweisende Massnahmen umzusetzen. Auch das Frauennetz nimmt zu den Ergebnissen der Familienstudie Stellung. Eine ausführliche Stellungnahme samt Empfehlungen erging bereits ans Ministerium mit der Bitte, unsere Empfehlungen in die Arbeitsgruppe einzubringen.

Die Umfrage bestätigt, dass Eltern heute mehrheitlich berufstätig sind. Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist also ein zentrales Bedürfnis. Knapp 60 Prozent der Befragten geben jedoch an, dass sich für sie die Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf schwierig bis sehr schwierig gestaltet. Handlungsbedarf steht daher ausser Frage. Der Fokus soll sich unseres Erachtens darauf richten, dass Elternschaft auf dem Arbeitsmarkt nicht diskriminiert wird. Es gilt, die Arbeitgeber dafür zu sensibilisieren, dass sich Familienfreundlichkeit auch ökonomisch auszahlt. Als konkrete Massnahmen sind flexible Arbeitszeiten und die Schaffung von qualifizierten Teilzeitstellen für Mütter und Väter zu nennen. Den wirksamsten direkten Beitrag des Staates zu einer Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sehen wir in der Umwandlung des unbezahlten Elternurlaubs in eine bezahlte Elternzeit für Väter und Mütter. Auch eine klare Mehrheit von 76 Prozent der Befragten spricht sich dafür aus.

Die Umfrage zeigt, dass für die Mehrheit der Familien ausserhäusliche Betreuung Alltag ist, sei es durch das familiäre Umfeld, Kindertagesstätten oder Tagesmütter. Berücksichtigt man, dass bei der Umfrage fremdsprachige Familien fehlen, dann ergibt sich eine wesentlich grössere Bedeutung der ausserfamiliären Betreuungsstrukturen, da bei diesen Familien weniger auf das familiäre Netz zurückgegriffen werden kann. Ausserhäusliche Kinderbetreuungseinrichtungen sind notwendig und gesellschaftlich wertvoll. Eine ausreichende staatliche Subvention ist darum ausserordentlich wichtig und zahlt sich zudem in mehrfacher Hinsicht aus. Zum einen fliessen die Subventionen in Form von Steuern zurück, zum andern sind gute Kinderbetreuungseinrichtungen ein wichtiger Faktor zur Integration fremdsprachiger Kinder.

 

 

Auch Väter sollen die ersten Monate ihre Kinder selber betreuen
Oft spricht man im Zusammenhang mit Familienpolitik von „Wahlfreiheit“. In der Regel wird darunter die Wahlfreiheit für Mütter verstanden, nach der Familiengründung zuhause bleiben zu können. Diese Interpretation greift unseres Erachtens jedoch viel zu kurz. Wir plädieren für eine Wahlfreiheit für Eltern; auch Väter sollen die Möglichkeit haben, zumindest die ersten Monate ihre Kinder selber zu betreuen.

Diskussion um den Wert der unbezahlten Familienarbeit
Wir unterstützen eine Diskussion um den Wert der unbezahlten Familienarbeit. Es fällt nämlich auf, dass Familienarbeit gesagt, aber Mütterarbeit gemeint ist. Erst wenn Betreuungs- und Pflegearbeit von Müttern und Vätern eine Selbstverständlichkeit ist und durch entsprechende Strukturen gefördert werden, ist eine wirkliche Anerkennung der unbezahlten Care-Arbeit realistisch.

Für eine tatsächliche Wertschätzung der familiären Betreuungs- und Pflegearbeit ist die ökonomische Absicherung der unbezahlten Care-Arbeit in der zweiten Säule die wirksamste Massnahme. Wir unterstützen die politischen Vorstösse für eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung der Care-Arbeit.