Landtagssitzung März 2018, Thema: Fristenhemmung

Regierungsrätin Aurelia Frick hatte in der Landtagssitzung vom 27./28.Februar, 1. März 2019 einige Kleine Anfragen zu beantworten. 

 

Kleine Anfragen an Regierungsrätin
Aurelia Frick

In der Landtagssitzung vom 28. Februar bis 2. März 2018 musste Regierungsrätin Aurelia Frick drei Kleine Anfragen beantworten. Der Abg. Daniel Oehry stellte ihr folgende Fragen:

Fragen:

       Gemäss Gesetz vom 21. April 1922 über die allgemeine Landesverwaltungspflege besteht eine Hemmung von Rechtsmittelfristen während Gerichtsferien. Aus Art. 46a ist zu entnehmen, dass Rechtsmittelfristen durch Gerichtsferien beeinflusst werden und sich verlängern, falls eine Frist in die Gerichtsferien fällt oder diese erst nach den Gerichtsferien beginnen kann, sollte der Start der Frist in den Gerichtsferien zu liegen kommen. In diesem Zusammenhang ergeben sich darum folgende Fragen:

  1. Ein Gemeinderat fertigt einen rechtsmittelfähigen Entscheid aus, oder ein Gemeinderat beschliesst einen Kauf einer Liegenschaft, und dieser Entscheid unterliegt dem Referendum. Ist in diesen Fällen, wenn dies zum Beispiel vor den Weihnachtsferien geschieht eine Fristenhemmung gegeben?
  2. Gilt eine Fristenhemmung auch für Initiativen auf Landtagsebene, wenn zum Beispiel die Regierung verpflichtet ist innerhalb einer Frist von 4 Wochen zu antworten, wenn diese Frist in die Weihnachtsferien fällt?
Antwort:

Zu Frage 1:

Gemäss Art. 30 Abs. 1 LVG sind auf Verfahren in Gemeindeverwaltungssachen des eigenen Wirkungsbereichs die Vorschriften über die Fristenberechnung anwendbar. Von Art. 30 Abs. 1 LVG sind allerdings nur beschwerdefähige Angelegenheiten, jedoch keine referendumsfähigen Angelegenheiten umfasst, sodass Art. 46a LVG bei Referenden nicht zur Anwendung gelangt.

Zu Frage 2:

Nein, im erwähnten Fall gilt keine Fristenhemmung, da es sich nicht um eine Rechtmittelfrist handelt.


 

Kleine Anfrage des Abg. Thomas Lageder an Regierungsrätin Aurelia Frick zum Thema:

Alternierende Obhut und
Elternurlaub für Väter 

 

Frage:

An der Sitzung der parlamentarischen Versammlung des Europarates am 2.10.2015 in Strassburg wurde die Resolution 2079 mit 46 Stimmen, 0 Gegenstimmen und 2 Abwesenden verabschiedet. Sie verfolgt die gesetzliche Verankerung des Wechselmodells der Doppelresidenz, also die Betreuung von Trennungskindern durch beide Elternteile, als bevorzugtes anzunehmendes Modell in den Gesetzen der Mitgliedsstaaten. Die liechtensteinische Landtagsdelegation bei der parlamentarischen Versammlung des Europarats hat der Resolution ebenfalls zugestimmt.

Unter Ziffer 5.5 heisst es in der Zielformulierung der Resolution: «… in ihre Gesetze den Grundsatz der Doppelresidenz (Wechselmodell) nach einer Trennung einzuführen, und Ausnahmen ausschliesslich auf Fälle von Kindesmisshandlungen, Vernachlässigung, oder häuslicher Gewalt einzuschränken, mit jener Zeitaufteilung, in der das Kind mit jedem Elternteil lebt, die entsprechend den Bedürfnissen und Interessen des Kindes angepasst sind».

Unter Ziffer 5.12 heisst es in der Resolution als Zielformulierung weiters: «… bezahlten Elternurlaub für Väter einzuführen, wobei ein Modell der nicht übertragbaren Karenzzeiten zu bevorzugen ist».

Hierzu meine Fragen:

  1. Beabsichtigt die Regierung zum Beispiel Art. 177a des ABGB mit einem Absatz 5, der wie folgt lauten könnte, zu ergänzen: «Bei gemeinsamer elterlicher Sorge prüft das           Gericht im Sinne des Kindeswohls die Möglichkeit einer alternierenden Obhut, wenn     ein Elternteil oder das Kind dies verlangt.»
  2. Sieht die Regierung generell Handlungsbedarf beim Thema Doppelresidenz als Wechselmodell oder bei alternierender Obhut?
  3. Fall ja, bis wann gedenkt die Regierung in dieser Angelegenheit tätig zu werden?
  4. Sieht die Regierung Handlungsbedarf bei der Einführung eines bezahlten Elternurlaubs zum einen und zum andern mit einer Berücksichtigung von nicht übertragbaren Karenzzeiten zwischen den Elternteilen?
  5. Falls ja, bis wann gedenkt die Regierung hinsichtlich bezahlter Elternzeit tätig zu werden?
Antwort:

Zu Frage 1:

Seit dem 1. Januar 2015 gilt die gemeinsame Obsorge als Regelfall nach einer Trennung oder Scheidung. Die neue Rechtslage in Liechtenstein entspricht in etwa der geltenden Rechtslage in Österreich mit einzelnen Liechtenstein-spezifischen Anpassungen.

Bereits jetzt kann auf die individuellen Bedürfnisse der Eltern und vor allem auch des Kindes entsprechend eingegangen werden. So ist beispielsweise jetzt schon möglich, dass das Kind auch während der Woche von beiden Elternteilen an beispielsweise unterschiedlichen Tagen und Wohnorten betreut wird.

In Österreich hat der Verfassungsgerichtshofes mit seiner Entscheidung vom 23. Oktober 2015 die strittige Frage der „Doppelresidenz“ für Kinder geschiedener Eltern geklärt. Demnach können basierend auf dem geltenden Recht Kinder geschiedener Eltern bei gemeinsamer Obsorge, „zwei Zuhause“ haben (auch Wechselmodell oder Pendelmodell genannt). Es ist also jetzt schon möglich, dass die inländischen Gerichte unter den entsprechenden Voraussetzungen im Zweifelsfall dieser Judikatur folgen.

Zu Frage 2 und 3:

Die Regierung sieht angesichts der vorherigen Antwort derzeit keinen Handlungsbedarf.

Zu Frage 4:

Die Thematik bezahlter Elternurlaub war im Jahr 2012 im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie 2010/18/EU betreffend die überarbeitete Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub ein Thema. In der damaligen Debatte sprach sich der Landtag kritisch gegenüber einem bezahlten Elternurlaub und für eine Minimalumsetzung des unbezahlten Elternurlaubes aus.

Die Regierung hat seither weder bezüglich der Einführung eines bezahlten Elternurlaubs noch bezüglich der Berücksichtigung von nicht übertragbaren Karenzzeiten zwischen den Elternteilen Beschlüsse gefasst.

Zu Frage 5:

Siehe Frage 4.

 


 

Kleine Anfrage des Abg. Manfred Kaufmann an Regierungsrätin Aurelia Frick zum Thema:

Sexueller Missbrauch von Minderjährigen 

 

Frage:

Gemäss einem Artikel auf der Titelseite des Liechtensteinischen Vaterlands vom 7. Februar 2018 soll das Strafgesetzbuch den Ansprüchen der Gegenwart gerecht und teilweise verschärft werden. Der über 300 Seiten starke Vernehmlassungsbericht ist erschienen. Das derzeitige Strafmass zum sexuellen Missbrauch von Minderjährigen wurde vielfach in sozialen Medien sowie in öffentlichen Diskussionen kritisiert und zu tief erachtet. Gemäss dem Zeitungsbericht ist jedoch eine Anhebung des Strafmasses im Paragraph 208 zum sexuellen Missbrauch von Minderjährigen nicht vorgesehen. Es beläuft sich weiterhin auf drei Jahre. Hierzu meine Fragen:

  1. Ist es korrekt, dass das Strafmass unverändert bei drei Jahren bleiben soll?
  2. Was sind die Gründe, weshalb keine Erhöhung des Strafmasses vorgesehen ist?
  3. Ist vorgesehen, dass bei sexuellen Missbrauch von Minderjährigen keine Verjährung der Straftat erfolgt und falls nein, weshalb nicht?
  4. Ist vorgesehen, dass bei der Bemessung des Strafmasses ein Unterschied besteht, ob ein Missbrauch des Autoritätsverhältnisses vorliegt oder nicht?
  5. Wann ist mit der Vorlage in erster Lesung im Landtag zu rechnen?

 

Antwort:

Zu Frage 1:

Bei der erwähnten Medienberichterstattung lag nicht § 208 StGB zu Grunde, sondern § 206 StGB, welcher den sexuellen Missbrauch von Unmündigen regelt. Der Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 des liechtensteinischen StGB ist mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis fünf Jahren gleich geblieben und entspricht dem Strafmass wie in Österreich. Der Strafrahmen bei schweren Fällen nach Abs. 3 soll aber erhöht werden, neu mit einer Freiheitsstrafe von fünf bis fünfzehn Jahren – anstelle von einem bis zehn Jahren.

Bei § 208 StGB geht es demgegenüber um den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen. Wie in Österreich beträgt hier der Strafrahmen bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe.

Als Hintergrund: Als unmündig gilt, wer das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat; als minderjährig gilt, wer das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Zu Frage 2:

Wie in Frage 1 ausgeführt, wird das Strafmass beim Grundtatbestand des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nicht erhöht, für schwere Fälle gemäss Abs. 3 jedoch schon.

Zu Frage 3:

Es ist nicht vorgesehen, dass beim sexuellen Missbrauch von Minderjährigen keine Verjährung eintritt. Das ist auch in Österreich nicht der Fall. Allerdings wird durch die vorgeschlagene Abänderung von § 58 Abs. 3 StGB der Beginn der Verjährungsfrist weit nach hinten versetzt. Wenn Minderjährige Opfer von Sexualdelikten werden, wird die Zeit von der Tat bis zur Erreichung des 28. Lebensjahres des Opfers nicht in die Verjährung mit eingerechnet. Mit anderen Worten ausgedrückt: Die Verjährungsfrist beginnt erst mit Vollendung des 28. Lebensjahres zu laufen.

Zu Frage 4:

Bei der Strafbemessung durch das Gericht spielt es eine Rolle, wenn der Täter mehrere strafbare Handlungen derselben Art begangen hat. Die besonderen Erschwerungsgründe sind in § 33 StGB normiert. Der Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses ist nach § 212 StGB ein eigener Straftatbestand. Hier hat das Gericht im Einzelfall zu beurteilen, ob die Tatbegehung unter Ausnutzung der Stellung als Erzieher, Aufsichtsperson, Lehrer etc. erfolgt ist und somit eine höhere Strafe schuld- und tatangemessen ist.

Zu Frage 5:

Die erste Lesung dieser umfassenden StGB-Revision ist im Herbst 2018 geplant.