Pressemitteilung der VU-Landtagsfraktion zur Ratifizierung
des Abkommens mit der Schweiz
Die Landtagsfraktion der Vaterländischen Union fordert, dass vor einer Ratifizierung des Abkommens mit der Schweiz über den „kleinen Grenzverkehr“ im ambulanten Gesundheitsbereich die Hausaufgaben zu machen sind. Die ambulante medizinische Versorgung und die bestehende Bedarfsplanung müssen grundsätzlich überdacht werden, bevor übereilt Fakten über einen ratifizierten Staatsvertrag geschaffen werden.
Vaduz. – Seit das Abkommen vom 21. August 2017 zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend die gegenseitige Übernahme der Kosten für ambulante Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung öffentlich zugänglich ist, gehen die Wogen hoch. Kein Wunder, wurde es von der Regierung verpasst, die betroffenen Leistungserbringer einzubinden und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zum Staatsvertrag zu geben. Allein dem Liechtensteinischen Krankenkassenverband war dies vergönnt. Dieser hat sich überaus kritisch zum Abkommen geäussert: das System der OKP Plus werde ausgehebelt, Leistungserbringer in Liechtenstein würden schlechter behandelt als jene in der Schweiz und es würden Anreize geschaffen, sich im Rheintal und nicht in Liechtenstein niederzulassen. Inzwischen sind den Abgeordneten weitere Stellungnahmen von Leistungserbringern im Gesundheitswesen zugegangen, so von der Liechtensteinischen Ärztekammer, dem Apothekerverein des Fürstentums Liechtenstein und dem Verband Liechtensteinischer Chiropraktoren. Ganz zu schweigen von den vielen persönlichen Kontaktaufnahmen und Meinungsäusserungen in den Leserbriefspalten.
Auch LKV und Ärztekammer lehnen Abkommen ab
Die Ärztekammer schliesst sich der Argumentation des LKV an und empfiehlt eindringlich, das Abkommen abzulehnen und nachzuverhandeln, bis gleich lange Spiesse im Grenzverkehr gelten. Sie befürchtet eine Schwächung der liechtensteinischen Grund- und Spezialversorgung und eine diesbezügliche Abhängigkeit vom Ausland. Die anderen Berufsgruppen wiederum haben veritable Interessen am Abkommen. Es soll ihnen die Schweizer Patienten zurückbringen, die ihnen aufgrund der Marktabschottung in Form der Teilsuspendierung des Notenwechsels im Jahre 2014 abhandengekommen sind. Rechtzeitig vor Weihnachten offenbart sich also wieder eine heillose Uneinigkeit im Gesundheitswesen! Die komplett auseinander liegenden Interessen der Leistungserbringer werden sich auf das Stimmungsbild im Landtag niederschlagen und lassen eine äusserst knappe Entscheidung erwarten. Das Schlimme daran ist: es wird Verlierer geben, egal welcher Argumentation der Landtag letztlich folgt.
Knacknuss und Hintergrund des Wirrwarrs ist die Bedarfsplanung
Die Fraktion der Vaterländischen Union ist nicht der Meinung, dass es so sein muss. Knacknuss und Hintergrund des ganzen Wirrwarrs ist die 2004 eingeführte Bedarfsplanung. Die Mengenausweitung in die Schweiz ist mit dieser inländischen Restriktion unvereinbar. Einem im Inland regulierten System soll eine Liberalisierung im Ausland übergestülpt werden, was offensichtlich neue Probleme generiert. Deshalb fordert die VU-Fraktion, dass vor einer Ratifizierung des Abkommens die Hausaufgaben zu machen sind. Die ambulante medizinische Versorgung und die bestehende Bedarfsplanung müssen grundsätzlich überdacht werden, bevor übereilt Fakten über einen ratifizierten Staatsvertrag geschaffen werden. Umgekehrt laufen wir bei Ablehnung des Abkommens Gefahr, dass die Schweiz kein Interesse an Neuverhandlungen haben könnte, obwohl eine Öffnung des Gesundheitsmarktes und ein funktionierender Grenzverkehr grundsätzlich erwünscht sind.
VU für geschlossene Ablehnung im Landtag
Zur Sicherung des liechtensteinischen Handlungsspielraums und zur Aufrechterhaltung der Chancen, das Abkommen mit der Schweiz zu einem späteren Zeitpunkt abzuschliessen, beantragt die VU-Fraktion an der kommenden Landtagssitzung die Absetzung und Aufschiebung des Traktandums. Von Schweizer Seite aus stossen wir dabei sicher auf Verständnis, zumal das Abkommen den schweizerischen Räten bisher noch nicht zur Ratifizierung unterbreitet worden ist. Sollte der Landtag diesem Antrag nicht zustimmen, wird die Fraktion den Staatsvertrag zum heutigen Zeitpunkt geschlossen ablehnen.