Unsere Politiker haben es weit gebracht. Seit mehr als einem Jahr streiten und bekämpfen sich das Gesundheitsministerium, die Ärztekammer und auch der Krankenkassenverband um Tarife und Taxpunktewerte und um den Zeitpunkt der Umsetzung des TARMED. Der Ton, mit dem sich die beiden Kontrahenten seit Monaten gegenübertreten, ist scharf geworden. Jeder schiebt dem anderen die Schuld in die Schuhe.
Die Regierung lässt sich nicht vorschreiben – und da muss man ihr Recht geben – wer das Sagen in diesem Land hat. Nun geht es aber eigentlich nicht mehr um die Sache, sondern schlussendlich allen Involvierten nur noch darum das Gesicht zu wahren. Parteien werfen Regierungschef Hasler und Gesundheitsminister Pedrazzini „Einknicken“ vor, was diese auf das Schärfste zurückweisen. Dabei wollten sie der Ärztekammer entgegenkommen, wie sie sagen.
Nun droht am Ende sogar noch ein Rechtsstreit. So sagte der Regierungschef, der die Ärztekammer nun bewusst links liegen lässt: „Wir werden die n e u e Verordnung nun so ausgestalten, dass alle Ärzte verpflichtet werden, mit dem TARMED abzurechnen“. Gesundheitsminister Pedrazzini sei bereits beauftragt worden, den entsprechenden Entwurf vorzubereiten. Da erhebt sich die Frage, über was stimmt dann die Ärztekammer an ihrer Plenarsitzung nächste Woche ab? So ist es nicht verwunderlich, dass Regierungschef Hasler davon spricht, dass es immer noch zu einem Rechtsstreit über die Verordnung kommen kann. Er verspricht in Richtung Ärztekammer, dass „wir in einem solchen Falle alle unsere Möglichkeiten und Instrumente nutzen werden.
Die grosse Fragen…
Die grossen Fragen, die sich allen Versicherungsteilnehmerinnen und Versicherungsteilnehmer stellen, sind nach wie vor nicht oder nur teilweise beantwortet: Nach welchem Tarif wird nun abgerechnet? Kann es sein, dass am Ende der Patient die Differenz zwischen dem Liechtensteiner-Tarif und dem TARMED aus der eigenen Tasche bezahlen muss? – Und ist es jetzt in Stein gemeisselt, dass die Rechnungen unbezahlt an die Krankenversicherung geschickt werden können? Und kann der Patient den Arzt darum bitten, die Faktura direkt der Krankenkasse zu senden, wie bisher?
Der Krankenkassaverband spricht nur davon, die Arztrechnungen unbezahlt an die Krankenkassa zu schicken. Das heisst übersetzt, dass der Patient die Rechnung nun doch wieder vom Arzt zugestellt bekommt, was die allermeisten Versicherten gar nicht wollen!!
Zusammenarbeit mangelhaft
Wenn man die Aussendung von Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer vom heutigen Samstag anschaut, so muss man ihm in den Kernpunkten Recht geben. Darin schildert er eingangs kurz, dass er in der Frage, den Willen von Volk und Landtag beim Krankenversicherungsgesetz, über das vor einem Jahr abgestimmt wurde, „ohne Wenn und Aber“ umzusetzen, völlig mit Regierungschef Hasler und Regierungsrat Pedrazzini einig ist. Nicht einig sei er mit dem Regierungschef, wenn er in diesem gewichtigen Dossier seines Gesellschaftsministers zunächst sämtliche Gespräche ohne den geringsten Einbezug des Koalitionspartners führt und sie zu guter Letzt für sämtliche Beteiligten überraschend und einseitig als gescheitert erklärt. Dieser erneute Alleingang des Regierungschefs wird nicht allerorten goutiert.
Gleichzeitig fordert deshalb Thomas Zwiefelhofer, dass „aufgrund der Tragweite der aktuellen Situation der Koalitionspartner VU zur Lösungsfindung mit einbezogen wird“. Nach Meinung von Thomas Zwiefelhofer hätte die Gesamtregierung abwägen müssen, ob man so kurz vor dem Ziel aufgibt, oder ob man die dafür zuständige Plenarversammlung in der nächsten Woche nicht hätte abwarten können.
Nach den Worten des Vizeregierungschefs Thomas Zwiefelhofer müssen alle das Augenmerk auf die Versicherten legen. Denn unabhängig der unterschiedlichen Rechtsauffassung des Gesellschaftsministeriums und der Ärztekammer, stellt sich für die Prämienzahler immer noch die wichtigste Frage: Zahlt meine Krankenkassa die Arztrechnung? Denn nach einer „sofortigen Abrechnung nach TARMED“, wie es der Regierungschef verlangt, ist die Rechtslage noch immer nicht geklärt, was mit den Rechnungen passiert, die seit dem 1. Januar ausgestellt wurden. Deshalb fordert der Regierungschef-Stellvertreter: „Das Ziel muss es sein, dass die Versicherten für die Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen bis zum 1. Januar 2017 rückwirkend schadlos gehalten werden.“
Lösung immer noch möglich!
Das setzt allerdings voraus, dass die Ärztekammer bei der Plenarsitzung am kommenden Mittwoch beschliesst, der Einführung des Tarifs TARMED SCHWEIZ rückwirkend auf den 1.1.2017 zuzustimmen und dass gleichzeitig Regierungschef Adrian Hasler der in dieser Woche neu ausgehandelten Verordnung mit der Ärztekammer wieder zustimmt.