«Regierungschefin» ist das Wort des Jahres

Bildlegende Sie wählten das Wort des Jahres in Liechtenstein: Von links Günther Fritz, Doris Büchel, Daniel Quaderer, Magdalena Hilbe, Carmen Dahl; Cécile Bachmann ist nicht auf dem Bild. (PD)

Die Jury in Liechtenstein hat entschieden

Aus 470 Vorschlägen wählte die Jury «Regierungschefin» zum Wort des Jahres 2025 in Liechtenstein. Der Satz des Jahres lautet: «Wer austeilt, muss auch einstecken können.» Die Zahl des Jahres ist 851.

Das Wort des Jahres «Regierungschefin» markiert im Jahr 2025 einen historischen Wendepunkt für Liechtenstein. Seit dem 10. April 2025 steht Brigitte Haas an der Spitze des Landes. Ihre Wahl ist weit mehr als ein politischer Wechsel, denn sie steht sinnbildlich für die politische und gesellschaftliche Entwicklung eines Landes, das das Frauenstimmrecht auf Landesebene erst 1984 eingeführt hat. Ein weiteres bemerkenswertes Zeichen des Wandels ist, dass auch die Regierungschefin-Stellvertreterin eine Frau ist.

Mit Haas wurde erstmals in der Geschichte Liechtensteins eine Frau vom Parlament zur Re-gierungschefin vereidigt, ein Schritt, der international Beachtung findet. Während Liechtenstein damit ein bedeutendes Kapitel der politischen Gleichstellung aufschlägt, haben 14 europäische  Staaten bis heute noch nie eine gewählte Regierungs- oder Staatschefin hervorgebracht. Dazu zählen Albanien, Andorra, Armenien, Aserbeidschan, Belarus, Luxemburg, Monaco, Montenegro, die Niederlande, Russland, Spanien, die Tschechische Republik, der Vatikan und Zypern*. Zusätzlich öffentliche Aufmerksamkeit erhält die neue Regierungschefin durch ihre familiäre Verbindung als Cousine von Erzbischof Wolfgang Haas. „Regierungschefin“ steht damit 2025 für Aufbruch, politische Repräsentation und Gleichstellung.

«Wer austeilt, muss auch einstecken können.»

Das Urteil im Fall des Vaduzer Medienhauses vom 5. September 2025 macht deutlich, warum der Satz des Richters «Wer austeilt, muss auch einstecken können» zum politischen Leitspruch des Jahres 2025 geworden ist. In einer Zeit, in der Abstimmungskämpfe zunehmend  emotionalisiert werden und Fakten unterschiedlich wahrgenommen werden, ist eine robuste Streitkultur gefragt.

Das Landgericht Vaduz stellte erstinstanzlich klar: Wer sich bewusst in den öffentlichen Diskurs begibt, wer ein Referendum anführt und damit aktiv in die politische Meinungsbildung eingreift, muss sich auch zugespitzte Kritik gefallen lassen. Nicht jede harsche Formulierung verletzt die Ehre; oft ist sie Ausdruck eines lebendigen demokratischen Ringens.

Die Pressefreiheit ist dabei kein Freibrief, sondern ein zentraler Pfeiler, der den notwendigen Raum für deutliche Worte schützt. Das Urteil erinnert daran, dass Demokratie nicht vor Konflikten schützt, sondern sie sichtbar macht. Sie verlangt Mut zur öffentlichen Positionierung und die Fähigkeit, Gegenwind auszuhalten. Denn nur wer Kritik nicht als persönlichen Angriff, sondern als Teil des politischen Dialogs begreift, stärkt langfristig die Kultur der offenen Debatte.

Zahl des Jahres: 851

Die Zahl 851 steht sinnbildlich für die aussergewöhnliche Vereinsvielfalt Liechtensteins. Eine Kurzstudie der Universität Liechtenstein zeigt: Mindestens 851 Vereine prägen das gesellschaftliche Leben im Land, von Kultur und Musik über Sport, Freizeit und Geselligkeit bis hin zu Sozialem, Natur- und Tierschutz.

In Vaduz sind 227 der erfassten Vereine ansässig, in Schaan 118. Damit haben gut 40 Prozent der Vereine ihren Sitz in den beiden Zentrumsgemeinden. Auf Platz drei folgt Mauren-Schaanwald mit 96 Vereinen. Die übrigen Vereine verteilen sich auf Eschen-Nendeln (86), Balzers (74), Triesen (71), Triesenberg (61), Ruggell (45), Schellenberg (25), Gamprin-Bendern (22) und Planken (8).

Gemessen an der Einwohnerzahl weist Liechtenstein damit eine deutlich höhere Vereinsdichte auf als andere deutschsprachige Länder. Die grosse Zahl an meist gemeinnützigen Organisationen zeigt, wie stark sich die Bevölkerung ehrenamtlich engagiert und Verantwortung für Gemeinschaft und Gemeinwohl übernimmt.

So funktioniert das Auswahlverfahren

Nachdem im letzten Jahr ein Drittel der favorisierten Wörter medienpolitische Themen und Radio Liechtenstein betrafen, war das Themenfeld in diesem Jahr deutlich breiter gefächert. Die meisten Wortvorschläge kamen aus den Bereichen Innenpolitik, Künstliche Intelligenz, Wirtschaft, Casino und Gemeindepolitik. In der ersten Juryrunde werden 20 Wörter und Sätze priorisiert und jeweils begründet. In der zweiten Runde wird anhand der vergebenen Punkte das Siegerwort ermittelt. Die Jury 2025 besteht aus dem Jurypräsidenten Daniel Quaderer, der Kommunikationsexpertin Cécile Bachmann, der Buchautorin und Publizistin Doris Büchel, der Präsidentin des Liechtensteiner Presseclubs LPC Carmen Dahl, der Leiterin IKR Magdalena Hilbe und dem Publizisten Günther Fritz. Nach 24 Jahren Mitarbeit ist Günther Meier aus Altersgründen aus der Jury ausgeschieden. Ihm wurde für sein langjähriges Wirken herzlich gedankt.

Wörter des Jahres 2025

Deutschland KI-Ära

Schweiz Frauennati

Österreich Elch Emil

Liechtenstein Regierungschefin

Zusätzliche Auskünfte 

*Königinnen/Fürstinnen/Monarchie werden in dieser Aufzählung nicht als gewählte Regierungs- oder Staatschefinnen gezählt.