Neujahrsansprache von Regierungschefin Brigitte Haas

Neujahrsbotschaft von Regierungschefin Brigitte Haas. Foto: IKR

Geschätzte Einwohnerinnen und Einwohner

Ich hoffe, ihr seid alle gut ins neue Jahr gerutscht und blickt mit Zuversicht und Freude auf das neue Jahr. Es liegt ein Jahr hinter uns, das für viele Menschen auf der Welt nicht einfach war. So viel Leid auf der Welt, das vermieden werden könnte. Sei es in der Ukraine, im Sudan oder an vielen anderen Orten. Und darum mag Zuversicht und Freude vielleicht im ersten Moment komisch klingen.

In einer Zeit, wenn autokratische Tendenzen demokratische Errungenschaften gefährden. Wenn einst verlässliche internationale Partnerschaften in Frage gestellt werden. Wenn der Mensch und die Natur mit den Folgen des Klimawandels ringen. Ist dann Zeit für Optimismus und Zuversicht?

Ja, davon bin ich überzeugt.

Woraus aber Kraft, Freude und Zuversicht schöpfen? Für mich ist klar: Indem wir den Fokus auf uns richten. Indem wir uns dessen annehmen, was wir beeinflussen können.

Ja, Liechtenstein ist eng vernetzt mit der Welt. Gleichzeitig sollten wir unser Glück nicht zu sehr von der Weltlage abhängig machen. Wir halten den Schlüssel dazu selbst in der Hand.

Ich spreche von innerer Haltung. Von Eigenverantwortung.

Wir selbst entscheiden, wie wir Dinge wahrnehmen und bewerten, wie viel Raum wir Negativem geben, welche Perspektive wir wählen. Und welche Schlüsse wir daraus für uns selbst ziehen. Wie wir mit Herausforderungen umgehen.

Wir haben im Land dafür eine gute Ausgangslage. Wir leben in stabilen und sicheren Verhältnissen. Vieles ist für uns heute selbstverständlich: Wenn wir den Wasserhahn aufdrehen, kommt sauberes Wasser – und sogar warmes. Wenn wir den Lichtschalter drücken, geht das Licht an. Wenn wir Hunger haben, kaufen wir Lebensmittel im Laden. Wenn wir Lust auf frische Luft haben, können wir jederzeit raus in unsere wunderbare Natur.

Warum nicht einfach wertschätzen, wie gut es uns in Liechtenstein geht? Eine positive Grundeinstellung vermag so viel zu bewirken.

Ich rede auch von Zusammenhalt.

Wir alle sind soziale Wesen. Wir suchen die Gemeinschaft, möchten uns zugehörig fühlen. Das gibt uns Geborgenheit und ein Gefühl der Sicherheit.

Deshalb tragt Sorge zu euren zwischenmenschlichen Beziehungen, seid da für die Menschen, die ihr liebt und denen ihr euch verbunden fühlt. Und begegnet auch allen anderen freundlich und wohlwollend. Schenkt aber auch Fremden ein Lächeln. Fragt euch vielleicht, wie ihr mithelfen könnt, das verbindende Element unserer Gesellschaft zu stärken.

Oft können schon kleine Gesten grosse Wirkung entfalten – ein fröhliches «Hoi», ein Platz, den wir jemand anderem im Bus anbieten.

Auch Freiwilligenarbeit und ehrenamtliche Tätigkeiten haben enormes integratives Potenzial. Weil wir selbstbezogene Motive ausblenden und unser Tun am Wohl anderer ausrichten. Davon profitiert eine Gemeinschaft unglaublich – und sie tut es umso mehr, je mehr Menschen sich auf diese Weise engagieren.

Ich spreche von Vertrauen.

Vertrauen ist die Basis von allem. Nur so können tragfähige Verbindungen entstehen – zu unseren Mitmenschen, aber ebenso zum Staat.

Und wir dürfen vertrauen.

«Die oberste Aufgabe des Staates ist die Förderung der gesamten Volkswohlfahrt», heisst es in Artikel 14 unserer Verfassung. Nach dieser Maxime handeln wir– Tag für Tag. Weil es das Recht der Bevölkerung ist. Weil es unser ureigenes Interesse ist. Denn letztlich ist der Staat nicht nur die Regierung oder die Verwaltung. Der Staat sind wir alle. Und das dürfen wir leben und spüren.

Liebe Einwohnerinnen und Einwohner Liechtensteins

Wir haben allen Grund zur Zuversicht. Wenn wir weiterhin unsere Verantwortung wahrnehmen. Wenn wir mutig sind. Wenn wir zuversichtlich sind.

Der Schlüssel dazu liegt in unserer Hand – nutzen wir ihn.

«A guats Neus!» Ich bin überzeugt: Das wird es!