Im Dezember-Landtag stand der 5. Monitoringbericht zur Energiestrategie 2030 zur Diskussion. Der Bericht der Regierung liefert wichtige Daten, doch müssen Daten interpretiert werden. Bei der Lektüre beschlich mich das Gefühl, dass in dieser Gesamtschau eine gefährliche «Wohlfühl-Situation» herbeigeschrieben wird, die einiger Anmerkungen bedurfte.
Text: Johannes Kaiser, Landtagsabgeordneter
Der trügerische Erfolg bei den Erneuerbaren
Auf den ersten Blick eine Erfolgsmeldung: Das Ziel von 30 Prozent erneuerbarer Energie wurde 2024 mit 31,7 Prozent bereits übertroffen. Das klingt hervorragend. Aber schauen wir genauer hin: Worauf fusst dieser Erfolg? Er basiert fast ausschliesslich auf der sogenannten Kategorie 2 – also auf importierter erneuerbarer Energie und Abwärme, insbesondere der Fernwärme aus der KVA Buchs (+ 9,1 Prozent) und Holzimporten (+14,3 Prozent ). Das ohnedies eher niedrige Teilziel für die einheimische Produktion (Kategorie 1), die für die liechtensteinische Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit entscheidend ist, wurde hingegen noch nicht erreicht.
Bei Biogas ist die Tendenz rückläufig (-10 Prozent). Wir dürfen uns nicht auf importierter Wärme ausruhen – auch wenn der Ausbau des Fernwärmenetzes durch Liechtenstein Wärme mit einem Absatzwachstum von 9,1 Prozent lobend zu erwähnen ist. Die Eigenversorgung hat dennoch mit 35 Prozent bezüglich des Stroms und 31,7 Prozent bezüglich der Gesamtenergie bei weitem noch kein zufriedenstellendes Ausmass erreicht angesichts der ökonomischen Unabsehbarkeiten, der künftigen Marktpreise und des rasant voranschreitenden Klimawandels.
Die Bestätigung der PV-Monokultur
Der Bericht bestätigt erstmals offiziell, wovor Experten – und auch die Machbarkeitsstudie der LIGEN – seit langem warnen: Unsere einseitige Fokussierung auf Photovoltaik führt zu Problemen, wenn wir sie nicht in ein umfassenderes Energiesystem einbetten, das insbesondere einen optimierten Energiemix und vor allem auch Speicherlösungen umfasst.
Wir bauen Solarstrom für den Sommer aus, den wir verschenken müssen, während wir im Winter weiterhin am Tropf der dann teuren Importe hängen. Das ist volkswirtschaftlich ineffizient. Wir brauchen dringend einen komplementären Energiemix und Speicherlösungen für die zwangsläufig anfallenden Überschüsse bei optimalen Nennleistungsbedingungen im Sommerhalbjahr.
Windkraft: Bürokratisch wirkendes SUP-Prozedere
Im letztjährigen Monitoringbericht gab es einen Lichtblick: Die Regierung hatte das Windpotenzial korrigiert. Von früher unrealistisch tiefen 14 GWh sprach der Bericht –
gestützt auf neue Studien – von 110 GWh. Wind wird nun als «zentrales Element» anerkannt. Demgegenüber steht jedoch derzeit die Diskussion bezüglich eines bürokratisch wirkenden SUP-Prozederes (Strategische Umweltprüfung), welches von Anfang an eine derart grosse Fülle von Ausschlusskriterien und Barrieren enthält, dass eine ernsthafte Entwicklung von Windenergie zur deutlichen Steigerung der Eigenversorgung vor allem im Winterhalbjahr wenig realistisch erscheint.
Speicher und V2G: Warten statt Handeln
Der Monitoringbericht widmet dem Thema Speicher ein eigenes Kapitel. Es wird erkannt, dass Vehicle-to-Grid (V2G) – also das Nutzen von Autobatterien als Schwarm-Speicher – technisch bereit und sinnvoll ist. Wenn eine Technologie bereit ist, die unsere Netze stabilisieren und Kosten senken könnte, dann muss die Politik die regulatorischen Hürden jetzt lösen oder beseitigen.
Fazit
Der Monitoringbericht verdeutlicht, dass wir bei der echten Dekarbonisierung im Inland langsamer sind, als die Schlagzeilen vermuten lassen. Die Regierung hat zwar begonnen richtige Schwerpunkte anzusprechen (Windpotenzial, Speicherbedarf), zieht aber noch nicht die nötigen praktischen Konsequenzen für das Handlungstempo.




