Die Fachwelt würdigt eine «einmalige» Leistung

Der Präsident der Stiftung Hagenhaus, Dr. Marcus Büchel, gratuliert dem Architekten Anton Nachbaur zu den beiden Architekturpreisen. Bild: Klaus Schädler

Seit 1837 prägt das Hagenhaus das Ortsbild von Nendeln. Die Gebäudehülle machte zunehmend einen desolaten Eindruck, nachdem die Hofstätte über 30 Jahre unbewohnt geblieben war. Doch seit einem Jahr erstrahlt es in neuem Glanz. Nach dem Motto «Geht nicht gibt’s nicht» hatte die Stiftung Hagenhaus keine Mühen gescheut, um aus dem historischen Gebäudeensemble wieder das architektonische Schmuckstück zu machen, das es einst war. Zwei internationale Architekturpreise zeugen nun vom Erfolg dieses Unterfangens.

Text: Heribert Beck

Doppelwohnhaus, Poststelle für das gesamte Unterland, Gewerberäumlichkeiten, Landwirtschaftsbetrieb mit grosser Stallscheune: Das Hagenhaus an der Nendler Engelkreuzung hatte schon viele Funktionen. Seit die Stiftung Hagenhaus das seit 1988 unter Denkmalschutz stehende Gebäude samt Scheune und Waschhaus in zweijähriger Bauzeit umfassend saniert hat, beheimatet es den Sitz der Musikakademie Liechtenstein mit Professorenwohnungen und Studentenzimmern sowie Peter-Kaiser-Konzertsaal und Foyer mit kleiner Küche.

Bis es im Sommer 2024 so weit war, mussten die zuständigen Architekten aber ein gutes Stück Revitalisierungsarbeit erledigen. Denn die Gebäude hatten einerseits während Jahrzehnten leer gestanden, andererseits galt es gerade im Innenausbau viel Historisches wie Dielenböden und Gipsputze, Türblätter und Sprossenfenster, Wandverkleidungen und geschichtsträchtige Öfen, zu erhalten. «Es war entscheidend, dass wir mit den Architekten Cukrowicz Nachbaur aus Bregenz Experten engagieren konnten, denen es in hervorragender Weise gelungen ist, die historischen Gebäude harmonisch mit dem Neubau des Foyers zu verbinden», sagte Dr. Marcus Büchel, Präsident der Stiftung Hagenhaus, im vergangenen Jahr vor der offiziellen Eröffnung.

Eine «wunderbare Neuinterpretation»
Dass Marcus Büchel mit seiner Einschätzung nicht allein dasteht, hat sich nun eindrücklich bestätigt. Gleich zwei renommierte Architekturpreise hat das Büro Cukrowicz Nachbaur kürzlich für das Ensemble in Nendeln erhalten: den «ICONIC AWARD» vom deutschen Rat für Formgebung und den «best architects award». Letzterer zählt zu den bedeutendsten Architekturauszeichnungen und ist Gradmesser der architektonischen Entwicklung im Spitzensegment. Er gilt als Gütesiegel für herausragende architektonische Leistung und positioniert die prämierten Architekten an der Spitze der internationalen Architekturszene.

Der «ICONIC AWARD» wiederum verfolgt einen interdisziplinären Ansatz und gilt als einer der renommiertesten Preise in Deutschland. Besonders hervorgehoben hat die Jury die «wunderbare Neuinterpretation» der ehemaligen Scheune mit ihren verstellbaren Holzlamellen und das homogene Fassadendesign.

«Wir haben uns ideal ergänzt»
Der doppelt ausgezeichnete Architekt Anton Nachbaur hat die Awards mit Freude für sich und sein Team entgegengenommen. «Solche Preise sind Wertschätzung und Bestätigung in der täglichen Arbeit zugleich.» Rückblickend hält er fest, dass er im Hagenhaus trotz seines heruntergekommenen Zustands sofort grosses Potenzial gesehen hat. «Die Aufgabe hatte ihren ganz besonderen Reiz. Angesichts der Kompaktheit und der künftigen Nutzung waren die Vorgaben komplex. Es galt beispielsweise, den Schallschutz an der stark befahrenen Hauptstrasse so zu realisieren, dass der Verkehrslärm die Arbeit der Musikakademie nicht stört. Es galt aber auch, Funktionen wie Wohnen, Üben, Konzerte und Administration auf kleinem Raum miteinander zu vereinbaren, ohne dass sie sich beeinträchtigen.»

Den Ruhm der beiden Preise für sich allein beanspruchen möchte Anton Nachbaur aber nicht: «Aus dem denkmalgeschützten Ensemble ist ein Schmuckstück entstanden, das Baugeschichte in die Gegenwart transformiert und wieder in altem Glanz erstrahlt, sich aber gleichzeitig mit einer Leichtigkeit präsentiert, die den Aufwand, der dahintersteckt, von aussen nicht erkennen lässt. Das ist insbesondere deshalb gelungen, weil die Zusammenarbeit mit der Stiftung als Bauherrin und den künftigen Nutzern stets reibungslos verlaufen ist und wir uns ideal ergänzt haben.»

«Ausserordentliche Projekte entstehen nur mit ausserordentlichen Bauherren;
die vertrauensvolle Zusammenarbeit war der Schlüssel zum Erfolg.»

Gregor Benz,
Cukrowicz Nachbaur Architekten

Anerkennung aus Praxis und Lehre
Patrik Birrer, Leiter des Amts für Kultur und damit zuständig für den Denkmalschutz in Liechtenstein, sieht in Cukrowicz Nachbaur verdiente Preisträger: «Die renommierten Architekturpreise für das Hagenhaus würdigen die gelungene Verbindung von historischer Substanz und zeitgemässer Gestaltung – sie stehen für eine hohe Baukultur in Liechtenstein. Sie zeigen aber auch, dass die Restaurierung und Umnutzung sowohl den Denkmalschutzrichtlinien als auch hohen architektonischen Ansprüchen gerecht werden. Gleichzeitig stärken sie das öffentliche Bewusstsein für den kulturellen Wert des Gebäudes und die Bedeutung qualitätsvoller Denkmalpflege.» Begeistert ist auch Prof. Daniel Stockhammer, Dekan der Liechtenstein School of Architecture. Er sagt: «Das Hagenhaus überzeugt durch die behutsame Instandsetzung der historischen Hofanlage und die präzise architektonische Weiterentwicklung des Bestands. Die Landschaftsgestaltung reagiert sensibel auf das Vorhandene. Sie schafft einen Ort mit Atmosphäre und eigenständiger Identität. Es entstand ein harmonisches Ensemble, das Bestand und Ergänzung zu einer ruhigen, selbstverständlichen Gesamtkomposition verbindet.» Dies kann Dražen Domjanić, Geschäftsleiter der Musikakademie, bestätigen: «Tradition trifft moderne: Wir profitieren von bester Akustik in Kombination mit schönster Optik. Den Preisträgern gilt meine herzlichste Gratulation.»

Selbstredend ist auch Marcus Büchel mehr als glücklich über die Anerkennung, die dem Hagenhaus zuteilgeworden ist: «Es ist wohl das erste Mal in Liechtenstein, dass ein renoviertes historisches Gebäude mit zwei internationalen Preisen für exzellente Architektur ausgezeichnet worden ist. Das Renovieren der alten Bausubstanz mit moderner technischer Infrastruktur und Zubauten stellte eine alles andere als triviale Aufgabe für die Architekten dar. Der Preis bedeutet eine grosse Anerkennung und wird als starker Impuls zum Erhalt sowie zur Revitalisierung der noch vorhandenen historischen Bausubstanz im Land wirksam werden. Die Stiftung Hagenhaus schätzt sich überaus glücklich, dass unsere Architekten diese Auszeichnungen erhalten haben. Es ist ihnen gelungen, etwas Ausserordentliches zu gestalten, etwas, das das Herz erfreut und die Seele zum Klingen zu bringen vermag.»