Leserbrief von Jo Schädler, Bendern

Sebastian Kurz hätte mit seiner Sicht auf die Dinge, die im Moment die Welt bewegen, den Wirtschaftswunderabend gerettet. Auch wenn man nicht dabei war, zeugt diese Ansicht eines Leserbriefschreibers davon, wie wenig es doch braucht, die Menschen zu begeistern und zu verzücken. Auf dem grünen Rasen genügt ein Fusstritt im richtigen Moment auf den Ball in die richtige Richtung. Der Torschütze wird sodann für immer und ewig zum Gott aller Götter gekürt und mit Millionen beträufelt.

Das erste Gebot des Christentums ermahnt doch eindringlich und nicht ohne Grund: Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. Diese Worte kann man achten, oder verachten, nur wenn jeder bei jeder Gelegenheit sich seine Götter nach Belieben und im Stimmungsrausch aussucht, bis er sich selber nicht mehr auskennt und dabei gleichzeitig von einer Wertegesellschaft spricht, die es zu erhalten und zu verteidigen gälte, wird ihm das Glück eher nicht die Haustüre einrennen.

Leider schreibt die Zeitung nicht viel darüber, was Sebastian Kurz, in Österreich auch gerne neckisch der „Wunderwuzzi“ genannt und an dem strafrechtliche Ermittlungsverfahren einfach abprallen, zu erzählen hatte. Ob er das westliche Mantra unserer Wertegesellschaft noch unreflektierter verkündet, wie wir es von unseren Medien tagtäglich über uns ergehen lassen müssen? Oder brachte er eine neue, eine vernünftigere Sicht auf die Dinge mit, die unserer  Wunderwirtschaft dienlich sein wird. Nur wenn er mit einer Koalitionsfähigkeit der Österreicher Parteien daherkommt, kann und muss durchaus erwähnt werden, dass eben dieses Österreich im Korruptionsindex Jahr für Jahr saftig weiter nach hinten rutscht.

Zu seinem politischen Abschied sagte Kurz dereinst: Es war „die Ehre meines Lebens“ der Republik Österreich gedient haben zu dürfen. Diese Ehre für Österreich bezeugte er ja kraftvoll, indem er seinen ersten Besuch als Kanzler nicht etwa den nächsten Nachbarn, sondern Bruxelles abstattete.