Welche Parallelen zwischen den beiden Fürstentümern bestehen – und welche nicht.

Interrail? Verschwitzte junge Leute mit grossen Rucksäcken? Das war einmal. Der eine oder andere wird sich daran erinnern. Heute reist man mit Interrail als Erwachsener gern in der ersten Klasse. Bequem und komfortabel. Das Interrail-Ticket funktioniert im Prinzip wie ein Generalabonnement, nur eben für ganz Europa. Freie Fahrt ab Buchs, Sargans oder Feldkirch bis Helsinki, Warschau oder Neapel!

Text: Christoph Maria Merki

Eine dieser Reisen führte mich kürzlich nach Monaco, das auf halbem Weg zwischen Marseille und Genua an der Côte d’Azur liegt. Monaco ist zusammen mit Liechtenstein das einzige Land der Welt, das in die Kategorie der demokratisch-limitierten Monarchien gehört. Die zwei Fürstentümer basieren also gleichermassen auf dem Fürsten und dem Volk. Sie sind aber nicht nur verfassungsrechtlich verwandt, es existieren auch viele andere Parallelen – und ein paar Unterschiede.

Blick über Monaco, Stadt an der Côte d’Azur

Von Frankreich nach Monaco gelangt man mit dem Zug der französischen SNCF alle 20 Minuten durch einen Tunnel: Der unterirdische Bahnhof Monaco-Monte-Carlo ist geräumig und klimatisiert, über unterirdische Rolltreppen gelangt man zu Fuss schnell hinunter zum Hafen. Liechtenstein hingegen hat es vor einigen Jahren verpasst, seine Bahnstrecke aufzuwerten, obwohl die ÖBB einen grossen Teil der Kosten übernommen hätten. In Monaco, das seine Entwicklung ganz entscheidend dem Bahnanschluss von 1869 verdankt, nutzen heute viele Einheimische, Pendler und Touristen die Bahn.

Das ist auch nötig, denn der Platz in Monaco ist knapp bemessen. Das Fürstentum an der Côte d’Azur ist sehr viel kleiner als Liechtenstein, hat aber fast gleich viele Einwohner. Die Einwohnerdichte ist entsprechend hoch, Strassen wurden in den Berg verlegt, und die Häuser wachsen wegen des Platzmangels in den Himmel.

Fürstenpalast von Monaco

Die Herrscherfamilie Monacos ist ähnlich alt wie jene Liechtensteins. Während sich die Grimaldis im Dienst der Genuesen hervortaten, profilierten sich die Liechtenstein im Dienst der Habsburger. Die Grimaldis stehen seit der Heirat von Fürst Rainier mit der amerikanischen Schauspielerin Grace Kelly im Fokus des Jetsets, der Regenbogenpresse und der Filmindustrie. Die Liechtenstein hingegen halten sich bewusst zurück. Sie wollen keine internationale Aufmerksamkeit. Man ist reich, zeigt es aber nicht. Wo Geld ist, ist übrigens auch Kunst: Sowohl in Monaco als auch in Vaduz gibt es sehenswerte Museen und Galerien. Und auch bei der Bildung zeigen sich Parallelen: Die private, englischsprachige University of Monaco konzentriert sich auf Sport- und Luxusmanagement sowie Finanzen, die Universität Liechtenstein unter anderem auf Betriebswirtschaft und natürlich auch auf das Finanzwesen.

Schloss Vaduz, Liechtenstein

Die Bürger von Monaco erhalten eine vom Staat subventionierte Wohnung
Während in Liechtenstein knapp zwei Drittel aller Einwohner liechtensteinische Bürger sind, ist in Monaco nur jeder vierte Einwohner ein Monegasse. Über eine allfällige Einbürgerung befindet dort nicht das Volk, sondern einzig und allein Fürst Albert. Es lohnt sich: Die Bürger Monacos haben neben ihrer umfassenden Steuerfreiheit das Recht auf eine vom Staat zur Verfügung gestellte und subventionierte Wohnung. Denn auch die Schattenseiten des Wohlstands ähneln sich. Hotels und Gastronomie in Monaco sind teuer, und der Verkehr ist zähflüssig. Die Parkplätze sind rar, die Liegegebühren im Hafen hoch, die Mieten exorbitant. Für eine grosse Wohnung mit Meerblick zahlt man 190‘000 Euro – nicht im Jahr, sondern im Monat.

Die administrativen Wege in Monaco sind, weil das Land klein und kompakt ist, mindestens so kurz wie jene in Liechtenstein. Als wir in der Nähe des Palastes auf einer Terrasse mit Blick aufs Meer beim Mittagessen sassen, sahen wir am Nebentisch zufällig die aktuelle Regierungschefin. Zwei hohe Beamte traten an ihren Tisch, begrüssten sie (der eine mit Küsschen, der andere mit Handschlag), zogen sich mit ihr kurz zurück und hatten ihre Angelegenheit im Handumdrehen erledigt. Das kam uns, ohne der liechtensteinischen Regierungschefin Haas nahetreten zu wollen, irgendwie bekannt vor.

Ähnlich wie Liechtenstein mit der Schweiz hat Monaco mit seinem einzigen Nachbarn Frankreich seit langem eine spezielle Beziehung. Monaco nutzt den Euro, Liechtenstein den Franken. Beide leben sie in einer Zollunion mit einem sehr viel grösseren und mächtigeren Nachbarn. So hat sich Frankreich beim Steuerregime rigoros durchgesetzt: Franzosen, die in Monaco wohnen, müssen auf die dort geltende Steuerfreiheit bei Einkommen, Vermögen und Erbe verzichten. Sie zahlen in Monaco die hohen Steuern ihres Herkunftslandes.

Der Finanzsektor dominiert die Wirtschaft Monacos
In Banken und Trusts wird wie in Liechtenstein vor allem ausländisches Vermögen verwaltet. Die Lage am Meer, der Hafen, die Spielbank und der Finanzsektor bringen zudem Einkünfte aus dem Tourismus. Man sieht Luxusjachten und Sportwagen, aber auch Kreuzfahrtpassagiere auf ihrem Tagesausflug. Für eine eigenständige Landwirtschaft oder industrielle Unternehmen gibt es in dem winzigen Stadtstaat keinen Platz. Die monegassische Wirtschaft zieht wie die liechtensteinische sehr viele Grenzgänger an: Diese erledigen in beiden Staaten die Jobs, welche die Einheimischen nicht machen wollen oder die so spezialisiert sind, dass es dafür keine einheimischen Bewerber gibt.

Die katholische Kirche hat wie in Liechtenstein, wo sie den besonderen Schutz des Staates geniesst, auch in Monaco eine einflussreiche Stellung. Monaco ist seit 1981 ein eigenes Erzbistum, Liechtenstein seit 1997. Die liechtensteinische Kathedrale ist ein neogotischer Sakralbau, die monegassische ein neoromanischer. Eine Heirat in die Fürstenfamilie Grimaldi setzt heute allerdings weder voraus, katholisch erzogen zu sein noch aus dem Adel zu stammen. Fürstin Charlène, eine Bürgerliche, trat vor ihrer Hochzeit mit Fürst Albert einfach zur katholischen Staatskirche über.

Grand Prix von Monaco

Sport wird in Monaco grossgeschrieben
Sport wird in Monaco wie in Liechtenstein grossgeschrieben. Unterhalb der monegassischen Altstadt mit ihrer Kathedrale und ihrem Palast befindet sich auf der Aussenseite der Hafenmauer eine von der öffentlichen Hand eingerichtete, idyllische und kostenlose Badestelle, ähnlich wie die Grossabünt. Der Gampriner Badesee mag deutlich kleiner sein als das azurblaue Mittelmeer, dafür gibt es dort keine Feuerquallen. In Monaco findet jedes Jahr das weltweit beachtete Formel-1-Rennen statt. Liechtenstein ist allenfalls Austragungsort der Tour de Suisse, und das nicht nur zur Freude der Einwohner. Auch beim Fussball spielt Monaco in einer anderen Liga als der FC Vaduz: Die renommierte Mannschaft der AS Monaco, an welcher der Fürst namhaft beteiligt ist, mischt regelmässig an der Spitze der ersten Liga Frankreichs mit.

Casino Monte-Carlo
Alpin Royal Casino in Schaan

Monaco mit Glücksgriff bei seinem Casino
Mit seinem mondänen und prächtigen Casino hat Monaco einen Glücksgriff getan. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts verbrachten der Adel und das Grossbürgertum die Wintermonate an der milden Côte d’Azur und trafen sich in der luxuriösen Spielbank. Szenen zweier James Bond-Filme wurden dort zwischen Spieltischen aus Mahagoni und Vorhängen aus schwerem rotem Samt gedreht. Leider steht nicht zu erwarten, dass sich James Bond je in eine der vergleichsweise gesichtslosen Casinobauten Liechtensteins verirren wird. Denn diese lockten bisher vor allem Spieler aus den Nachbarländern an, nicht aber den glamourösen Jetset.

Mareterra, Stadteil am Meer
Das Fürstentum Monaco, das für seinen Luxus und seine architektonische Kühnheit bekannt ist, hat einen spektakulären neuen Stadtteil bekommen: Mareterra, eine sechs Hektar grosse Erweiterung am Mittelmeer.

Es gäbe noch viel zu erzählen, doch erkundet man Monaco wie Liechtenstein am besten selbst. Denn als Fazit bleibt: Beide Länder sind eine Reise wert, und ohne sie gesehen zu haben, kennt man die einzigen demokratisch-limitierten Monarchien der Welt nicht wirklich. Mit Interrail ist man von Zürich in gut fünf Stunden in Genua, von dort aus in weiteren drei Stunden in Monaco – theoretisch, denn internationale Züge sind notorisch unzuverlässig. Wer dem Jetset angehört, mag in Erwägung ziehen, von Zürich nach Nizza zu fliegen, um von dort in sieben Minuten per Hubschrauber zum Heliport Monaco zu gelangen.

 

 

 

 

 

Interessantes über Monaco

Wie gross ist Monaco im Vergleich zu anderen Kleinstaaten?
Monaco ist gerade einmal 2,08 Quadratkilometer gross. Dagen ist Liechtenstein flächenmässig fast ein Riese, nämlich 80 Mal grösser. Das Fürstentum Monaco ist nach dem Vatikanstaat das zweitkleinste Land der Welt, Liechtenstein das sechstkleinste. In Monaco leben 19‘000 Menschen auf einem Quadratkilomer.

Wieviele Milliardäre gibt es in Monaco?
Mindest drei. Monaco hat somit das höchste Pro-Kopf-Milliardärsverhältnis weltweit.

Sind Monaco und Monte Carlo das Gleiche?
Oft wird Monte Carlo als die Hauptstadt bezeichnet und Monaco als Land, doch Monte Carlo ist lediglich ein Bezirk von Monaco.

Wer ist der reichste Mensch von Monaco?
Die reichste Bürgerin Monacos ist derzeit Tatiana Santo Domingo. Sie ist die Ehefrau von Andrea Casiraghi, dem ältesten Sohn von Prinzessin Caroline von Monaco.

Welche Prominenten wohnen in Monaco?
Monaco ist die Heimat einer Reihe berühmter Einwohner. Zu den bekanntesten gehören die Formel-1-Fahrer Lewis Hamilton, Max Verstappen und Lando Norris, Tennisspieler Novak Djokovic und Modedesigner Valentino Garavani.

Warum lässt Frankreich die Existenz Monacos zu?
Der französisch-monegassische Vertrag, der später durch den Versailler Vertrag (Artikel 436) bestätigt wurde, besagt, dass Frankreich die Unabhängigkeit und Souveränintät Monacos verteidigen würde. Im Gegenzug durfte Monaco keine Aussenpolitik betreiben, die im Widerspruch zu jener der Franzöischen Republik stand.

Ist Monaco das reichste Land der Welt?
Monaco hatte laut Schätzung der Weltbank 2022 ein Pro-Kopf-BIP von rund 222‘000 Euro und damit das höchste weltweit. Auf Platz 2 folgt Liechtenstein mit einem BIP von 172‘388 Euro pro Kopf. Zum Vergleich: Deutschland wies 2022 ein Pro-Kopf-BIP von rund 45‘000 Euro auf und rangierte auf Platz 20.

Warum braucht man 500‘000 Euro, um in Monaco zu leben?
Seit 2017 müssen Ausländer, die ohne regelmässiges berufliches Einkommen in Monaco ansässig werden möchten, mindesens 500‘000 Euro bei einer Bank im Fürstentum einzahlen.

Was ist das grösste Problem in Monaco?
Trotz des Wohlstands des Fürstentums und seines Rufs als Zufluchtsort für die Reichen ist Korruption in Monaco nach wie vor weit verbreitet. Zu den Problembereichen zählt die Herausforderung, Transparenz und Integrität der Regierungsstrukturen aufrechtzuerhalten.

Wie hoch ist der Mindestlohn in Monaco?
In Monaco beläuft sich er sich auf 1786,33 Euro brutto auf der Grundlage von 39 Arbeitsstunden pro Woche, was einem Studensatz von 10,57 Euro entspricht.

Lässt Monaco Asylsuchender ins Land?
Nein, Monaco nimmt normalerweise keine Flüchtlinge direkt auf. Stattdessen ist Frankreich für die Prüfung von Asylanträgen und die Einwanderungsangelegenheiten Monacos zuständig. Die Regierung Monacos verweist Asylsuchende daher an die zuständigen französischen Behörden.

Wie ist Monacos Wirtschaft strukturiert?
Trotz seiner geringen Grösse verfügt Monaco über eine diversifizierte Wirtschaft, die Tourismus, Banken, Immobilienwirtschaft und High-Tech-Industrien umfasst.

Warum ist Monaco so ausgeprägt sportaffin?
Monaco hat eine ausgeprägte Affinität zum Sport, da es als Steueroase und sicheres, diskretes Umfeld viele Top-Athleten und reiche Personen anzieht, die dort residieren und trainieren. Zudem etabliert sich Monaco als globales Zentrum für Sportveranstaltungen, was durch die Ernennung zur «Welthauptstadt des Sports 2025» unterstrichen wurde. Der Sport ist ein integraler Bestandteil der kulturellen Identität Monacos und treibt auch die Tourismus- und Luxusgüterbranche an. Weltberühmt wurde Monaco durch die Austragung des Grossen Preises von Monaco (seit 1929) und später der Formel-1-Rennen, aber auch durch die Fussballmannschaft AS Monaco, die in der höchsten französischen Profiliga spielt.

Was kostet ein Quadratmeter einer Immobilie in Monaco?
Monaco hat einen hohen Lebensstandard und beherbergt einige der teuersten Immobilien der Welt. Im Jahr 2022 lag der durchschnittliche Quadratmeterpreis einer Immobilie in Monaco bei über 52‘000 Euro.

Wie spricht man in Monaco?
Die offizielle Sprache von Monaco ist Französisch, aber auch Italienisch und Englisch sind weit verbreitet. Der lokale Dialekt heisst Monegassisch, eine Mischung aus Französisch und Italienisch.