Der Triesenberger Gemeindevorsteher Christoph Beck ist seit zehn Jahren im Amt und hat in dieser Zeit einige Entwicklungen erlebt, die ihm Kopfzerbrechen bereiten. Eine angespannte Finanzlage, neue Aufgaben und überbordende Bürokratie machen ihm seine Arbeit nicht leicht. Dennoch setzt er sich nach wie vor mit viel Engagement für die Bürgeranliegen ein und kann gemeinsam mit dem Gemeinderat immer wieder Meilensteine in der Dorfentwicklung erreichen.
Die zunehmende,
überbordende Bürokratie
macht die Arbeit in der
Gemeindepolitik nicht
einfacher. Ich gewinne
immer mehr das Gefühl, dass
wir uns in Liechtenstein
in unserem Handeln
selbst einschränken.
Christoph Beck
Gemeindevorsteher von Triesenberg
Herr Gemeindevorsteher, das Jahr 2025 neigt sich langsam dem Ende zu. Ist es noch zu früh für eine Bilanz?
Gemeindevorsteher Christoph Beck: Obwohl man den Tag nicht vor dem Abend loben – und genauso wenig schelten – sollte, kann ich jetzt schon sagen, dass ein intensives Jahr hinter uns liegt. Ein ebensolches liegt auch vor uns, aber genau das macht meinen Job ja gerade so spannend.
Worauf spielen Sie an?
Die Aufgaben, welche die Liechtensteiner Gemeinden zu bewältigen haben, werden immer mehr. Die Herausforderungen sind lösbar, aber für eine Gemeinde wie Triesenberg – ohne grössere finanzielle Reserven und mit vergleichsweise niedrigen jährlichen Einnahmen – ist das Bewältigen aller möglichen Aufgaben alles andere als einfach.
Mit dem horizontalen Finanzausgleich und der Sonderzahlung für die Aufgaben im Berggebiet, die Triesenberg sozusagen für die ganze Liechtensteiner Bevölkerung erbringt, sollte sich die Situation doch verbessert haben?
Das hat sie, und dennoch stossen wir finanziell an unsere Grenzen. Ein Blick zurück kann vielleicht am besten illustrieren, was ich ausdrücken möchte: Als im Jahr 2013 eine Sanierung des Staatshaushalts unumgänglich war, mussten alle ihren Beitrag leisten – auch die Gemeinden. Über Kürzungen des Finanzausgleichs und der kommunalen Anteile an der Ertragssteuer kamen 50 Millionen Franken zusammen, die seither beim Staat verbleiben beziehungsweise an ihn fliessen. Das war damals richtig und wichtig. Seither hat sich die finanzielle Lage des Landes aber wesentlich zum Besseren verändert. Jedes Jahr sehe ich, wie der Landesvoranschlag tief budgetiert ist, und anschliessend wird dennoch ein hoher Millionengewinn eingefahren. Seit 2013 hat der Staat seine Reserven um eine Milliarde Franken erhöht. Das ist natürlich gut für das Land, und im Endeffekt hat die ganze Bevölkerung etwas davon. Dennoch kann es für mich nicht angehen, dass die Gemeinden dermassen an der kurzen Leine gehalten werden. Trotz aller Zuschläge der vergangenen Jahre sind wir beim Finanzausgleich heute auf dem Stand von 2013. Mit diesen Mitteln mussten wir damals schon knapp kalkulieren. Die Teuerung der vergangenen zwölf Jahre kommt aber noch hinzu, genau wie neue Aufgaben, beispielsweise in der Liechtensteinischen Alters- und Krankenhilfe, der LAK, ober beim EZV, dem Entsorgungszweckverband. Verstehen Sie mich nicht falsch: Aufgaben gemeinsam zu stemmen, ist sicher der richtige Weg. Aber dass das Land dabei immer reicher wird, während wir dazu angehalten sind, bestehende Abgaben zu erhöhen oder gar neue einzuführen, sehe ich nicht ein.
Dennoch setzt auch Triesenberg immer wieder grössere Projekte um, wie die Sanierung der Sportanlage Leitawis oder den Bau des Stützpunkts für die Blaulichtorganisationen.
Das ist ein Einwand, den ich immer wieder zu hören bekomme. Aber Stillstehen ist keine Option. Es ist tatsächlich so, dass wir uns derzeit mit der Zukunft des Bildungsstandorts und – immer noch – des Dorfzentrums beschäftigen. Das machen wir, weil wir Prioritäten setzen und gestaffelt planen müssen. Wir müssen also frühzeitig wissen, was möglich ist. Selbstverständlich gäbe es auch noch Sparpotenzial. Niemand zwingt die Gemeinde Triesenberg beispielsweise, die Installation von privaten PV-Anlagen zu fördern. Das ist für uns tatsächlich ein beträchtlicher Ausgabenposten. Aber gleichzeitig sehen der Gemeinderat und ich es als den falschen Ansatz, ausgerechnet dort zu sparen, wo man der Umwelt Gutes tun kann. Einen ähnlichen Ansatz verfolgen wir mit der geplanten Einführung des Ortsbusses.
Ortsbusse sind in Liechtenstein nichts Neues. Aber was macht Ihre Variante speziell?
In erster Linie Glück (schmunzelt). Ortsbusse wie in anderen Gemeinden, die mehrere Hunderttausend Franken oder gar einen siebenstelligen Betrag pro Jahr kosten, können wir uns nicht leisten, obwohl von der Topografie her gerade Triesenberg sehr von einem solchen Angebot profitieren würde. Nun ist es aber so, dass die LIEmobil Gaflei künftig im Stundentakt bedienen wird. Die Fahrt vom Dorfzentrum nach Gaflei und zurück dauert aber nur 28 Minuten. Wir sind daher mit der LIEmobil übereingekommen, dass wir die verbleibenden 32 Minuten nutzen, um eine Ortsbuslinie anzubieten. Leider ist dies lediglich eine abgespeckte Variante, da die Zeit nicht ausreicht, um das gesamte, weitläufige Siedlungsgebiet zu bedienen. Eine Erweiterung zu einem späteren Zeitpunkt ist jedoch nicht ausgeschlossen. Aber zumindest für den unteren Teil des Dorfs können wir eine erhebliche Verbesserung schaffen – und das an sieben Tagen pro Woche. Das kostet uns rund 100‘000 Franken mehr pro Jahr als bis anhin und erleichtert beispielsweise Einkäufe im Zentrum für viele Einwohnerinnen und Einwohner. Ausserdem ist der Bus perfekt auf die Linie 21 nach Vaduz abgestimmt, sodass möglichst viele ihn hoffentlich auch für den Arbeitsweg nutzen. Schön wäre, wenn wir mit dem neuen Angebot gleich auch noch die Zahl der Elterntaxis bei der Primarschule etwas reduzieren könnten, wobei der Ortsbus natürlich nicht zum Schülerbus mutieren soll. Aber er könnte für die teils doch sehr langen Schulwege etwas Erleichterung bringen.

Die Lage scheint etwas verzwickt. Sie machen das Beste aus den vorhanden Geldern und vermitteln damit gewissermassen den Eindruck, dass es ja doch reicht …
Vermutlich. Wir müssen uns zwar nach der Decke strecken und können keine Wunschprojekte, die nicht unbedingt nötig sind, umsetzen. Dies unterscheidet uns stark von anderen Liechtensteiner Gemeinden. Dennoch haben wir einige dringende Vorhaben in der Schublade, die es ernsthaft anzuschauen gilt. Es ist auch keinesfalls mein Ziel, dass alle Gemeinden gleich aufgestellt sind. Wir sollten einfach die Möglichkeit haben oder bekommen, um unsere zahlreichen Aufgaben gut zu bewältigen, ohne bei der Bevölkerung Abstriche machen zu müssen, die es andernorts nicht gibt.
Das klingt insgesamt ein wenig nach Resignation.
Resignation empfinde ich nicht. Ich bin nun schon seit zehn Jahren Vorsteher einer wunderbaren Gemeinde und habe zehn grossartige Jahre erlebt. Aber die zunehmende, überbordende Bürokratie macht die Arbeit nicht einfacher. Ich gewinne immer mehr das Gefühl, dass wir uns in Liechtenstein in unserem Handeln selbst einschränken. Wenn ich sehe, über welche Lappalien wir mit Ämtern der Landesverwaltung streiten und wie lange es sich hinzieht, beispielsweise ein öffentliches WC ausserhalb der Bauzone zusammen mit einem standortgebundenen Gebäude zu erstellen, dann kann ich den Frust, den die Bevölkerung bisweilen im Kontakt mit der Verwaltung artikuliert, durchaus verstehen. Wir sind der Umwelt alle sehr verbunden und wollen unsere Heimat erhalten – so erlebe ich die Liechtensteiner jedenfalls. Aber manchmal wäre es schon sinnvoll, sich vorwärtszubewegen, statt sich hinter Paragrafen zu verstecken. Hätten das die uns vorangegangenen Generationen so gehandhabt, wären wir heute definitiv nicht so weit, wie wir es tatsächlich sind. Doch statt etwas zu ändern, schaffen wir immer wieder neue Leitplanken, die unser Handeln einschränken. Ich appelliere daher an den gesunden Menschenverstand, damit wir uns nicht bald komplett einschnüren. Ich will mich nicht in Rage reden, aber eines muss ich noch loswerden: Ganz schwierig wird es, wenn es nicht mehr um die Sache geht, sondern Entscheidungen auf ideologischer Basis getroffen werden – und dies passiert bei manchen Amtsstellen leider immer wieder.

Sie haben in diesem «intensiven Jahr», wie Sie es eingangs nannten, aber sicher auch schöne Momente als Vorsteher erlebt?
Selbstverständlich gab es die. Sehr viele sogar. Um nur einige zu nennen: Der Tag der offenen Tür im neuen Stützpunkt für unsere Freiwillige Feuerwehr und unsere Samariter hat gezeigt, welch grossartiges Gebäude wir für diese beiden wichtigen Institutionen erstellen konnten und welch grosses Interesse dafür in unserer Gemeinde besteht. Es erfüllt mich auch persönlich mit Stolz, dass es uns gelungen ist, den Blaulichtorganisationen einen langgehegten Wunsch zu erfüllen – und das zu vernünftigen Konditionen. Der Umzug in den neuen Stützpunkt beziehungsweise der Auszug aus dem Mehrzweckgebäude «Kontakt» gibt uns nun auch die Möglichkeit, uns mit der bereits angesprochenen Zukunft des Bildungsstandorts zu befassen.
Dann waren da noch drei grosse Jubiläen mit starker Symbolkraft. Wir haben diesen Herbst die 50. «Bäärger Wuchha» begangen. Dass ein solcher Anlass dermassen lange Bestand hat und die Menschen über Jahrzehnte begeistert, ist in Liechtenstein wohl etwas Einmaliges, und unseren Triesenberger Wirten gebührt grosses Lob dafür. Das zweite Jubiläum haben wir am 31. Oktober gefeiert: 100 Jahre Schlossstrasse. Sie ist ein Highlight für Touristen und für unsere Gemeinde eine wichtige Verkehrsachse, die eine gute Anbindung an Vaduz, Schaan und das Unterland gewährleistet – wir wären nur froh, wenn sie nicht jedes Jahr monatelang gesperrt wäre (schmunzelt). Die Schlossstrasse wurde übrigens von Dezember 1924 bis Dezember 1925 in nur einem Jahr in teils schwierigstem Terrain gebaut. Das zeigt, was früher, ohne überbordende Bürokratie, alles möglich war. Mitte November konnten wir zudem 30 Jahre Jugendtreff «Pipoltr» feiern. Beim «Pipoltr» handelt es sich um einen Ort, der so manch Jugendliche und Jugendlichen geprägt und in schwierigen Phasen begleitet hat. Mit einer kleinen Jubiläumsfeier konnten wir auch dem langjährigen Leiter Viktor Sele für seinen unermüdlichen Einsatz unseren Dank aussprechen.
Stichwort «Highlight für Touristen»: Wie verbringen Sie den Winter?
Wann immer möglich, bin ich natürlich in unseren heimischen Bergen anzutreffen, und ich freue mich, wenn unsere Wirte und Bergbahnen möglichst viele Gäste in Malbun begrüssen dürfen. Sie sind mit den Vorbereitungen in den letzten Zügen. Wenn jetzt noch die Schneelage stimmt, dann steht uns eine wunderbare Saison bevor, bei der ich ebenfalls ein paar Tage ausspannen und Energie für das Jahr 2026 und seine Herausforderungen sammeln werde (schmunzelt).






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