Anfang 2025 konnten der Liechtensteinische Krankenkassenverband und die Ärztekammer Druck aus der kinderärztlichen Versorgung nehmen, indem eine Praxis in Chur mit einem OKP-Vertrag ausgestattet wurde. Diese Lösung hat sich inzwischen wieder zerschlagen. Die Verbände können jedoch schon eine neue präsentieren und stellen weitere Erleichterungen in Aussicht, wie LKV-Geschäftsführerin Angela Amann und Kammer-Geschäftsführer Stefan Rüdisser informieren.
Interview: Heribert Beck
Wie hat die Liechtensteiner Bevölkerung das pädiatrische Angebot in Chur aufgenommen?
Angela Amann: Zunächst gab es gewisse Bedenken wegen der Distanz. Der Grund für die meisten Besuche bei Kinderärzten sind aber Vorsorgeuntersuchungen, also gut planbar. So konnten wir mit dem neuen Angebot Luft ins System bringen. Leider wurden die Eltern der Patienten im Sommer durch die Praxis informiert, dass die Möglichkeit nicht mehr besteht und sie sich an eine Praxis in Bonaduz wenden sollen.
Wie haben Sie darauf reagiert?
Wir als Krankenkassenverband sind nicht direkt informiert worden, sondern haben es über Eltern erfahren. Diese waren mit der Praxis in Bonaduz in aller Regel zufrieden. Das Problem war, dass sie über keinen Liechtensteiner OKP-Vertrag verfügte, womit die Leistungen von den Krankenkassen nicht erstattet wurden – ausgenommen bei Versicherten in der OKP+. Wir haben in Zusammenarbeit mit der Ärztekammer mit Hochdruck an einer Lösung gearbeitet, und nun erhält diese Praxis, die auch noch über Kapazitäten für neue Patienten verfügt, einen entsprechenden OKP-Vertrag. Da sie zu einer Praxisgruppe gehört, hat sich sogar noch eine weitere Lösung abgezeichnet.
Die da wäre?
Die Gruppe hat auch einen Standort in Maienfeld. Beide gemeinsam werden mit einem OKP-Vertrag ausgestattet. In Maienfeld sind zwar keine Fachärzte für Pädiatrie beschäftigt, aber «Familienärzte».
Was verbirgt sich hinter diesem Begriff?
Stefan Rüdisser: Es handelt sich dabei in aller Regel um Allgemeinmediziner mit vertieften pädiatrischen Kenntnissen. Sie haben sich während der Weiterbildung und anschliessend in ihrer ärztlichen Tätigkeit entsprechend spezialisiert. Das ist keine neue Erscheinung, sondern in eher ländlichen und nicht mit Kinderärzten gesegneten Regionen der Schweiz durchaus üblich, erprobt und wird von Eltern wie Kindern gut angenommen. Es handelt sich also nicht etwa um ein Experiment oder eine Bastellösung, sondern um ein bewährtes System, das nun auf Liechtenstein ausgedehnt werden kann. Eltern, die keinen Kinderarzt im Land mehr finden konnten, können sich nun entscheiden, ob sie lieber etwas weiter zur Pädiaterin nach Bonaduz oder weniger weit zu den Familienärzten in Maienfeld fahren. Ab 1. Januar 2026 zeichnet sich überdies nochmals eine Lösung ab.
Was sprechen Sie konkret an?
Angela Amann: Dann wird eine weitere Praxis in der Region, in der mehrere Pädiater wirken werden, mit einem OKP-Vertrag ausgestattet. Bei dieser Praxis handelt es sich um eine Neueröffnung. Sie startet also komplett ohne Belegung. Überdies liegt sie noch näher an Liechtenstein als Bonaduz und Chur. Sobald dort Termine vereinbart werden können, werden wir die Bevölkerung informieren.
Stefan Rüdisser: Wir sind zuversichtlich, dass diese neuen Lösungen zu einer wesentlichen Entlastung des Systems führen und die medizinische Versorgung der Liechtensteiner Kinder deutlich voranbringen – und wie schon angesprochen, sind es vor allem die planbaren Vorsorgeuntersuchungen, die Ressourcen binden. Akute Krankheiten sind nicht so häufig und zeitaufwendig, und dafür finden sich immer Lösungen, auch im Inland. In schwerwiegenden Fällen erfolgt die Behandlung ohnehin in einem Kinderspital. Gleichzeitig sind wir aber auch bestrebt, bald wieder ein neues kinderärztliches Angebot im Inland zu schaffen. Das Fazit lautet: Wir können bereits zählbare Erfolge aufweisen, und die Situation wird sich in naher Zukunft weiter entschärfen. Bis dahin hoffen wir auf die Geduld der betroffenen Eltern.




