In ihren vier Jahren als Regierungschef-Stellvertreterin hat Sabine Monauni eine Reihe Agenden vertreten, die teilweise von grosser Brisanz geprägt waren. Gleichwohl blickt sie gerne auf diese Zeit zurück. Ihr Fazit lautet: «Viele Turbulenzen, aber kein Stillstand bei wichtigen Themen». Und auch in der nächsten Legislaturperiode möchte sie ihren Beitrag zu einer verbindenden Politik leisten, die die Menschen in den Vordergrund stellt.
Interview: Heribert Beck
Ihre erneute Kandidatur für die Regierung kam für die meisten Interessierten wenig überraschend. Dass Sie sich nach der Kandidatur als Regierungschefin 2021 bei den kommenden Wahlen als Regierungsrätin bewerben schon eher. Warum haben Sie sich für diesen Weg entschieden?
Sabine Monauni: Das ist eine Entscheidung, die ich nicht allein getroffen habe, sondern gemeinsam mit der Parteispitze und dem Regierungskandidatenteam der FBP. Wir können mit Ernst Walch einen Regierungschefkandidaten ins Rennen schicken, der als ehemaliger Landtagspräsident, Aussenminister und Parteipräsident sowie mit ausgewiesenen Kenntnissen über den Finanzplatz die besten Voraussetzungen für dieses Amt mit sich bringt. Zudem ist er sehr gut im In- und Ausland vernetzt und als Anwalt mit der
liechtensteinischen Rechtsordnung bestens vertraut. Ich unterstütze daher die Spitzenkandidatur von Ernst Walch und freue mich, mit ihm und Daniel Oehry als Team zu kandidieren. Ich bin überzeugt, dass wir uns mit unseren unterschiedlichen Kompetenzen und Persönlichkeiten sehr gut ergänzen.
Mit dem Ministerium für Inneres und den Geschäftsbereichen Wirtschaft
sowie Umwelt hatten Sie in der zu Ende gehenden Legislaturperiode
grosse Aufgaben zu bewältigen, und teils haben Sie viel Gegenwind
erfahren – Stichworte Energievorlagen oder Radio Liechtenstein. Wie
lautet Ihr Fazit zu diesen mittlerweile knapp vier Jahren?
Die Legislaturperiode war vor allem von Krisen geprägt. Zuerst Corona, dann die durch den Ukraine-Krieg verursachte Flüchtlings- und Energiekrise. So mussten innert kürzester Zeit Hilfsprogramme wie etwa Energiekostenzuschüsse aufgesetzt und Krisenstäbe eingerichtet werden. Vor allem die drohende Energiemangellage im Winter 2022/23 hat viele Ressourcen gebunden. Heute sind wir auf eine solche Situation um einiges besser vorbereitet und haben entsprechende Notfallpläne in der Schublade. Die anhaltenden
Fluchtbewegungen aus der Ukraine stellen das Flüchtlingswesen vor eine nie dagewesene Herausforderung. Dank klarer Regeln und Planungsinstrumenten, insbesondere für die Unterbringung, sowie der grossen Solidarität seitens der Bevölkerung konnten wir die Situation bislang gut bewältigen. Neben all diesen anspruchsvollen Themen ist es uns zudem gelungen, wichtige Vorlagen umzusetzen oder voranzutreiben, wie etwa das
umstrittene Jagdgesetz, die Sanierung der Bergbahnen Malbun oder die Einführung einer bezahlten Vaterschafts- und Elternzeit. Mit Blick auf den Umwelt- und Klimaschutz haben wir es geschafft, das CO2-Reduktionsziel des Landes von 40 auf 55 Prozent bis zum Jahr 2030 zu erhöhen sowie das Leitbild für eine ökologisch und wirtschaftlich nachhaltige Landwirtschaft neu festzulegen. Wir haben gemäss Auftrag des Landtags die Energievorlagen für den Ausstieg aus fossilen Energien und mehr Eigenversorgung
umgesetzt, welche jedoch in der Volksabstimmung vom Januar 2024 abgelehnt
wurden. Trotzdem sehen wir seither einen massiven Zubau bei den erneuerbaren Energien sowie ein erhöhtes Bewusstsein in der Bevölkerung für eine zuverlässige und umweltfreundliche Energieversorgung. Mein Fazit der letzten knapp vier Jahre lautet daher: Viele Turbulenzen, aber kein Stillstand bei wichtigen Themen.
Als Regierungschef-Stellvertreterin sind Sie im In- und Ausland viel herumgekommen. Welche Begegnungen in Ihrer politischen Karriere
haben Sie besonders beeindruckt?
Als Regierungsvertreterin eines Landes hat man das Privileg, viele interessante Menschen aus Politik und Wirtschaft kennenzulernen. Vor allem die Treffen mit liechtensteinischen Unternehmerpersönlichkeiten haben mich sehr inspiriert und mir neue Perspektiven eröffnet. Wir können stolz sein auf unsere innovativen Unternehmen, die nicht nur wichtige Arbeitsplätze schaffen, sondern zum Teil auch Weltmarktführer sind. Am meisten beeindruckt haben mich aber die Begegnungen mit Menschen, die sich freiwillig und ehrenamtlich in unserem Land engagieren. Ich denke dabei an die vielen Feuerwehren und andere Rettungsorganisationen sowie gemeinnützige Vereine, die Tag für Tag und teilweise unter Gefährdung des eigenen Lebens für andere einstehen. Dieser Gemeinsinn hält unser Land zusammen. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle!
Wie würden Sie Ihren Politikstil in den vergangenen vier Jahren beschreiben
und würden Sie an diesem festhalten oder planen Sie, mit der Erfahrung von vier Jahren im Rücken, etwas an Ihrem Stil zu verändern?
Verantwortungsvoll, pragmatisch und lösungsorientiert. Ich respektiere andere Meinungen und suche stets nach guten Kompromissen, damit am Schluss niemand als Verlierer dasteht. Ich mag das Aussitzen von Problemen nicht und scheue mich nicht, schwierige Themen anzupacken und sie einer Entscheidung zuzuführen. Die Erfahrungen der vergangenen vier Jahre haben mich gelehrt, dass man es in der Politik nie allen recht machen kann und der Gegenwind manchmal eisig weht. Ich musste mir in diesen
vier Jahren eine dicke Haut zulegen, bin aber – so hoffe ich – nach wie vor feinfühlig genug, um zu spüren, was die Menschen in unserem Land bewegt. Zudem habe ich festgestellt, dass es durchaus anerkannt wird, wenn man für seine Überzeugungen und Werte einsteht. Daher versuche ich, mir selbst treu und damit auch glaubwürdig zu bleiben.
Was würden Sie in der kommenden Legislaturperiode in Liechtenstein generell gerne bewegen oder erreichen?
Wir leben in einer Welt, die sich zunehmend polarisiert und extreme Positionen
befördert. Ich möchte für eine Politik einstehen, die verbindet und
nicht spaltet. Der gesellschaftliche Zusammenhalt in unserem Land liegt
mir sehr am Herzen. Und zwar nicht nur zwischen besser und weniger
Begünstigten, sondern auch zwischen Jung und Alt. Als Mutter von zwei
heranwachsenden Kindern ist es mir ein besonderes Anliegen, die Jugend
in politische Entscheidungen einzubeziehen. Wir haben in Liechtenstein
die besten Voraussetzungen für Chancengleichheit und sozialen Frieden.
Und dennoch gibt es auch in unserem Land Menschen, die sich von der
Politik abgewandt haben und enttäuscht sind. Das Vertrauen dieser Menschen
müssen wir zurückgewinnen, indem wir ihre Anliegen ernst nehmen
und uns damit auseinandersetzen.
Wie verbringen Sie Ihre Freizeit, wenn Sie nicht mit der Regierungsarbeit
oder dem Wahlkampf beschäftigt sind?
Die wenige Freizeit, die mir neben der Regierungsarbeit bleibt, verbringe
ich am liebsten mit Familie oder Freunden. Am schönsten sind die Sonntage
ohne Plan und Termine. Der perfekte Sonntag besteht aus: kochen,
gut essen, Bücher lesen und Filme schauen. Und wenn mir der Kopf mit zu
vielen Gedanken brummt, dann mache ich gerne ausgedehnte Waldspaziergänge.
Da hat sich schon so manches Gedankenkarussell gelöst. Einmal
im Jahr gibt es ausserdem einen Städtetrip mit besten Freundinnen.
Da wird gelacht, geweint und alles beredet – ausser der Politik.
Welche Schlagzeile würden Sie gerne Anfang des Jahres 2029 im
Rückblick auf eine weitere Amtsperiode in der Regierung über sich
lesen?
«Sie hat sich mit Weitblick, Verstand und Herz für das Land und seine
Leute eingesetzt.»