Zollvertrag: Österreich und Schweiz

Beck Cyrus

Im kommenden Jahr feiern Liechtenstein und die Schweiz das 100-Jahr-Jubiläum des 1923 abgeschlossenen Zollvertrags. Kurz vor dem Jubiläumsjahr richte ich meinen Blick noch einmal etwas weiter zurück, denn bereits im 19. Jahrhundert war Liechtenstein eine letztlich 67 Jahre dauernde Zollvereinigung mit Österreich eingegangen. Im Folgenden werden die beiden Zollverträge an Beispielen verglichen.

Die Errichtung von Zollunionen isolierte das Fürstentum Liechtenstein in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wirtschaftlich. Dem 1833/34 geschaffenen Deutschen Zollverein waren Österreich und Liechtenstein trotz Zugehörigkeit zum Deutschen Bund ferngeblieben. Zudem fielen im Jahr 1848 auch im neuen schweizerischen Bundesstaat die Zollschranken weg. Erst im Jahr 1852 gelang ein Vertragsabschluss mit Österreich und somit der Beitritt Liechtensteins zum österreichischen Zoll- und Steuergebiet. Nach der Notzeit des Ersten Weltkriegs und der Auflösung des Zollvertrags mit Österreich 1919 fand sich Liechtenstein wiederum wirtschaftlich und politisch isoliert zwischen zwei viel grösseren Zollgebieten wieder. Dieses Mal richtete sich der Wunsch nach einer Zollunion nach Westen in die Eidgenossenschaft. 1923/24 erfolgte der Anschluss an das schweizerische Zollgebiet.

Nach dem Zollvertrag von 1852 schloss sich Liechtenstein nicht nur dem österreichischen Zollsystem an, sondern insbesondere auch dem System der indirekten Steuern, also den Konsumsteuern. Ebenso wurde Liechtenstein gemäss Zollvertrag von 1923 ein Bestandteil des Schweizer Zollraums und übernahm zudem die Stempel- und Couponsteuer, später auch die Warenumsatzsteuer, der Schweiz.

Die Zoll- und Steuererträge wurden bis 1919 für Liechtenstein und Vorarlberg gemeinsam berechnet und nach Schlüsseln aufgeteilt, wobei die Bevölkerungszahlen im Vordergrund standen. Liechtensteins Staatskasse war existenziell auf diese Einnahmen angewiesen. Um unerwartete Ausfälle zu verhindern, garantierte das Kaiserreich ein jährliches Reineinkommen pro Kopf, das ursprünglich zwei Gulden betrug und später angepasst wurde. Im Zollvertrag mit der Schweiz wurde ursprünglich ein pauschaler Anteil Liechtensteins an den Einnahmen aus den Zöllen und Gebühren von 150´000 Franken pro Jahr festgeschrieben. Im Jahr 1951 wurde allerdings auch in der Zollunion mit der Schweiz auf das Modell eines Verteilschlüssels pro Kopf umgestellt.

Auf der Grundlage des Zollvertrags mit Österreich galten etliche österreichische Gesetze und Verordnungen, die das Zollwesen und die indirekten Steuern betrafen, auch in Liechtenstein, und es sollten auch künftige neue einschlägige Erlasse ohne Zutun Liechtensteins im Land kundgemacht werden. Noch weiter ging und geht der Zollvertrag mit der Schweiz, der nicht nur die Anwendung der gesamten schweizerischen Zollgesetzgebung, sondern sehr unbestimmt auch die Geltung des übrigen Schweizer Rechts vorsieht, wenn der Zollanschluss dessen Anwendung bedingt. Darunter fallen mittlerweile etwa Normen aus dem Datenschutzgesetz, dem Kriegsmaterialgesetz und dem Waldgesetz.

Schliesslich versprach Österreich im Zollvertrag von 1852, bestehende und künftige Handels- und Zollverträge möglichst auf Liechtenstein auszudehnen. Im Sinne der liechtensteinischen Souveränität sollten Verträge mit der Schweiz sowie mit den Nachbarkantonen Graubünden und St. Gallen nur mit Zustimmung Liechtensteins ratifiziert werden. Auch hierbei geht der Zollvertrag mit der Eidgenossenschaft weiter, indem er die Schweiz explizit ermächtigt, Handels- und Zollverträge für Liechtenstein abzuschliessen.

Liechtensteins Zollvertrag mit Österreich wie auch jener mit der Schweiz bedeutete nicht nur die Integration in einen jeweils viel grösseren Wirtschaftsraum, sondern geradezu die Sicherung der wirtschaftlichen Eigenstaatlichkeit. Relativiert wurde und wird diese Souveränität allerdings, insbesondere in der Rechtsetzung, durch umfassende Zugeständnisse des kleinen Partners Liechtenstein.