Der LFV zwischen Tagesgeschäft und Jahrhundertprojekt

aufgenommen am Montag, 11. April 2022, bei der Delegiertenversammlung des Liechtensteiner Fussballverbandes im Ballenlager in Vaduz. Foto & Copyright: Eddy Risch.

Ein neuer Zuschauerrekord, ein 1:1 in Armenien, das erste Frauenländerspiel, der Start in das Grossprojekt LFV-Campus und eine neue Strategie in der Jugendförderung sowie in der Zusammenarbeit mit den Vereinen: Dies sind die Höhepunkte des vergangenen Jahres beim Liechtensteiner Fussballverband (LFV). Entsprechend zufrieden blicken die Verantwortlichen zurück und optimistisch voraus.

«Wir durften 2021 wunderbare Momente erleben», sagte LFV-Präsident Hugo Quaderer in seiner Ansprache an der Delegiertenversammlung vom 11. April. «Unsere Teams können stolz auf ihre Leistungen sein.» Quaderer verwies unter anderem auf die knappe 1:2-Niederlage des Frauennationalteams gegen Luxemburg in ihrem allerersten Spiel genau ein Jahr zuvor. Am 11. April 2021 gelang Viktoria Gerner auch gleich das erste Tor für Liechtensteins Fussballdamen. Im Juni folgte dann gegen Gibraltar der erste Sieg. Ein solcher blieb den Herren in der WM-Qualifikation zwar verwehrt, der Ausgleich zum 1:1 in der armenischen Hauptstadt Yerewan wurde aber wie ein Siegtreffer gefeiert. Selbst wenn es der einzige Punktgewinn bleiben sollte, verlangte beispielsweise auch das 0:2 gegen Deutschland dem viermaligen Weltmeister Achtung ab. Das Spiel fand aufgrund der Rasensanierung im Rheinparkstadion in St. Gallen statt. Trotz Corona-Restriktionen kamen 8000 Zuschauer, was Liechtenstein bei einem «Heimspiel» aufgrund der Kapazitätsgrenzen des Stadions in Vaduz so noch nie erlebt hatte. «Wir freuen uns über diese Ereignisse und Ergebnisse. Die Euphorie, die wir erleben durften, ist der Grund, warum junge Fussballerinnen und Fussballer ins Nationalteam möchten. Entsprechend freuen wir uns auch auf das, was noch kommen wird», sagte Hugo Quaderer. Er zeigte sich ebenfalls optimistisch, dass die sieben Liechtensteiner Fussballvereine und der Verband gestärkt aus der Corona-Pandemie hervorgehen werden. «Die Zeichen dafür stehen jedenfalls sehr gut, und es herrscht eine grosse Begeisterung, wieder ohne Einschränkungen spielen sowie trainieren zu dürfen.»

«Ein Motor für den Fussballsport»
Der LFV-Präsident betonte aber auch, wie viel Geld und Zeit andere Nationen in die Ausbildung des Nachwuchses und in ihre Strukturen investieren. «Dies zwingt uns natürlich ebenfalls zum Investieren. Denn wir wollen nicht stehenbleiben», sagte Quaderer und verwies auf die Vision Fussball Liechtenstein, die unter anderem das System der Jugendausbildungskoordinatoren als Schnittstelle zwischen Verband und Vereinen beinhaltet, die Einweihung des Trainingszentrums in Ruggell im Herbst 2021 und den Planungsstart für «ein weiteres historisches Bauvorhaben», den LFV-Campus auf der Schaaner Sportanlage Rheinwiese. «Wichtig ist mir, zu betonen, dass die Zentren in Ruggell und Schaan nicht für sich betrachtet werden sollen, sondern zusammen eine Gesamtlösung darstellen. Gemeinsam werden sie ein Motor für den Fussballsport in Liechtenstein sein.»

Dies alles ist selbstverständlich nicht ohne die nötigen Finanzen möglich. Diesbezüglich zeigte sich Hugo Quaderer ebenfalls optimistisch. «Der LFV ist sehr solid aufgestellt. Unsere Reserven und Rückstellungen ermöglichen es uns, in die Zukunft zu investieren und dabei auch die Vereine zu unterstützen.» Da die Förderbeiträge des Weltverbands FIFA und seines europäischen Pendants UEFA die Haupteinnahmequellen sind, müssen entsprechende Vorgaben erfüllt werden. Dazu gehören unter anderem professionelle Verbandsstrukturen und eine Strategie, wie sie der LFV unter dem Titel «Gemeinsam 2026» hat. «Wir wissen, wohin wir uns bewegen und folgen dabei unseren Leitprinzipien: moderne Unternehmensführung, Mitarbeiterentwicklung, gesellschaftliche Verantwortung und finanzielle Nachhaltigkeit. Das gilt ganz besonders für unser Jahrhundertprojekt auf der Rheinwiese», sagte Hugo Quaderer.

Positives Jahresergebnis 2021
Die Rechnung 2021 und das Budget 2022 durfte daraufhin Finanzchef Massimo Condito präsentieren. Von der UEFA flossen im vergangenen Jahr fast 6,3 Millionen Franken nach Liechtenstein, von der FIFA über 1,9 Millionen. Die weiteren Einnahmen von rund einer Million Franken setzen sich hauptsächlich aus Ticketverkäufen und des Weiteren aus Sponsoring und dem Beitrag des Liechtensteinischen Olympischen Komitees (LOC) zusammen. So ergab sich ein Ertrag von 9,275 Millionen Franken. «Dabei gilt es zu beachten, dass die Zahlungen der UEFA in Euro und diejenigen der FIFA in US-Dollar erfolgen und das Ergebnis somit auch stark von Wechselkursschwankungen beeinflusst wird», sagte Massimo Condito.

Dem Ertrag stehen Ausgaben von knapp 6,9 Millionen gegenüber. Die grössten Ausgabenposten sind die Nationalmannschaften mit fast 2,5 Millionen Franken und der Personalaufwand mit 3,2 Millionen. Nach Anschreibungen, Rückstellungen für die Umsetzung der Strategie sowie für den Campus in Schaan, den Ausschüttungen an die Vereine in Höhe von knapp 570’000 Franken und den Beiträgen an den Schweizerischen Fussballverband SFV sowie den Ostschweizer OFV in Höhe von rund 310’000 Franken bleiben ein Nettoergebnis von 29’600 Franken und ein Eigenkapital von 2’226’096 Franken. Die Rückstellungen betragen gesamthaft 6,15 Millionen. Davon sind bereits 4,2 Millionen für den Campus reserviert.

Für 2022 rechnet der Verband wiederum mit einem kleinen Gewinn, wobei die Entwicklung der Wechselkurse und der Fortgang der Corona-Pandemie für gewisse Unsicherheiten sorgen. So sahen die Schutzkonzepte für Länderspiele im vergangenen Jahr beispielsweise Einzel- statt Doppelzimmern für die Spieler, Charter- statt Linienflüge und zwei Busse statt einem vor. Mit dem Spatenstich auf der Rheinwiese ist aufgrund der Anregung der UEFA, Schaan neben Eschen zu einem zusätzlichen Standort für Frauen- und U21-Länderpsiele zu machen, was vertiefte Abklärungen erfordert, erst Anfang 2023 zu rechnen. Die Vereine dürfen gemäss Budget mit 543’000 Franken vom Verband rechnen.

UEFA und FIFA fördern, fordern aber auch
Die Entwicklung und die Höhe der Personalkosten sind nicht zuletzt den Anforderungen der FIFA und der UEFA an den LFV geschuldet. Generalsekretär Peter Jehle führt dies auf Anfrage näher aus: «Die beiden Dachverbände verfolgen das Ziel, die nachhaltige Entwicklung des Fussballs zu gewährleisten. Aus diesem Grund fördern und fordern sie die Nationalverbände und sind bestrebt, deren Professionalisierung voranzutreiben. Die Fussballverbände der Zukunft sollen leistungsstarke und transparente Organisationen sein, damit wichtige Aspekte des Fussballs wie zum Beispiel die Steigerung der Partizipation oder die Weiterentwicklung der Fussballangebote gewährleistet werden können.» Jehle führt auch aus, dass die Personalkosten sich nicht auf die Geschäftsstelle des LFV beschränken. Aktuell erhalten 47 Personen einen Monatslohn inklusive Sozialleistungen. Dies jedoch in unterschiedlichsten Anstellungsgraden von 10 Prozent bis Vollzeit. Dazu gehören Fussball- und Athletiktrainer genauso wie die Mitarbeitenden in der Administration, Logistiker oder Physiotherapeuten. Zudem bildet der LFV Lernende aus oder beschäftigt Praktikanten und rechnet über die Personalkosten zahlreiche Tätigkeiten ab, die über eine Entschädigung entgolten werden. In diesen Bereich gehört zum Beispiel ein Liasion Officer, welcher während Länderspielwochen die Gäste betreut.

Auf der Aufwandsseite ist der LFV aber auch froh, die Liechtensteiner Fussballvereine nach Kräften unterstützen zu können. «Die Ausschüttungen an die Vereine sind gestützt auf ein Fördersystem, welches das Hauptaugenmerk auf die Jugendförderung legt und das mit den Vereinen zusammen partnerschaftlich entwickelt wurde. Es honoriert zum Beispiel die Anzahl der Jugendteams, die Anzahl ausgebildeter, also lizenzierter Trainerinnen und Trainer, die Anzahl der Turnierteilnahmen und anderweitige Kriterien. Die Vereine haben zudem die Möglichkeit, in einem begrenzten Umfang eine direkte Projektförderung beim Verband zu beantragen. Auch die strategischen Rückstellungen des Verbands sind für die Umsetzung der strategischen Ziele gemäss LFV Strategie Gemeinsam.2026 bestimmt und somit für den Fussball in Liechtenstein», sagt Peter Jehle. Die Beiträge an den Schweizerischen und Ostschweizer Verband sind wiederum der Tatsache geschuldet, dass sämtliche Liechtensteiner Vereine in den Ligen des OFV oder des SFV spielen. «Zusätzlich arbeitet der LFV im Bereich des Schiedsrichterwesens eng mit dem SFV zusammen», sagt der Generalsekretär.

Kontrovers und dennoch partnerschaftlich
Das Wort für die 14 Delegierten, je zwei pro Verein, ergriff der geschäftsführende Präsident des FC Vaduz, Patrick Burgmeier. «Ich danke euch im Namen der Vereine», sagte er an Vorstand und Geschäftsführung des LFV gerichtet. «Ihr habt in den vergangenen Jahren bewiesen, dass ihr das Schiff durch schwierige Gewässer steuern könnt. Wir Vereine fühlen uns wertgeschätzt. Aber selbst wenn wir heute alle Wahlgeschäfte durchgewinkt haben, diskutieren wir in den Präsidentenkonferenzen doch auch oft kontrovers. Auf jeden Fall arbeiten wir aber gerne mit euch zusammen.» Die Zusammenarbeit schätzt der LFV-Präsident ebenfalls, der zusammen mit den Vereinen auf ein weiteres Jahr «tollen Fussballsport ohne Corona-Einschränkungen» hofft.