Johannes Kaiser: Vorstellung der FBP-Interpellation «Rentenanpassung» im Landtag

Johannes Kaiser, Landtagsabgeordneter

Die Interpellation der FBP zum Thema «Rentenanpassung» ist im September-Landtag eingebracht und durch den Landtagsabgeordneten Johannes Kaiser vorgestellt worden. Zu den Interpellanten zählen die FBP-Abgeordneten Albert Frick, Johannes Kaiser, Wendelin Lampert, Daniel Oehry, Sebastian Schädler und Karin Zech-Hoop. Die Regierung hat bis zur Dezember-Landtagssitzung Zeit, sich mit diesem «Renten-Stillstand» seit 10 Jahren zu befassen und dem Landtag die Fragen der Interpellanten zu beantworten.

«Wenn wir von den Rentenleistungen an die Rentnerinnen und Rentner unseres Landes sprechen, werden wir automatisch zeitlich zehn Jahre rückversetzt, da seit dem 2011 die Systematik der Rentenhöhen-Berechnung durch die Politik zuungunsten der Rentnerinnen und Rentner abgeändert wurde. Dies war im Kontext der Staatshaushalts-Sanierung, da dieser in einer rechten Schieflage war. Um diesen Staatshaushalt zu sanieren, musste auch die ältere Generation – sprich die Rentnerinnen und Rentner – ihren Beitrag dazu leisten.

Einschneidende Auswirkungen der Sparpakete auf die Seniorinnen und Senioren

In den Jahren 2011 bis 2016 wurden weitere politische Regelungen getroffen, die in gesetzlichen Massnahmen gefestigt wurden – und die bei den Auswirkungen bei den Seniorinnen und Senioren hängen blieben.

  • Wie allseits bekannt ist, wurde der Mischindex zwischen Konsumentenpreis und Lohnindex – analog der Schweizer Rentenhöhe-Berechnung – zur Ermittlung der Teuerung aufgelöst und nur noch der Konsumentenpreis herangezogen.
  • So wurde im Weiteren der Steuerfreibetrag von 30% auf die 2. Säule gecancelt.
  • 2016 wurde der Teuerungsausgleich in der Höhe von 4% ausgesetzt.
  • Die KVG-Revision schenkte bei den Rentnerinnen und Rentner besonders ein – sprich höhere Krankenkassen-Ausgaben mit Selbstbeteiligungen und Franchisen.
  • Der Staat zog halbierte den Staatsbeitrag an die AHV von 60 Mio. auf 30 Mio. Franken.

Bei einem Renten-Stillstand seit bereits 10 Jahren hat die Kumulation all dieser Massnahmen und gesetzlichen Eingriffe seine Auswirkungen auf die Lebenshaltung und Lebensbewältigung im Rentenalter.

Das Berechnungssystem lässt auch die nächsten 10 Jahre keine Rentenanpassung zu!
Mit unserer Interpellation möchten wir das gesamte thematische Feld noch von anderen Perspektiven heraus, betrachten, bewerten und einschätzen können. Dies besonders auch deshalb, da die AHV-Direktion selbst die Politik darauf hinweist, dass dieser Entscheid von Regierung und Landtag im 2011, der zu diesem bereits 10-jährigen Renten-Stillstand führt – und auch weitere 10 Jahre wohl so bestehen bleibt, wenn nichts geändert wird – zu Problemstellungen und gesellschaftspolitischen Risiken führen kann bzw. wird.

Die AHV weist in ihren Geschäftsberichten bereits seit einigen Jahren (2013, 2014 und 2020) mahnend auf diese ungünstige Entwicklung der AHV-Rente hin. Konkret heisst es auf der Seite 21 im Geschäftsbericht 2020:
«Der Gesetzgeber muss sich dabei verschiedener Punkt bewusst sein. Erstens: Der Konsumentenpreisindex kann die Lebenskosten eines Rentners nicht präzise abdecken. Zweitens: Der Stillstand bei der Rentenanpassung hat über die lange Zeit auch ernsthafte Nachteile. Die Versorgungsquote, das heisst das Verhältnis der Rente zum früheren Lohn, wird ständig kleiner.»

AHV sollte das Existenzminimum sichern
Die AHV ist als solidarische Grundsicherung in der Altersvorsorge die 1. Säule und sichert in ihrer Grundidee das Existenzminium. Allgemein galt früher das hehre Ziel, dass man mit dem Renteneinkommen im Alter 60 Prozent des Lohnes erreichen sollte. Rund die Hälfte der Rentnerinnen und Rentner sind heute gar allein auf ihre Rente angewiesen, da sie über keine oder nur eine geringe Pensionskasse der 2. Säule verfügen.
Über lange Zeit eingefrorene Renten führen nicht nur bei den heutigen Rentnern zu abnehmendem Realeinkommen, sie haben insbesondere auch eine explizit negative Konsequenz für die künftigen Rentnerinnen und Rentner – zum Beispiel jene Bevölkerungsschicht, die heute im Alter von 50 oder 55 Jahren steht.

Verlassen des Mischindexes zeigt immer mehr die negativen Konsequenzen
Der systematische Eingriff im Jahr 2011 – den Lohnindex bei der Teuerungsberechnung herauszubrechen und nur noch isoliert den Preisindex heranzuziehen, zeitigt allmählich die immer grösser werdenden Konsequenzen. Wenn diese Massnahme in der Phase der rigorosen Sparmassnahmen zur Sanierung des Staatshaushaltes noch nachvollziehbar war, muss sie heute durch den Gesetzgeber – und das ist der Landtag – überdacht werden.
Wir Interpellanten sind uns dieser Problematik, wie sie auch von den Fachexperten der AHV-Institution immer wieder angesprochen wird, bewusst. Mit dieser Interpellation wollen wir das gesamte Themenfeld tiefer beleuchten, damit wir eine künftig eine ernsthafte, vertiefte Diskussion führen können, die zu einer guten Entscheidungsfindung und zu guten, gerechtfertigten und fairen Lösungen führt.»

Deshalb sind Antworten zu folgenden Interpellations-Fragen an die Regierung von Bedeutung:

  1. Wie waren die Eckwerte bei der letzten AHV-Rentenanpassung im Jahr 2011 hinsichtlich Teuerungs- und Medianlohnentwicklung sowie der entsprechenden Rentenerhöhung?
  2. Wie hat sich seit dieser Anpassung die Teuerung entwickelt? Wie hat sich seit 2011 bis heute der Medianlohn entwickelt?
  3. Wie hätten sich die Renten seit 2011 bei Beibehaltung des Mischindexes entwickelt – dies unter Berücksichtigung der eigendynamischen Entwicklung des Medianlohns?
  4. Wie viele Prozentpunkte müssten beim Teuerungsindex nach heutigem Stand (September 2021) aufgeholt werden, bevor ein rechnerischer Ausgleichsmechanismus überhaupt erst beginnen kann?
  5. Fragen zu Rentenanpassungen in der CH, A und D:
    a) Wie war die Teuerungs- und Rentenentwicklung in der Schweiz seit 2010?
    b) Wie war die Teuerungs- und Rentenentwicklung in Österreich seit 2010 im Durchschnitt, d.h. nicht nur bei den tiefsten Renten?
    c) Wie war die Teuerungs- und Rentenentwicklung in Deutschland seit 2010 im Durchschnitt, d.h. nicht nur bei den tiefsten Renten?
  6. Wie sieht die liechtensteinische Rente im Vergleich zu unseren Nachbarländern betreffend Höhe, Kaufkraft und Medianlohnverhältnis aus?
  7. Gibt es schon eine angepasste Modellrechnung der LIBERA zur AHV-Entwicklung in Liechtenstein? Welche Veränderungen zur letzten Modellrechnung (BuA 138/2019, Anhang LIBERA, Seite 29: Tabelle 11) mit Basisjahr 2018 sind signifikant?
  8. Welche finanziellen Folgen hätte eine Rentenanpassung von zum Beispiel auf 2.0 oder 3.0%:
    a) auf die Höhe der Ausgaben; und
    b) auf das Verhältnis des AHV-Fonds zu den Jahresausgaben?
  9. In Ergänzung zur Frage 8: Um welchen Prozentsatz müssten die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge erhöht werden, sofern eine Rentenanpassung anhand diesen Parametern finanziert werden würde?
  10. Die Versorgungsquote im Alter (Rente im Verhältnis zum früheren Lohn) sinkt mit jeder im neu in die Rente eintretenden Generation immer weiter. Die 1. Säule, zumindest deren Höchstrente, kann das Existenzminimum bereits heute nicht mehr decken.
    a) Bei einem Rentenhöhe-Stillstand – seit nunmehr zehn Jahren – nimmt die Versorgungsquote im Alter prozentual ständig ab. Wie kann diese Lohnkraft-Abwärtsspirale (Rente im Verhältnis des Medianlohnes) gestoppt und auf den %-Stand von 2010 zurückgeführt werden?
    b) Sollte Liechtenstein nicht anstreben, dass die AHV-Höchstrente ein bestimmtes Mass, das sich an Löhnen orientiert – zum Beispiel x % des Medianlohns – nicht unterschreitet?
  11. Sieht die Regierung andere Mechanismen für Rentenanpassungen, die einen adäquaten Teuerungsausgleich gewährleisten?
  12. Welche anderen Bereiche stellen auf die Mindestrente ab und sind direkt von deren Einfrieren betroffen, und wie wirkt sich dies jeweils konkret aus?