AHV: Müssen Junge wirklich länger zugunsten der Älteren arbeiten?

 «Für ein paar Franken mehr AHV der Pensionierten müssen die Jungen 1 Jahr länger arbeiten oder mehr einzahlen», heisst es in einem Vaterland-Beitrag. Stimmt das wirklich? Foto: Picture Alliance, FFM

 «Für ein paar Franken mehr AHV der Pensionierten müssen die Jungen 1 Jahr länger arbeiten oder mehr einzahlen»

Dieses Fazit wurde in einem Beitrag der Redaktion im Vaterland vom 1. Sept. 2021 zum neuen versicherungstechnischen Gutachten zur AHV gezogen. Damit bedient der Autor das altbekannte, deshalb aber nicht richtigere Klischee, dass die Jungen in unbilliger Weise für die AHV- Renten der Alten aufkommen müssen.
Richtig ist, dass die heutigen Rentner den Generationenvertrag eingehalten und in ihrer aktiven Zeit mit ihren Lohnbeiträgen die damaligen AHV-Renten finanziert haben, z.T. auch noch für Rentner, die – mangels der Institution AHV – nie Beiträge gezahlt hatten, ohne dies je in Frage zu stellen.
Richtig ist auch, dass die Reserven der heutigen AHV zu einem nicht unwesentlichen Teil aus Beiträgen und Steuern der heutigen Rentner geäufnet wurden und es deshalb durchaus angemessen ist, wenn die Kaufkraft ihrer Renten nicht ständig abnimmt. Gerade die rund 50% der Rentner ohne Pensionskasse sind auf den Erhalt der Kaufkraft ihrer Renten, auf die paar Franken mehr AHV, angewiesen.
Schade ist, dass der Autor des besagten Redaktionsbeitrags es nicht erkannt hat, dass ein vernünftiger Mechanismus eines Teuerungsausgleichs vor allem für die Kaufkrafterhaltung der Renten der Jungen, der zukünftigen Rentner, wichtig ist: wenn die Versorgungsquote, d.h. das Verhältnis von Rente zu früherem Lohn, ständig kleiner wird, kann mit der AHV-Rente das Existenzminimum nicht mehr gedeckt werden. Diese «Einkommenslücke» kann aufgrund der sinkenden Umwandlungssätze von den Pensionskassen kaum kompensiert werden.
Schade ist, dass in besagtem Redaktionsbeitrag nicht differenziert wird, dass mit den im versicherungstechnischen Gutachten vorgeschlagenen Massnahmen (Erhöhung des Rentenalters bzw. der Beiträge) nicht etwaige heutige Rentenanpassungen finanziert werden, sondern die Reserven des AHV-Fonds auch in 20 Jahren noch auf der Höhe von 5 Jahresausgaben gehalten werden sollen.
Schade ist, dass auch unerwähnt bleibt, dass die Mehrbelastung durch eine Beitragserhöhung der heute aktiven Beitragszahler durch eine Reduktion der Beiträge an die FAK ausgeglichen werden könnte.
Richtig ist, dass die heutigen Rentner den «Jungen» nicht auf der Tasche liegen. Sie sind zwar selber keine Beitragszahler mehr für die AHV, sorgen aber durch unentgeltliche Betreuung ihrer Enkelkinder dafür, dass beide Elternteile berufstätig sein und in die AHV und, notabene, in die Pensionskasse einzahlen können.